Gemeinderat,
40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 78
Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Jetzt fehlen zwei wesentliche Personen hier im Saal,
die hauptverantwortlich für das Finanzdesaster im Bereich der Krankenanstalten
sind, Bgm Häupl und Finanzstadtrat Rieder. Beide wissen, dass es im Bereich der
Wiener Krankenanstalten einen jährlichen Gebarungsabgang in der Größenordnung von
ungefähr 120 Millionen EUR gibt. Beide wissen, dass ihre Fraktion die
vergangenen Jahre sowohl beim Rechnungsabschluss als auch beim
Budgetvoranschlag bewusst falsche Budgets beschlossen hat. Beide drücken sich
vor ihrer Verantwortung und nehmen in Kauf, dass in Zukunft die Versorgung
mittels der Wiener Spitäler entweder tatsächlich auf Kosten der Bevölkerung
dramatisch eingeschränkt werden muss oder aber Selbstbehalte wie auf
Bundesebene in noch verstärkterem Ausmaß eingehoben werden müssen.
Sie wissen, insbesondere wir GRÜNEN stehen dafür,
dass es nicht heißt, Einsparungen um jeden Preis. Genauso ist es im
Gesundheitsbereich. Trennen wir uns von der Vorstellung, dass wir im
Gesundheitsbereich finanzielle Mittel tatsächlich einsparen können. Wir können
sie, wie Kollegin Korosec gesagt hat, besser verwenden. Aber zu glauben, dass
in diesen Bereichen viel zu holen ist, ist absurd. Fehlen diese
100 Millionen EUR, dann werden sie von der Bevölkerung erbracht werden
müssen und das ist die sozial unausgewogenste Art und Weise der
Gesundheitsvorsorge und der Krankenanstaltenfinanzierung in Österreich! Das
lehnen wir ab, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Deshalb ersuche ich Sie zu erkennen, dass etwas getan
werden muss, weil ich kann mich noch daran erinnern, wir haben im Rahmen der
MA 12 von fehlenden 58 Millionen EUR gesprochen. Sie haben
gelacht, haben gesagt, es gibt kein Defizit, das ist alles übertrieben, das
wird alles aus der Geschäftsgruppe gedeckt. Jetzt liegen die ersten Zahlen vor.
Ich gestehe, ich habe mich geirrt. Allein auf Grund der
Budgetüberschreitungsanträge, die mittlerweile gestellt worden sind, liegt das
Defizit im Bereich der MA 12 nicht bei 58 Millionen EUR, sondern
bei 62 Millionen EUR. Soviel zu Ihren Prognosen, zu Ihrer Darstellung
der Realität.
Bei den Schulen haben Sie gesagt, gibt es kein
Defizit, es gibt keine Unterdeckung um 30 Millionen EUR, alles an den
Haaren herbeigezogen. Es stellt sich heraus, tatsächlich gibt es das.
Ebenso ist das im Bereich der
Krankenanstaltenfinanzierung. Wenn es nicht spätestens ab kommendem Jahr eine
Aufstockung des Gesundheitsbudgets und eine bessere Verwendung dieser
finanziellen Mittel um zumindest 120 Millionen EUR allein im Bereich
des Krankenanstaltenverbunds zur Aufrechterhaltung des jetzigen Zustands gibt,
kommt es zu einer Einschränkung der Leistungen und da ist noch überhaupt keine
Rede von den Verbesserungen im Bereich der Pflege. Kollegin Pilz hat
ausreichend und immer wieder auf die Missstände im Pflegebereich hingewiesen.
Alles, was Bgm Häupl diesbezüglich gesagt hat, ist nicht anderes als farblose
Lippenbekenntnisse geblieben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie nicht
in der Gesundheitspolitik die blau-schwarze Bundesregierung negativ überholen
wollen, dann tun Sie etwas, dotieren Sie diesen Bereich ausreichend und spielen
Sie Probleme, die tatsächlich existent sind, nicht tagtäglich herunter! (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Die Wiener Bevölkerung hat es sich verdient, auf eine
Gesundheitsvorsorge und auf Krankenanstalten bauen zu können, die tatsächlich
helfen, wenn es notwendig ist. Mit Ihrer Politik, wenn es hier zu keinem
Umdenken kommt, stellen Sie dieses unterstützenswerte und wichtige Anliegen für
die Wiener Bevölkerung in Gefahr! Umso bedauerlicher ist es, dass die beiden
Hauptverantwortlichen für diese Politik, Bgm Häupl und VBgm Rieder, heute nicht
anwesend sind. Denn sie sind es, die in den vergangenen fünf Jahren – VBgm
Rieder sogar noch länger – maßgeblich dafür verantwortlich waren, dass sich das
Gesundheitssystem in Wien momentan in einem desaströsen Zustand befindet! (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächster Redner ist Herr DDr Schock gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
StR DDr Eduard Schock: Sehr geehrte
Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Die freiheitliche Fraktion hat schon vor zwei Jahren
– es war genau am 20. November 2002 – diese Finanzierungslücke im
Wiener Gesundheitssystem vorausgesagt. Wir haben schon damals, 2002, kritisiert,
dass unsere Spitäler die letzten Rücklagen auflösen müssen und haben daher von
dieser Stelle aus im Jahr 2002 vorgerechnet, dass ab heuer, ab 2004, die
Finanzierung unseres Gesundheitssystems in Wien nicht mehr gesichert ist.
Meine Damen und Herren, der Krankenanstaltenverbund
hat dann in der Folge diese, unsere Prognose bestätigt. Der KAV selbst hat 2002
diese Situation ebenfalls aufgezeigt. Es erfordert ja auch die kaufmännische
Sorgfaltspflicht, eine solche drohende Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig in der
Öffentlichkeit bekannt zu machen. Daher hat der KAV schon 2002 mit seinen
Zahlen dieser Sorgfaltspflicht entsprochen. Es hat dann ein Jahr später, 2003,
auch der Wirtschaftsprüfer seine warnende Stimme erhoben. Es hat im Jahr 2003
der Wirtschaftsprüfer, die KPMG Alpentreuhand, diese Prognose bestätigt und
ausdrücklich auf den Sanierungsbedarf in unserem Gesundheitssystem hingewiesen.
Und es war zuletzt natürlich auch GenDior Hauke selbst, der in einem Interview
bestätigt hat, dass nach der Finanzierung der neuen Geriatriezulage die
Rücklagen unserer Spitäler im Wesentlichen schon heuer aufgebraucht sein
werden. Er hat damit ebenfalls diese Prognose bestätigt, dass ab dem
Jahr 2004 die Finanzierung eigentlich nicht mehr gesichert ist.
Meine Damen und Herren, wir haben
diese Situation bereits im November 2002 von dieser Stelle aus aufgezeigt. Der
KAV selbst, der verantwortliche Generaldirektor und der Wirtschaftsprüfer haben
dann diese
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