Gemeinderat,
42. Sitzung vom 28.04.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 76
anhöre, die nun versuchen, sich sozusagen davon teilweise zu distanzieren, so habe ich den Eindruck, dass es dafür nur eine Erklärung gibt: Entweder hat die ÖVP in Wien überhaupt zu wenig Gewicht, auch gegenüber der Bundespartei, sodass man sich nicht durchsetzen kann. - Wahrscheinlich ist das so. Wahrscheinlich sind Sie in der Bundespartei, angesichts der kleinen Rolle, die Sie in Wien spielen, auch überhaupt nicht existent, und deshalb denkt sich die Bundespartei: Wir brauchen die Wiener ÖVP ja gar nicht zu fragen, die gibt es ja gar nicht, die existieren ja gar nicht! Da fahren wir einfach drüber! - Ich glaube, dass das zum einen der Fall war.
Zum anderen glaube ich schon auch, dass Sie durchaus
informiert waren und etwas dagegen unternehmen hätten können. Es hat ja eine
erste Abstimmung gegeben, und nach dieser ersten Abstimmung hätte man
eigentlich schon den großen Protestaufschrei der Wiener ÖVP erleben müssen,
damit dann bei der zweiten Abstimmung nicht eine Wiederholung dieses Skandals
stattfindet. Aber das haben Sie nicht zustande gebracht, und das ist
bezeichnend genug.
Es wurde heute auch schon viel gesagt über die
Vorteile, die dadurch verhindert worden sind. Man muss vielleicht, was die Generika-Offensive
betrifft, anmerken, dass diese ja seit Jänner sehr wohl in Umsetzung ist und
dass man dadurch seit Jänner auch schon ein klares Einsparungspotential erwirkt
hat und dass man ja auch positive Impulse erkennen kann. - Man hat nun natürlich
auch die Verbesserungen für die Patienten verhindert, aber man hat vor allen
Dingen auch - und das wurde heute noch nicht erwähnt - verhindert, dass in
Zukunft gemeinsam mit den Behindertenorganisationen noch verstärkt und
verbessert der barrierefreie Zugang zu den Ordinationen in Gruppenpraxen
umgesetzt werden soll. Das ist durch diese Ablehnung jetzt verhindert worden.
Weil Sie sagten, dass am Freitag der Verwaltungsrat
wieder zusammentreten wird, muss ich Ihnen sagen: Na ja, wir haben schon die
letzten beiden Male geglaubt, dass Ihre Vertreter so vernünftig sein werden,
hier zuzustimmen. Unsere Vertreter, nämlich Kollege Tiefling und Kollege
Mischelin, haben zugestimmt; beide haben zugestimmt. Leider hat es zweimal
Patt-Situationen gegeben. Es liegt an Ihren ÖVP-Vertretern!
Für uns ist interessant - und das muss man anmerken,
gerade vor der Arbeiterkammerwahl, weil das ja eigentlich das Unglaublichste
ist -, dass Ihr Arbeitnehmervertreter dort auch dagegen gestimmt hat - und das
auf dem Rücken der Wiener Patienten. Man versucht hier einfach, auf dem Rücken
der Patienten letztlich reine parteipolitische Spielchen auszutragen - das ist
eigentlich das wirklich Skandalöse. Angesichts dessen sagen prominenteste
Vertreter der ÖVP von Seiten der Ärztekammer: So kann es nicht weitergehen! Die
ÖVP hat hier bewiesen, dass sie soziale Kälte lebt, und sie ist dringlichst
aufgefordert, das bis Freitag endlich zu ändern, damit wir Wiener in diesem
Bereich endlich auch eine Zukunft - ohne Sorge - erleben können.
Zum Abschluss noch ganz kurz zum Kollegen
Hundstorfer: Sie haben heute von den monatlichen Gehältern gesprochen. Ich darf
Sie darauf hinweisen: Es gibt auch viele Wienerinnen und Wiener, deren
Einkommen unter 500 EUR liegt. Diese haben Sie zu erwähnen vergessen. Das
sind die Ärmsten der Armen. Angesichts dessen denke ich schon, dass jetzt
Handlungsbedarf besteht.
Deshalb kann ich nur hoffen, dass Gleitsmann und Frad
am Freitag endlich die Order bekommen zuzustimmen und diesen Skandal zu
beenden. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GRin Renate Winklbauer:
Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es ihm.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner
Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
Wir sind sehr froh, dass dieses Thema heute diskutiert
wird. Als jene Fraktion, die, wenn es notwendig ist, die SPÖ-Gesundheitspolitik
sehr hart kritisiert, müssen wir uns jetzt in der Tat ausschließlich mit der
ÖVP auseinander setzen.
So billig kommen Sie nicht heraus, Herr StR Hahn! Es
geht bei dieser Frage um eine Weichenstellung, die auch nicht saniert ist, wenn
die ÖVP am Freitag zustimmt. Worüber werden wir in den nächsten Jahren intensiv
diskutieren? Wie schaut diese Weichenstellung aus?
Die Wiener Bevölkerung wird langsam, aber sicher
älter, und Gott sei Dank nehmen auch die technischen Möglichkeiten der Medizin
zu. Worin liegt also die Ursache des Defizits, über das StR Hahn hier
diskutiert hat? - Darüber sollten wir reden.
Das hat zwei Ursachen: Wenn wir uns die Einnahmen der
Kassa anschauen, so stellen wir fest, dass diese in den letzten Jahren deutlich
hinter dem Wirtschaftswachstum in Wien zurückgeblieben sind. Meine Damen und
Herren, glauben Sie ernsthaft, dass wir mittelfristig Gesundheitsleistungen
finanzieren können, wenn sich die Einnahmen für das Gesundheitssystem jedes
Jahr geringer entwickeln als das Wirtschaftswachstum? Und wenn Schüssel - und
nur diesen nehme ich hier ernst, denn die Wiener ÖVP spielt ja nicht einmal
eine Nebenrolle bei dieser Geschichte - sagt, für ihn kommen keinerlei
Erhöhungen in Frage, dann stellt sich die Frage: Glauben wir, dass wir das
Wiener Gesundheitssystem sanieren können, wenn eine immer größere
Einnahmenlücke entsteht? - Wir glauben: Nein. Zumindest in dem Ausmaß, in dem
die Einkommen in Wien steigen, müssen auch die Einnahmen der
Gebietskrankenkasse sichergestellt sein.
Wenn Sie das verneinen - oder wenn Schüssel das
verneint -, dann heißt die Weichenstellung: Entweder Topmedizinversorgung für
alle in Wien, dann muss man dem auch die Mittel geben - oder
Leistungsbegrenzungen. Ja, diese gibt es in vielen Ländern, es bekennen sich
gewisse Regierungen dazu: Wenn du ein bestimmtes Alter überschritten hast,
bekommst du eben keinen Bypass mehr. Das ist dann unwirtschaftlich. - Vor
dieser Weichenstellung stehen wir.
Wir bekennen uns nachhaltig dazu:
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