Gemeinderat,
41. Sitzung vom 26.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 87
herrschenden Rechtslage ist der, dass man dort in Zukunft Einkaufszentren und Geschäftsflächen mit mehr als 2 500 Quadratmeter Flächen wird bauen können. Jetzt ist das, wie gesagt, ein relativ kleines Gebiet und ich war dieser Tage noch einmal dort und habe es mir von der Geschäftsstruktur her ganz genau angesehen. Kollege Kenesei, wenn du willst, ich kann dir dann die Fotos geben.
Es sind dort eigentlich nur
zehn kleinere Geschäfte im Altbau und im Altbau wird es auf Grund der
Mietrechte, der Häuserstruktur überhaupt sehr, sehr schwer sein, ein
Einkaufszentrum zu bauen Also, dort ist nicht die Gefahr, dass eine zweite
Lugner-City entsteht. Das ist unrealistisch. Das wird bei den Altbauten
zumindest in absehbarer Zeit nicht der Fall sein. Im Wesentlichen betrifft
diese Widmung wahrscheinlich die beiden Neubauten, also die Mariahilfer Straße
121b und die 123er. Dort drinnen gibt es keine Wohnungen, das sind reine
Bürohäuser. Da wird keine Wohnbevölkerung vertrieben, sondern es geht im
Wesentlichen um diese zwei Häuser und um zukünftige Neubauten. Man kann dort
keine großen Stand-alone-Lösungen eines riesigen innerstädtischen
Einkaufszentrums schaffen, sondern ohnehin nur kleinere Lösungen.
Also es wird gar nicht so viel geschehen, wiewohl ich
gleich dazu sage, dass wir auch bei zukünftigen Plandokumenten, die die
Mariahilfer Straße und vielleicht den 6. Bezirk betreffen, mit hoher
Wahrscheinlichkeit für eine Geschäftsflächenwidmung sind.
Die Wohnzone, weil du heute gesagt hast, der Bezirk
muss fürchten, dass die Wohnbevölkerung ihre Behausungen verliert, ist weiter
gültig, nur für Neubauten ist sie außer Kraft gesetzt. Also zu Vertreibungen
oder zu Umwidmungen im Altbau kann es sowieso nicht kommen.
Warum sind wir für diese Widmung, meine Damen und
Herren? Ich glaube, wir sind uns ja alle einig, dass die Geschäftsstraße
Mariahilfer Straße in den letzten Jahren eine Erfolgsstory war. Wir alle kennen
die Mariahilfer Straße wie sie vor zehn Jahren während des U-Bahn-Baus war. Da
hätte kaum mehr jemand, auch in der Immobilienwirtschaft, sehr viel Geld
draufgesetzt. Das war alles sehr unsicher. Wir wussten nicht, wie sich das
weiter entwickelt. Kommt die Mariahilfer Straße noch einmal hoch oder nicht?
Und ich muss sagen, sie hat sich ganz prächtig entwickelt. Sie ist heute, wenn
wir uns das genauer ansehen, von den Zahlen her mit ungefähr 136 000 Quadratmeter
Einkaufsfläche ungefähr gleich groß - um die Dimension zu zeigen - wie die
gesamte Wiener City und sie ist nur unwesentlich kleiner als die Shopping City
Süd mit Hauptteilen und Nebenteilen und Cinema und Fachmarktzentren. Sie ist
neben der Wiener City und der Shopping City eigentlich im Raum Wien das einzige
echte überregionale - wenn du so willst - Einkaufszentrum, das es ja jetzt
schon ist, das auch über die Landesgrenzen hinaus Attraktivität ausstrahlt und
Kunden anzieht.
Sie hat eine Riesenbedeutung jetzt nicht nur für den
6. oder 7. Bezirk, sondern für ganz Wien und ist auch in der Kaufkraft und
im Mittelzufluss an ganz hervorragender Stelle.
Warum ist denn das so? Das ist so, weil die
Mariahilfer Straße eine kritische Masse hat, die sie attraktiv macht. Sie hat
eine kritische Masse und sie hat die Möglichkeit - ganz im Gegensatz übrigens
zur Wiener City, zur Innenstadt -, größere Geschäftsstrukturen durch Neubauten
zuzulassen. Du kriegst einen Flagshipstore von Benetton heute nicht unter
2 500 Quadratmeter hin. Das geht einfach nicht. Deshalb haben wir
auch gerade in der Innenstadt das Problem, dass wir einzelne Branchen, die wir
gerne hätten - ich nehme zum Beispiel nur Multimedia oder Sport -, gar nicht
mehr ansiedeln können, weil wir die Flächen nicht zur Verfügung haben. Gott sei
Dank haben wir einstweilen wieder einen Multimediahändler im Steffl auf der
Kärntner Straße, auch ein Neubau. Dort ist es halt auf einigen Geschoßen
möglich. (GR Günter Kenesei: Nicht mehr lange!) Na vielleicht nicht mehr
lang, aber an sich würden wir es von der Geschäftsstruktur her brauchen.
Also die Mariahilfer Straße bietet genau diese
Möglichkeit, große Massen zu erzeugen, einzelne Flagshipstores. Wenn du heute
die Neubaugasse und die Seitenstraßen anschaust, so ist das ja nicht eine
Aneinanderreihung nur von großen Ketten, sondern hier finden wir immer wieder
dazwischen auch noch die kleinteilige Struktur, also die kleinen
Gewerbetreibenden. Die leben aber alle von der Vielfalt. Die können alleine
auch nicht mehr leben, denn sonst würden sie das Schicksal vieler anderer
mittlerer oder kleiner Einkaufsstraßen teilen, die nämlich schön langsam
aussterben. Die Landstraßer Hauptstraße hat im Wesentlichen auch nur deshalb
überlebt, weil es die „Galleria“ gegeben hat und weil die das Ganze wieder mit
hochgezogen hat.
Deshalb sind wir ja auch kontra unsere eigene
Bezirksorganisation, die da vielleicht eine andere Argumentation haben mag und
für dieses Aktenstück, weil wir der Meinung sind, dass diese Geschäftsstraßenwidmung
der Mariahilfer Straße hilft. Sie hilft der Wohnbevölkerung, sie vernichtet
nichts und sie hilft insbesondere den kleinen Gewerbetreibenden zu überleben.
Sind wir alle froh, meine Damen und Herren, dass wir die Mariahilfer Straße, so
wie sie heute ist, haben.
Und noch ein letztes: Dieser Teil der Mariahilfer
Straße, über den wir heute reden, ist der eher weniger belebte. Da gibt es ja
bei den Passantenfrequenzen Riesenunterschiede zwischen mittlerer, unterer und
oberer, die teilweise gleich um das Doppelte und mehr divergieren. Die größte
Frequenz haben wir im Bereich der Neubaugasse und des Generali-Centers mit bis
zu 60 000 Passanten pro Tag. Das nimmt dann dramatisch hinauf- und
hinuntergehend ab. Ab Stafa beginnt dort dann eigentlich schon die relativ tote
Zone. Das heißt, die müssen froh sein, wenn das belebt wird und wenn das in
einigen Jahren vielleicht der boulevardähnliche Teil einer neuen Gesamtlösung
ist, der Übergang zur Äußeren Mariahilfer Straße und eingebunden natürlich auch
in die gesamte Lösung rund um den Westbahnhof.
Ich halte es deshalb für völlig
richtig und gut, dass wir diese Geschäftsstraßenwidmung zulassen und wir
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