Gemeinderat,
40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 78
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Ich will ja keine
Sekunde verschwenden, um nicht auf die Antworten, auf Ihre Zahlen, Daten und
Fakten zu warten. Wir sind gerne bereit, Ihre gehaltvollen Antworten zu den
Fragen, die wir gestellt haben, zu empfangen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Ich
danke dem Herrn Gemeinderat für die Begründung.
Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der
Herr amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft zu Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Wien ist stolz
darauf, eine Weltstadt der Kultur zu sein, und dieses Selbstverständnis
spiegelt sich ja auch in der kürzlich präsentierten und aktuellen Studie
"Leben in Wien" wider. Aber auch Sie, meine Damen und Herren, werden
dieses Selbstverständnis mit Sicherheit teilen.
Wiens Stadtregierung jedenfalls bekennt sich zur
Vielfalt der Kultur. Mit diesem Bekenntnis verknüpft sie auch die
Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass die Kultur und ganz besonders die
Musik in dieser Stadt sich hier in ihrer ganzen Breite entwickeln kann.
Wenn wir nun zu der Entscheidung gekommen sind, die
drei Musiktheaterhäuser der Stadt neu zu positionieren und für die kommenden
Jahre auszustatten, dann deshalb, weil wir überzeugt sind, dass es wichtig ist,
unsere Stärken zu stärken, aus künstlerischer und auch aus wirtschaftlicher
Sicht.
Das Theater an der Wien wird ein neuartiges
Musiktheaterhaus. Diese Forderung, diesen Wunsch, diese Vision hat es jahrelang
gegeben. Die Umwandlung des Theaters an der Wien und auch des Ronacher war im
Übrigen auch ausdrücklicher Wunsch Ihrer Fraktion, Herr Gemeinderat, so zum
Beispiel am 25.10.2002.
Ein Jahr später, nämlich im Oktober des letzten
Jahres, haben Sie sich ja, wie ich mich noch erinnern konnte und wie mir ein
Blick in die Archive bestätigt hat, sehr positiv geäußert. Bereits in der APA,
Zitat Salcher: "Ich freue mich, dass die vom damaligen Kulturstadtrat
Peter Marboe entwickelte Vision zur Umwidmung des Theaters an der Wien in ein
vielseitiges Musiktheater von der jetzigen SP-Regierung aufgenommen wurde und
nun realisiert werden soll, kommentierte Salcher die heute vorgestellte
Neuausrichtung des Hauses am Naschmarkt und den Umbau des Ronachers in ein
Musicaltheater." Da haben Sie sich damals gefreut vor einem halben Jahr.
"Die VP-Wien hätte dieses Konzept seit Jahren unterstützt und sehe darin
einen vielfältigen Beitrag zu einer neuen Lebendigkeit Wiens als
Musikstadt." Das ist heute offensichtlich anders. Zur Vergabe der
Intendanten sagt er, "dass von einer ehrlichen Bestellungspolitik
gesprochen werden kann, und mit Roland Geyer und Kathrin Zecher, die beide in
ihren Bereichen Erfolgsbilanzen vorzuweisen hätten, seien Persönlichkeiten
gefunden, denen die schwierige Umsetzung der bekannt gegebenen Reformen
zuzutrauen sei. Abzuleiten sei die Erstellung konkreter Vorstellungen zum
Spielbetrieb sowie die Zurverfügungstellung der notwendigen finanziellen
Mittel, insbesondere auch für den längst überfälligen technischen Umbau des
Ronacher", sagt Salcher vor einem halben Jahr, "der die Voraussetzung
für den geplanten Musicalbetrieb ist." Alles Salcher am 7. Oktober
2003.
Also Sie fragen, haben wir das alles, machen wir das
alles, und offensichtlich passt es jetzt auch nicht. Aber Sie werden verstehen,
dass die Wiener Kulturpolitik diesen schnellen Meinungsänderungen des Herrn
Salcher zum Glück nicht folgt und folgen kann.
Wir haben diese Neugestaltung der städtischen Bühnen
auch in unser Regierungsprogramm aufgenommen, und das wird jetzt realisiert.
Wenn wir diese Musiktheater neu ins Bild holen, neu,
weil die Theater nicht einfach Spielstätten, Abspielstätten anderer Häuser
werden, sondern eigenständige Häuser mit eigenständiger Leitung, eigenem Profil
und neuer Produktionsweise, und gleichzeitig auf ein zweites wichtiges
Standbein dieser Stadt, nämlich das Musical, nicht verzichten wollen, dann
brauchen wir, so wie bisher, zwei Spielstätten für modernes
Musikunterhaltungstheater. Deshalb die Entscheidung, das Ronacher auch
technisch dafür tauglich zu machen. Der erste Schritt der Renovierung war vor
einigen Jahren die so genannte sanfte Renovierung. Nun machen wir den zweiten
Schritt, indem wir die Bühnentechnik adaptieren.
Dieser technische Umbau des Ronacher ist notwendig,
um es von einer bloßen Leihbühne zu einem vollwertigen Musiktheater zu machen.
Das Geld dafür, meine Damen und Herren, kommt selbstverständlich nicht aus dem
laufenden Kulturbudget, wie hier und andernorts behauptet wurde.
An dieser Stelle warne ich vor derartigen Gerüchten,
die lediglich zur Verunsicherung beitragen. Hätten Sie zum Beispiel auch
unterstellt, dass die Umbaukosten für den Musikverein, für das Konzerthaus, für
die Albertina, für das Museumsquartier, Tanzquartier, Kindertheater und viele
andere große Projekte in dieser Stadt jemand anderem weggenommen werden?
Selbstverständlich nicht. Es sind zusätzliche Investitionen in wichtige
Kultureinrichtungen dieser Stadt, und so ist es auch in diesem Fall.
Nicht nur das so genannte große Musiktheater liegt
uns am Herzen, auch die vielen und vielfältigen kleineren Initiativen, freien
Gruppen werden selbstverständlich weiter unterstützt, das ist ja gar keine
Frage, und zwar im Übrigen auch so stark wie nie zuvor.
Und wir erfüllen auch zusätzliche
Forderungen. Drei Beispiele: Das eine ist die Theaterreform, an der wir ja alle
gemeinsam arbeiten – auch eine langjährige Forderung der Szene, der freien
Theaterszene, wo wir uns bemühen, mehr Transparenz für die Kulturschaffenden, Planungssicherheit
und vieles andere mehr zu bewirken. Eine zweite wichtige Forderung – das soll
man ja in dem Zusammenhang auch sagen – auch der freien Szene war die nach
einem eigenen Tanztheaterhaus, das wir im Übrigen auch zusätzlich finanziert
haben. Ich erinnere daran, dass, als ich mein Amt angetreten habe, die
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