«  1  »

 

Gemeinderat, 41. Sitzung vom 26.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 87

 

komplett umgestaltet werden. Nichts davon ist realisiert worden.

 

Faktum ist jetzt, dass 57 Prozent der Menschen in Großraumzimmern in den Pflegeheimen der Stadt und 70 Prozent aller Menschen in Großheimen leben. Was die chronische Unterbesetzung im Personal betrifft, straft das Kontrollamt die Zahlen, die der Krankenanstaltenverbund vorgelegt hat, Lügen. Da war immer die Rede von sieben Dienstposten, die nicht besetzt sind. Für 2003 kommt das Kontrollamt auf 193 von 1 258. Aber wenn Sie meinen, dass das jetzt alles ist, was fehlt - weit gefehlt! Denn das Kontrollamt hat auch festgestellt, dass im Durchschnitt 104 dieser Bediensteten krank sind, dass 45 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt arbeiten können und dass sich 52 in Aus- und Fortbildung befinden. Das heißt, durchschnittlich fehlen von diesen über 1 200 Be-diensteten 400 Menschen in der Versorgung der Bewohner!

 

Wir haben uns in der Untersuchungskommission ausführlich über die fehlende Kontrolle unterhalten. Das Kontrollamt belegt, dass es hier im Argen liegt, dass vor allem die fachliche Betreuung nicht geprüft wurde. Man hat sich darauf beschränkt, ab Jänner 2002 die Brandsicherheit zu prüfen, und auch da brauchte der Krankenanstaltenverbund für Vorbereitungs- und Entscheidungsphasen bis Mai 2003. Das ist ein langer Weg, bis überhaupt jemand geht und sich anschaut, wie es in den Heimen zugeht.

 

Erst nach Bekanntwerden des Pflegeskandals im September 2003 wurde seitens der Stadträtin überhaupt eine Aufstockung des Personals in der zuständigen MA 47 veranlasst. Denn man kann nicht jemanden beauftragen zu prüfen, und ihn gleichzeitig nicht mit Personal ausstatten. Dann hat man offensichtlich nicht die Absicht, es wirklich umzusetzen.

 

Was der Krankenanstaltenverbund mit den finanziellen Mitteln gemacht hat, die ihm zur Verfügung gestanden sind, um die Lebenssituation der Bewohner und Bewohnerinnen zu verbessern, spricht Bände. Nur 3 Prozent, hat das Kontrollamt festgestellt, sind in patientenbezogene Verbesserungen gegangen. 3 Prozent, meine Damen und Herren! Und das angesichts einer Situation, dass sich die Menschen zu acht ein Klo teilen müssen und dass es Bade- und Waschgelegenheiten gibt, die so ungeeignet sind, dass manche nur zwei bis drei Mal im Monat überhaupt ins Badezimmer kommen.

 

Das Schlusslicht der Pflegeheime ist das St Rochus-Heim. Das ist nicht oft Thema in diesem Haus, aber Sie sollten sich die Zeit nehmen, dorthin zu gehen. Das St Rochus-Heim ist mehr oder weniger eine Expositur des Geriatriezentrums Baumgarten. Herr Pflegeombudsmann Dr Vogt hat in "Von Tag zu Tag" darüber berichtet. Ich bin dann hingegangen und habe mir dieses Haus angeschaut. Meine Damen und Herren, dort bestehen albanische Zustände! Dort geht man im Erdgeschoß ungebremst von der Tür in die Station, in einen abgewohnten Trakt, in dem Menschen in wackeligen Stahlrohrbetten liegen. (GRin Mag Sonja Ramskogler: Das stimmt ja nicht! Waren Sie schon in Albanien?)

 

Ich war schon in Albanien - vielleicht im Gegensatz zu dir, Sonja -, ich habe mir Albanien angeschaut, und als ich in St Rochus war, habe ich mir gedacht: Das kenne ich von wo! - Das ist die "Aufbewahrung" von Menschen, aber nicht die menschenwürdige Versorgung. Da ist so ungefähr alles kaputt! Und der einzige Ort, wo die Menschen sein können, wenn sie nicht im Bett sind, ist ein finsterer Gang im Erdgeschoß - nicht einmal ein Aufenthaltsraum. Und dort sitzen sie dann aufgereiht mit Tischchen vor sich auf dem Rollstuhl und haben nichts zu tun - sie haben rein gar nichts zu tun. Das nennt man die Hölle der Ereignislosigkeit. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen den ganzen Tag auf einem Gang und schauen in die Luft und haben keine Möglichkeit, einen Lebensraum außerhalb Ihres Bettes und dieses Ganges zu finden!

 

Das Kontrollamt hat auch ein besonders wichtiges Thema angesprochen, und es hat in diesem Bereich festgestellt, dass die Ebene der sicheren Pflege nicht mehr gewährleistet ist. Es geht dabei um die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen in den Häusern. Da tut offensichtlich jeder, was er gerade will: Aus unterschiedlichen, einander widersprechenden Gründen werden Overalls angezogen, Steckgitter gesetzt und Einschränkungen verordnet - nicht etwa, um kurzfristig mit dem gelindesten Mittel Gefahr abzuwehren, sondern schlicht und einfach als alltägliche präventive Maßnahme. Und das ist verboten, meine Damen und Herren! Auch nach der jetzigen gesetzlichen Lage ist es nicht erlaubt, Menschen präventiv die Freiheit einzuschränken. (GRin Mag Sonja Ramskogler: Unter ärztlicher Anordnung!) Auch unter ärztlicher Anordnung ist es als dauernde und präventive Maßnahme nicht erlaubt - Sonja, interessiere dich! Auch eine ärztliche Anordnung macht es nicht legitim, macht es mitnichten legitim, dass man eine dauernde freiheitseinschränkende Maßnahme verordnet. Und das ist leider der Fall - schau dich um in den Pflegeheimen! (GRin Mag Sonja Ramskogler: Das muss geändert werden!) Das muss geändert werden, du sagst es. Das Kontrollamt sagt nämlich, sichere Pflege ist nicht gewährleistet. - Die Stufe unter der sicheren Pflege ist die gefährliche Pflege, wo Menschen psychisch und physisch zu Schaden kommen können.

 

Auf der Ebene der Führungskräfte, hat das Kontrollamt festgestellt, gibt es überflüssige Strukturen. Da gibt es eine Leitung für Animation im GZW, eine Leitung für die Umsetzung der Pflegekonzepte – all das wäre ja gut, wenn dem Taten folgen würden. Aber wir wissen aus der Personalsituation in den Geriatriezentren und Pflegeheimen, dass die Personalsituation und die Ausstattung mit Ergotherapeuten es ja gar nicht zulassen, dass das umgesetzt wird. Das heißt, Dr Vogt hat Recht: Es gibt eine überflüssige "Oberspielleitung", und in der Versorgung auf den Stationen fehlen die Menschen.

 

Die baulichen Maßnahmen hat das Kontrollamt besonders hervorgehoben; und es wird der Krankenanstaltenverbund zu erklären haben, wie er mit substanziellen Verbesserungen für die patientennahe Versorgung von drei Prozent in Zukunft sicherstellen wird, dass sich

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular