Gemeinderat,
41. Sitzung vom 26.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 87
auch für die Pflege zu Hause, die wir ja verstärken
und intensivieren wollen, zur Verfügung steht.
Diese Bildungsoffensive kostet insgesamt
10 Millionen EUR, wobei 4 Millionen vom WAFF übernommen werden
und 6 Millionen vom AMS, sodass mit diesem Geld eben Schulungskosten,
Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und die Deckung des Lebensunterhaltes für die
Dauer der Qualifizierung abgegolten werden können.
Von der Geriatriezulage wurde heute schon gesprochen.
Es ist eine Forderung, die in der Geriatriekommission im Jahre 2002 schon von
allen Parteien aufgestellt wurde und immer wieder vorgebracht wurde. Sie ist
aber nur der erste Schritt zur Aufwertung dieses Berufes, und es müssen weitere
Schritte folgen. Flexiblere Arbeitszeitmodelle müssen erarbeitet werden. Auch
ein bisschen gegen den Willen mancher Bediensteter muss der 12-Stunden-Dienst,
der vielfach von jungen Menschen angenommen ist, aber doch dann relativ sehr
früh zu Burn-out-Syndromen führt, abgebaut werden. Eine freiwillige Jobrotation
soll erfolgen. Zusätzliche Springerdienste sollen eingestellt werden. Es sollen
aber auch, wie wir in der Geriatriekommission besprochen haben, berufsfremde
Dienste von anderen Berufsgruppen übernommen werden, damit es zu einer
Entlastung des dezimierten Personals kommt und die Motivation "Freude am
Beruf" wieder gesteigert werden kann und MitarbeiterInnen auch länger im
Beruf verbleiben.
Alle diese Maßnahmen müssen von einer
gesellschaftspolitischen Diskussion begleitet werden, und ich denke, da sind
wir alle dazu aufgerufen. Die Menschen sollen nämlich befähigt werden, das
Alter als einen positiven Lebensabschnitt zu sehen und nicht sofort mit
Krankheit in Verbindung zu bringen. Auch Herr Prof Amann hat uns gesagt, dass
der wirklich hohe Pflegebedarf erst in den letzten drei bis fünf Jahren vor dem
Tod einsetzt, und das ist relativ spät. Gesundes Altern, das wir alle wollen,
heißt in Bewegung bleiben, soziale Kontakte pflegen und lebenslanges Lernen
ernst nehmen.
Wir alle sind aufgerufen, für diese Umsetzung mit dem
Herrn Bürgermeister und seiner Pflegeoffensive einzutreten, damit wir uns alle
auch freuen können, in dieser Stadt alt zu werden. – Danke. (Beifall bei der
SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Herr Mag Kowarik. Ich erteile es ihm und hoffe, er findet Platz
für seine Akten. (GR Mag Helmut Kowarik:
Das hoffe ich auch!) Bitte schön. (GR
Mag Helmut Kowarik, einen Stoß Akten und einen Aktenordner zum Rednerpult
tragend: Das ist aber noch nicht komplett! – GR Kurth-Bodo Blind bringt weitere
zwei Aktenordner nach vorne und legt sie auf dem Berichterstatterpult ab.)
GR Mag Helmut Kowarik (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin!
Es tut mir Leid, dass die Frau Stadträtin momentan wieder
nicht da ist und der Herr Bürgermeister nicht da ist. (Rufe bei der SPÖ: Sie
ist da!) Bitte um Entschuldigung!
Wir sprechen heute über zwei Kontrollamtsberichte
über die Situation in den Geriatriezentren. Es ist heute davon gesprochen
worden, dass man das nicht unbedingt als Skandal bezeichnen soll, dass man es
vielleicht nicht so skandalisieren soll. Ich bin auch der Meinung, dass es
jetzt nicht Sinn macht, wenn man hier hineinschlägt und sagt, es ist alles
ungeheuerlich, was hier drinnen steht. Ich muss aber mit Verlaub sagen: Es ist
schon ungeheuerlich. Wenn man hier jahrelang, und ich kann jetzt schon sagen
ein Jahrzehnt lang, im Gesundheitsausschuss tätig ist und dann am Ende der
Karriere erleben muss, dass so ein Bericht kommt, und wenn man überall bei den
diversen Ausschüssen und Kommissionen mitgearbeitet hat, muss man eigentlich
erschüttert sein.
Ich bin auch ein bisschen erschüttert, dass bei
unserer heutigen Diskussion die Prominenz des Krankenanstaltenverbundes nicht
anwesend ist, die sonst immer brav und fleißig anwesend ist, wenn hier im
Gemeinderat über Gesundheit debattiert wird. Heute, wo es also um ganz wirklich
entscheidende Probleme geht, sind die Herrschaften nicht da. Ich bedaure das
zutiefst, und es gibt zu verschiedensten Vermutungen Anlass.
Meine Damen und Herren! Es wird hier immer davon
gesprochen, dass es gesellschaftlich notwendig ist, sich mit der älteren
Bevölkerung auseinander zu setzen, sich mit dem Alter auseinander zu setzen,
darüber nachzudenken, wie das sein wird, wenn man selbst alt ist und so weiter.
Als Mitglieder der Geriatriekommission haben wir ja
in einer eigenen Sitzung unter dem Titel "Visionen" diese diversen
Probleme aufgezeigt, und daher bin ich umso mehr erschüttert, dass es doch
verhältnismäßig wenig Interesse gibt für das, was mit unseren Alten in der
Stadt Wien geschieht.
Wie gesagt, der Kontrollamtsbericht ist nicht
unbedingt ein Skandalbericht, aber, meine Damen und Herren, wenn man einzelne
Punkte herausnimmt, muss man wirklich zutiefst erschüttert sein. Wenn ich hier
zum Beispiel lese, auch wenn man es nur „durchblättert“ – unter
Anführungszeichen –, dass es zum Beispiel noch immer Zimmer gibt, wo es nicht
möglich ist, von einem Bett zum anderen im Rahmen der Pflege zu kommen, weil
die Betten auf die Seite geschoben werden müssen, damit man überhaupt eine
Pflege durchführen kann, dann muss man sich fragen, meine Damen und Herren: In
welchem Jahrhundert leben wir und was ist hier wirklich los? Es ist vielleicht
ein Einzelfall, aber trotzdem ist es dramatisch genug, dass es hier aufgezeigt
wird und dass man hier darüber sprechen muss.
Meine Damen und Herren! Im Rahmen
der Geriatriekommission haben wir diverse hochwissenschaftliche und auch gute
Vorträge gehört. Sie sind ja heute schon mehrfach zitiert worden. Unter anderem
wurde auch festgestellt, dass es in Wien Debatten gegeben hat über neue
Gefängnisse und dass es menschenrechtsunwürdig ist, wenn ein Häftling weniger
als 5 Quadratmeter zur Verfügung hat. Meine Damen und Herren! In manchen
Zimmern der Geriatriezentren haben die Pfleglinge, die Klienten, weniger
Möglichkeiten und weniger Platz. Und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular