Gemeinderat,
41. Sitzung vom 26.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 87
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Ich
eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau StRin Maria Vassilakou. (GR
David Ellensohn: Nein! – GR Günter Kenesei: Nein, schon lange gewechselt!) Ich
bitte den Herrn GR Kenesei.
GR Günter Kenesei (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Nach einigen Stunden Debatte über Geriatrie, Skandal
oder nicht Skandal, falsche oder richtige Vorgangsweise verschiedener
handelnder Personen rund um die Kontrollamtsberichte zu Lainz kommen wir zu den
Tagesordnungspunkten, die Flächenwidmungen betreffen.
Dieser Tagesordnungspunkt hat ja heute schon zu
Beginn der Sitzung für einiges an Diskussion gesorgt, da die
sozialdemokratische Fraktion beziehungsweise der 1. Vorsitzende des
Gemeinderats zur Auffassung gelangt ist, dass der Herr BV Blimlinger aus
dem 7. Bezirk zu einem Geschäftsstück, das die Mariahilfer Straße im
6. Bezirk betrifft, hier und heute nicht das Wort ergreifen kann.
Ich möchte aber jetzt nicht nochmals die Debatte
führen, warum und welche Argumente dafür oder dagegen sprechen, dass der
Kollege Blimlinger hier hätte sprechen dürfen, sondern ich möchte vielmehr auf
den Inhalt und auf das Plandokument selbst zu sprechen kommen.
Das Plandokument selbst sieht vor, dass im oberen
Teil der Mariahilfer Straße angrenzend an den Gürtel nunmehr die Möglichkeit
besteht, eine Geschäftsstraßenwidmung umzusetzen. Eine ähnliche
Geschäftsstraßenwidmung haben wir vor knapp zwei Jahren bereits für einen Teil
der Mariahilfer Straße im 7. Bezirk gehabt und können uns teilweise sowohl
die Auswirkungen als auch die daraus entstandenen Probleme durchaus ansehen.
Interessant war, dass auf Grund vieler Gespräche
zwischen der Bezirksvorsteherin im 6. Bezirk, der Frau Kaufmann, und dem
Bezirksvorsteher im 7. Bezirk, Herrn Mag Blimlinger, es so weit
gekommen ist, dass durch Abwägen verschiedener Standpunkte und Pro und Kontras
der 6. Bezirk einstimmig zu dem Beschluss gekommen ist, dieser
Geschäftsstraßenwidmung nicht zuzustimmen.
Ich kann Ihnen hier ein paar Gedanken des Bezirksvorstehers
des 7. Bezirks, BV Blimlinger, näher bringen, die er Ihnen heute hier
erklären wollte. Der Kollege Neuhuber hat es schon gesagt, er hätte gerne die
Argumente gehört, die der Kollege Blimlinger hier vorbringen wollte.
Er geht davon aus und wir als GRÜNE gehen davon aus
und die gesamte Bezirksvertretung des 6. Bezirk ist dieser Stellungnahme
gefolgt, dass ein komplexes Problem wie es die Mariahilfer Straße darstellt,
nämlich an beiden Seiten, eine komplexe Lösung erfordert. Das Problem, das
derzeit von der Stadtplanung und den handelnden Personen hier im Haus verfolgt
wird, ist, dass seitens der Stadt Wien das Glück leider eher in einer sehr
eindimensionalen Sicht gesucht wird. Es schaut fast so aus, als müsste man oder
wollte man mit aller Gewalt gegen andere Shopping-Center, speziell solchen, die
sich nicht in Wien befinden, konkurrenzfähig sein. Man ist erst dann
schlussendlich glücklich, wenn die Mariahilfer Straße ein Vienna Center
Shopping Walk geworden ist, wobei hier übersehen wird, dass wir uns in einem
urbanen Bereich bewegen, der gerade von kleinen, nischenartigen Strukturen, von
einem Klein- und Mittelgewerbe und Handel gemischt mit großen Betrieben, aber
vor allem von Lokalen und Einkehrmöglichkeiten lebt.
Vor allem aber unterscheidet sie sich von allen
anderen Shopping-Centers in Wien oder jenseits der Landesgrenze, dass hier auch
in einem relativ großen Umfang noch Wohnbevölkerung vorherrscht. Gerade das ist
es, wo wir eine große Gefahr und ein großes Problem sehen, dass der Fokus in
Richtung Geschäftsstraße und Einkaufszentren die Substanz der Urbanität und der
Möglichkeiten der Wohngestaltung hintan stellt beziehungsweise langfristig
verdrängen wird.
Die Qualität der Straße ist unbestritten: Große
Frequenz bringende Geschäfte einerseits, lokale Einkehrmöglichkeiten auf der
anderen Seite und nicht zuletzt vielfältige kleine, spezialisierte Geschäfte
machen Qualität aus. Gerade diese Kombination der Mariahilfer Straße - das ist
nämlich in der Stellungnahme des 6. und 7. Bezirks drinnen gewesen - macht
natürlich auch das Konfliktpotential aus. Auf der einen Seite natürlich
Geschäftsinteressen, aber auf der anderen Seite natürlich die Interessen der
Wohnbevölkerung, hier noch eine funktionierende Nahversorgung in wesentlichen
Bereichen ihres Lebens vorzufinden.
Was
mich an der gesamten Vorgangsweise der Sozialdemokratischen Fraktion hier im
Haus und der Stadtplanung besonders stört, ist dass auf die Argumente, die von
Seiten des 6. Bezirks gekommen sind und mit zwei einstimmigen Beschlüssen
gegen dieses Plandokument dokumentiert sind, in keinster Weise eingegangen
wurde. Jetzt denke ich mir immer: Mein Gott, in Wien geht es uns ja eh gut. Wir
haben Bürgerbeteiligungsverfahren, wir machen Bürgerversammlungen und es gibt
in vielen Bereichen dieser Stadt die Agenda 21, wo über lokale Probleme
mit den Bürgerinnen und Bürgern gesprochen und versucht wird, gemeinsam einen
Konsens zu finden.
Und
dann gibt es eine gewählte Bezirksvertretung im 6. Bezirk, wo insgesamt
zwei Mal ein einstimmiger Beschluss gegen dieses Plandokument gefasst wird -
und in Wirklichkeit ist das Einzige, was die SPÖ Wien und die zuständigen
Dienststellen machen: Nicht einmal ignorieren. Es wurde in keinster Weise auf
irgendein Argument sowohl der Bezirksvertretung im 6. Bezirk als auch der
einzeln vorgebrachten Einsprüche und Argumente aller anderen, sowohl Bewohner
als auch politischer Parteien als auch der Frau Bezirksvorsteherin eingegangen
und das ist ja irgendwie skurril.
Ich rede jetzt nicht für den 7. Bezirk, wo es
einen Grünen Bezirksvorsteher gibt. Dass sich da die GRÜNEN in die Bresche
hauen, das ist fast verständlich. Ich rede vom 6. Bezirk, von der Frau
Renate Kaufmann, Bezirksvorsteherin der Sozialdemokratischen Fraktion und ich
gehe davon aus, dass sie auch Mitglied dieser Partei ist. Nicht nur, dass sie
hier nicht spricht (darf?)
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