Gemeinderat,
40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 78
Herr Bürgermeister! Sie brauchen sich eigentlich nur ein Foto nach dem Brand 2001 anzuschauen, von mir aus auch noch 2002, und das vergleichen mit dem, was heute übriggeblieben ist. Es ist, glaube ich, fünf vor zwölf. Vielleicht gibt es noch die Möglichkeit, hier rettend einzugreifen, aber die Frist ist wirklich eng. Die Ersatzvornahmen, die Sie jetzt angekündigt haben, in Ehren, aber wenn da nicht sofort etwas geschieht und wieder monate- und jahrelange Verzögerungen eintreten, dann ist praktisch letzten Endes hier in Tateinheit mit den Eigentümern und mit dem zögerlichen Bundesdenkmalamt die Vernichtung der Sofiensäle erfolgt.
Ich glaube auch, sagen zu müssen, dass letzten Endes
vieles geschehen ist, was Sie nicht erklärt haben, nämlich Zeitverzögerung sondergleichen
zwischen Bescheiderlassung und allfälligen nachstoßenden Maßnahmen und
sonstigen Handlungen. Die Erklärung, warum nicht die Höchstsumme von
50 800 EUR als Strafe festgesetzt wurde, haben Sie auch unterlassen,
und ich weiß nicht, was noch passieren muss an Verschleppung, dass eine solche
Maßnahme gesetzt werden könnte.
Schauen Sie sich doch an, was ein Normalbürger, der
ein denkmalgeschütztes Haus oder ein Haus in einer Schutzzone hat, an Auflagen
der Stadt Wien vorgeschrieben bekommt und in welcher Schnelligkeit er die Dinge
erledigen muss. Die Sanftmut und Langmütigkeit der Gemeinde mit der Sofiensäle
AG scheint darauf hinzuweisen, dass da irgendwo eine Baulobby ihre Macht hat
und dass sich der auch der Bürgermeister unterwirft. Warum das so ist, werden
Sie selbst beantworten müssen.
Ich glaube, wir haben eine Reihe von Fragen, die Sie
leider dann letzten Endes sehr summarisch beantwortet haben. Wir haben
Bescheide, den Antrag des Bundesdenkmalamtes, wo im August 2002 eine
Entscheidung gekommen ist, die letzten Endes aber erst im November zu einer
Entscheidung der Magistratsbehörde geführt hat. Auch hier kam es wieder zu
monatelangen Verschleppungen. Ich glaube, dass es sehr wohl möglich gewesen
wäre, Ersatzvornahmen oder Sicherungsmaßnahmen bereits 2001 zu setzen, und zwar
dahin gehend, dass zum Beispiel nicht nur Planken aufgestellt und baugefährdete
Teile abgeschlagen worden wären, sondern dass die Gemeinde Wien eine
Überdachung, eine erstmalige Sicherung vor dem Winter durchsetzen hätte können.
Sie hat es leider nicht gemacht, weil offensichtlich kein Interesse vorhanden
gewesen ist.
Was wir daher sehen, ist ein Bild der Gemeinde Wien
und der regierenden Sozialdemokraten, wo es immer wieder zu verbalen Äußerungen
kommt, die die Sofiensäle für wertvoll, für erhaltungswürdig erklären und dass
es der Wunsch des Bürgermeisters und der mit absoluter Mehrheit regierenden
Sozialdemokraten sei, das zu tun, aber die Verwirklichung bleibt leider aus.
Ich habe hier das wörtliche Protokoll von ebenfalls
einer Dringlichen Anfrage vom 26.4.2002, und die Erklärungen sind durchaus
ähnlich, nur liegen zwei Jahre dazwischen. Der Herr Bürgermeister hat
festgestellt, die 1986 erfolgte und von der Stadt Wien auch damals schon
befürwortete Stellung der Sofiensäle unter Denkmalschutz sei nicht nur in der
künstlerischen Qualität der an der Entstehung beteiligten Architekten
begründet, sie berücksichtigte auch den Stellenwert der Sofiensäle als
kulturelles und historisches Zentrum des Wiener Kultur- und Geschäftslebens
seit der frühen Gründerzeit. Er stellt weiters fest, dass er außer jeden
Zweifel stellt, dass die Sofiensäle selbst einen besonderen Stellenwert in
kultureller und historischer Hinsicht in dieser Stadt haben.
Festzustellen ist noch, dass er ganz klar in
Punkt 9 gesagt hat: Selbstverständlich bekenne ich mich dazu, dass die
Wiedererrichtung der Sofiensäle im besonderen Interesse der Stadt Wien liegt
und daher die Eigentümer seitens der Stadt Wien im Bereich ihrer Möglichkeiten
unterstützt werden sollen.
Es gibt noch eine ganze Reihe von verbalen
Erklärungen des Herrn Bürgermeisters, wo er sich für die Erhaltung der
Sofiensäle einsetzt, doch leider gibt es die unheilige Allianz zwischen
Abbruchwilligkeit des Eigentümers, Untätigkeit der Gemeinde Wien und dem
zögerlichen Vorgehen des Bundesdenkmalamtes. Daran hat sich nichts geändert.
Ich möchte nur feststellen, dass nach dem Brand 2001
der Abriss aller denkmalgeschützten Teile der Sofiensäle bewilligt wurde. Auch
hier ist, glaube ich, ein gesetzlicher Mangel vorhanden. Es wäre hoch an der
Zeit, sich auch über einen auf das Gesamtgebäude bezogenen Ensembleschutz den
Kopf zu zerbrechen.
Es sind in der Folge massive Zerstörungen im
denkmalgeschützten Bereich vorgenommen worden. Die Abrissbirne hat sehr wohl
die gesamten Balustraden und Balkone zerstört. Der Fußboden wurde vernichtet
oder so weit zerstört, dass er neu errichtet werden müsste. Ob das geht, weiß
ich nicht. Dabei war das der eigentliche Wert der Sofiensäle, weil der Fußboden
und die darunter liegenden Kellerräumlichkeiten für die Akustik das
Entscheidende waren.
Wenn das damals schon geschehen ist, frage ich mich,
wo die groß angekündigte Überwachung der MA 37 gewesen ist, wenn der
MA 37 diese Dinge – zum Beispiel Abrissbirneneinsatz und Ähnliches – nicht
aufgefallen sind. Und jetzt beim Löcherschneiden ins Dach, damit das
Regenwasser eindringen kann, ist dasselbe festzustellen. Wo war die MA 37?
Letzten Endes ist es nur den Bürgern in der Wohnumgebung und der
Bürgerinitiative zu verdanken, dass solche Dinge überhaupt das Licht der
Öffentlichkeit erblickt haben.
Die Sicherungsmaßnahmen, die dann gesetzt wurden und
die der Herr Bürgermeister lobend herausgehoben hat, haben letzten Endes in
Abdeckplanen bestanden, die nach einiger Zeit munter im Wind geflattert sind.
Also von der Sinnhaftigkeit dieses Dinge sind wir nicht sehr überzeugt gewesen.
Das heißt also: Trotz großer Worte
gibt es keine Handeln, es gibt keine Ersatzvornahmen, und die Bescheide sind
wirkungslos verpufft und wurden nie umgesetzt. Die Gemeinde Wien oder die
regierenden Sozialdemokraten waren an einer Umsetzung der
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