Gemeinderat,
43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 78
Beschäftigungsgruppen und die soziale Absicherung der Senioren. Sozialhilfe muss noch schneller werden. Benachteiligte Beschäftigungsgruppen sind gezielt zu unterstützen. Angebote zur Sicherung der sozialen Grundbedürfnisse müssen auch schon für sehr junge Bevölkerungsgruppen erstellt werden.
Durch die in Umsetzung befindliche Neustrukturierung
der Gesundheits- und Sozialaufgaben sichert die Stadt Wien die hochwertige
Betreuung behinderter und älterer Menschen ab. (Beifall bei GRin Erika Stubenvoll.)
Wien ist aber auch eine Stadt des Miteinander
verschiedener Kulturen, Religionen und Lebensweisen. Wien steht für eine
politische Kultur, die von Demokratie und gesellschaftlicher Beteiligung, von
Wissen und Bildung, von Lebensqualität und vor allem von menschlichem
Miteinander, Vielfalt und Toleranz getragen wird.
Gestern vor 50 Jahren wurde die Europäische
Konvention zum Schutz der Menschenrechte formuliert und ist nunmehr auch
Bestandteil unserer Bundesverfassung. Trachten wir in einer Zeit, wo
Menschenrechte weltweit missachtet werden, danach, dass sie in unserer Stadt
nicht bloß geschriebenes Papier bleiben. Setzen wir Initiativen und Maßnahmen,
die allen in der Stadt ihr Recht auf Bildung, Wohnen, Arbeit, Lebensqualität
und politische Beteiligung gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)
Also auch den Zuwanderern und Flüchtlingen. Wenn es
in dieser Stadt wieder politische Lautsprecher gibt, die an
Fremdenfeindlichkeit appellieren, dann sei ihnen sehr deutlich gesagt, dass wir
schlicht und einfach nicht zulassen werden, dass man die Menschen in Wien
auseinander dividiert und gegeneinander aufhetzt. (Beifall bei der SPÖ.)
Die meisten ZuwanderInnen, mit oder ohne
österreichische Staatsbürgerschaft, leben mindestens 10 oder 20 Jahre in
Wien, oft schon in der zweiten und dritten Generation. Dabei handelt es sich um
keinen kleinen Teil der Bevölkerung, sondern um mindestens 25 Prozent der
WienerInnen. Zuwanderung und Vielfalt ist in Wien, wie in jeder anderen
Großstadt, Alltag und Normalität und stellt eine enorme kulturelle und
wirtschaftliche Ressource dar. Die Politik ist daher eine konsequente
Weiterentwicklung der erfolgreichen Wiener Integrationspolitik. Sie sieht
ZuwanderInnen nicht mehr primär als eine Zielgruppe von sozialpolitischen
Maßnahmen, sondern als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.
Für mich ganz besonders wichtig ist die
Gleichstellung der Geschlechter, das sogenannte Gender Mainstreaming als
Querschnittsmaterie in allen politischen Handlungsfeldern. Die Stadt muss
weiter zur Entwicklung von Chancengleichheit für alle Bevölkerungsgruppen
beitragen, insbesondere auch im Bekenntnis zum Ziel einer Gleichstellung der
Geschlechter. Bestehende Benachteiligungen von Frauen, vor allem in der
Arbeitswelt, in der Familie und in der Frage der persönlichen Sicherheit, sind
daher abzubauen.
Die Gender Mainstreaming-Strategie der Stadt Wien
beruht auf zwei Säulen, der Frauenförderung und der Durchdringung sämtlicher
Handlungsfelder der Kommunalpolitik unter dem Aspekt der Gleichstellung der
Geschlechter. Diese zwei Säulen sind in einer nachhaltigen Gesamtstrategie der
Stadt Wien konsequent weiterzuentwickeln und umzusetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich zu
jenem Bereich kommen, der für die Wienerinnen und Wiener ein, wenn nicht das
wesentlichste, Merkmal ist: Kultur als urbane Lebens- und Erlebnisqualität. Die
Qualität des Urbanen und einer in wesentlichen Elementen darauf beruhenden
Kultur ist eine besondere Stärke Wiens. Sie schließt vitale Erlebnisqualität
ein, die sich am florierenden Städtetourismus, aber auch an der Identifikation
der WienerInnen mit ihrer Stadt und deren Kulturangebot zeigt. Die hohe
Qualität der urbanen Angebote Stadtraum, öffentlicher Raum, Freizeitangebote,
Stadtbild und Architektur muss erhalten und weiterentwickelt werden.
Wien hat als prominente historische Stadt eine
besondere Verantwortung für sein kulturelles Erbe. Mit diesem Erbe ist sensibel
umzugehen. Dabei müssen wir aber dem Neuen seinen Platz einräumen. Wien lebt
von der Bipolarität Alt und Neu. Das Image Wiens als innovative
Architekturstadt vom Jugendstil über die Zwischenkriegszeit bis zur Gegenwart
und in die Zukunft ist zu pflegen und zu stärken.
Der Strategieplan formuliert grundsätzliche Vorgaben,
wie sparsamen Flächenverbrauch, Schonung von Grünräumen, intelligente
Mobilität, angemessene Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts in einer
integrierten Standortpolitik. Der Stadtentwicklungsplan STEP 05 wird dies
für die gesamtstädtischen Strukturen und die einzelnen Teilräume und
Handlungsfelder weiterentwickeln und konkretisieren.
Ebenso gehört zur Lebensqualität einer Stadt ein
ausreichendes und vor allem leistbares Wohnen in hoher Qualität. Ein
entscheidender Faktor für Wiens Lebensqualität ist ein auch langfristig
ausreichendes Angebot an leistbarem Wohnen mit hohem architektonischen und
umweltverträglichen Niveau. Wohnbaupolitik in Wien war und ist eine Politik
gegen Verslumung, wie sie in anderen Städten leider an der Tagesordnung ist.
Sie muss auch in Zukunft dem Anspruch von hoher Gestaltungsqualität und sanftem
Umgang mit der Umwelt bei gleichzeitiger Leistbarkeit gerecht werden.
Die Wohnungspolitik in der Kombination von
gefördertem Wohnungsneubau, Sanierungstätigkeit und Wohnbauhilfe ist daher
weiterhin eine Kernaufgabe der Wiener Stadtpolitik. In Abstimmung mit der
gesamten Stadtentwicklung leistet sie darüber hinaus wichtige Beiträge zur
Standortentwicklung und setzt Impulse für die Gesamtwirtschaft der Stadt, für
den Ausbau der sozialen und urbanen Qualität in der Stadt und nicht zuletzt
auch für die ökologischen Zielsetzungen.
Wien ist nicht nur eine Stadt der
Kultur, sondern auch Bildung und Wissenschaft haben hier einen hohen
Stellenwert. Die fortgeschrittenen Gesellschaften entwickeln sich derzeit zu
Wissensgesellschaften. Der Produktionsfaktor Wissen gewinnt gegenüber dem
Produktionsfaktor Kapital, Arbeit und Boden zunehmend an Bedeutung.
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