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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 120

 

Schloss hat man einen Teich. Also Wasser ist etwas höchst Attraktives. Ab einem bestimmten Einkommen baut sich jeder einen Swimmingpool, auch wenn er nie hineingeht. Hätte ich – Richtung rote Lampe – noch viel mehr Zeit, würde ich auch ein bisschen über fast evolutionäre Bedürfnisse des Wohnens beim Menschen sprechen.

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Warum werden nicht Projekte fortgesetzt, wo sich diese Art des Wohnens, ruhig, privater Grünraum zeigt?

 

Verrückte Nichtförderung: Wie viele Sanierungen im dicht besiedelten Gebiet finden statt, ohne dass Balkone errichtet werden, obwohl der Balkon eines der meistgefragten Dinge ist, Altbestand mit Balkon, möglichst in einen ruhigen Innenhof hinaus. Es ist so einfach!

 

Eigentlich muss man überhaupt nicht lange nachdenken. "Lebst du lieber laut oder leise?" Das würde man beim Armin Assinger nicht wirklich als Frage durchgehen lassen. Aber diese Frage wird laufend in der Wiener Stadtplanung beantwortet mit: "Das wissen wir nicht.". "Willst du einen Balkon in einem ruhigen Innenhof? Ja oder nein?" Auch dazu würde Assinger sagen, dass er diese Frage nicht oder höchstens als Einstiegsfrage zuließe, wo es zum Beispiel heißt: "Heißt die Farbe brau, pfau oder blau?". Na, sie heißt "blau". – "Willst du einen Balkon im Innenhof? Ja oder nein?" Wo passiert das?

 

Ich gehe mit offenen Augen durch die Stadt, schaue mir Sockelsanierungen an und denke mir, warum die da keinen Balkon hinaus machen, auch im Bereich des Gemeindebaus? Das sind so selbstverständliche Dinge des Wohnens! Ich war froh, dass ich am Projekt der autofreien Stadt mitwirken dufte. Es geht mir nicht um das autofreie, sondern um die Qualitäten, die es dort gibt, wo man sagt, das Dach oben, Freiräume, Sauna oben, Garten davor, Kinderhaus am Dach blick, also genau das, was man sucht, wenn man am Abend grillen kann, wo es mit dem Ausblick schön ist, das, was man im Garten sucht. (GRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Der Kenesei macht das!)

 

Was ich damit sagen will, das zentrale Problem der Stadtentwicklung aller Städte und auch von Wien ist die Stadtflucht. Jetzt spare ich mir die finanziellen Aspekte dessen. Sie wissen, Herr Kollege Hufnagl, aus dem Finanzausgleich, jede Person, die wir verlieren, sind pro Jahr rund 2 000 EUR minus aus dem Finanzausgleich. Das könnten wir für die Qualitäten, die gesucht werden, investieren.

 

Ich bringe selten individuelle Beispiele aus meiner eigenen Familie. Schlaganfall, kann gerade wieder gehen, wohnt innerstädtisch, ist mobil, geht mühsam, aber doch, allein ins Kino, weil noch vorhanden, kann ins Kaffeehaus gehen, kann einkaufen gehen, kann zu Mittag in ein Restaurant gehen. Diese Person aus meinem persönlichen Bekanntenkreis ist voll aktiv und lebt eigenständig im urbanen Raum. Diese Person in einem Einfamilienhaus am Rande der Stadt ist ein Pflegefall. So viel zum Thema Mobilität, so viel zur Chance der Stadt in einer alternden Gesellschaft, wo diese Ereignisvielfalt im Urbanen eine Chance für ältere Menschen gibt, wo man auch einmal darüber diskutieren könnte – ich gebe zu, das ist nicht dieses Ressort –, dass Mobilität zum Beispiel heißt, dass es in einem bestimmten Zeitraum vor allem im Altbestand einen Lift gibt, bevor wir über die 96. Straße diskutieren. Viele können eben nicht vier Stockwerke hinunter- oder hinaufgehen. Was die Frau Kollegin Vassilakou als barrierefrei im Jahr der Behinderten so wichtig herträgt, sollten wir, glaube ich, auch aus dem Aspekt diskutieren, den die Frau Kollegin Cordon genannt hat. Nehmen wir einmal ordentlich Geld in die Hand und schaffen eine volle Mobilität in der Stadt, damit jemand, der im vierten, dritten oder ersten Stock lebt, mühsam aber doch auf die Straße gehen kann! Das ist ein unglaubliches Gefühl. Sie kennen das alle aus Ihrer Bekanntschaft und Verwandtschaft, was das ist, sich eigenständig bewegen zu können oder sich nicht eigenständig bewegen zu können.

 

Kurze Anmerkung dazu: Straßenbahn super, man kann sie höchstens vom Preis her kritisieren, die Sache mit dem ULF. Wie lange gibt es noch jene Garnituren, die wir alle kennen, die ziemlich hohe Stufen haben? Schauen Sie, wie mühsam es ist, dort hinaufzugehen! Wir haben das auch im Rahmen des Planungsausschusses diskutiert. Für das Jahr 2015 ist die Endstufe des Austausches vorgesehen. Das ist ein sehr langer Zeitraum für Leute. Auch da sollten wir diskutieren, was Mobilität in dieser Stadt bedeutet.

 

Jetzt werde ich bewusst am Abend und nicht in einer Pressekonferenz – man soll eine Pressekonferenz machen, aber auch eine abendliche Diskussion soll eine interessante sein – ein Instrument diskutieren, von dem ich glaube, dass wir es ernsthaft ins Auge fassen sollten. Vielleicht finde ich da in der Kollegin Rothauer von der Wirtschaftskammer und in anderen Verbündete. Ich sage das bewusst, weil die in der Vergangenheit waren hier Vertreter, wo man den Straßenbau braucht. Mit Interesse merke ich jetzt vehemente Auseinandersetzungen und Kritik der Wirtschaftskammer gegen die großen Einkaufszentren. Das ist ein verheerende Entwicklung, wo wir – ein "Lausepelz" ist eine Verniedlichung – solche Entwicklungen einleiten, die irreversibel ist.

 

Schauen wir uns nicht an, wo etwas in den letzten Jahren gebaut wurde, sondern schauen wir uns die Pläne an! Schauen wir uns die Pläne an, was in Österreich, vor allem im Großraum Wien, in den nächsten Jahren an weiteren Großeinkaufszentren geplant ist, wissend, welche Konsequenzen das hat! Ich sage immer wieder, wir haben in der Stadt ein großes Einkaufszentrum, das ist die Mariahilfer Straße. 85 Prozent gehen dort mit Öffis oder zu Fuß einkaufen, eine kleine Minderheit – auch okay – kommt mit dem Auto hin. Zur Shopping City Süd kommen 85 Prozent mit dem Auto. Das wird sich nicht ändern lassen. Derartige – jetzt fällt mir kein Eigenschaftswort ein – verheerende Projekte wie dieses Parndorfer Outletcenter und die Dinge, die rundherum eines nach dem anderen aus dem Boden schießen, sind nicht nur ausschließlich auf das Auto konzentriert – Jesus und Maria, es gibt schon wieder einen Stau! –, sondern das sind Stadtgründungen. Ich nenne es einmal so.

 

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