Gemeinderat,
22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 93
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Ich danke,
Herr Bürgermeister. - Die Fragestunde ist damit beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde (AST/05471/2002/0002-KVP/AG).
Der ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien hat eine
Aktuelle Stunde mit dem Thema "Unkoordinierte Spitalspolitik in Wien - ist
Stadträtin Pittermann ihrem Amt gewachsen?" verlangt. Das Verlangen wurde
gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte nun den Erstredner, Herrn GR Dr Hahn, zu
eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit 10 Minuten begrenzt
ist. - Bitte.
GR Dr Johannes Hahn (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Danke, Frau Vorsitzende! - Meine Damen und Herren!
Wir wollen, jedenfalls aus unserer Sicht, in der heutigen
Aktuellen Stunde nicht über inhaltliche Fragen des Wiener Gesundheitswesens
diskutieren, über notwendige Weiterentwicklungen. Das ist sicher spannend und
notwendig, findet aber ohnedies immer wieder statt. Sondern aus gegebenem
Anlass, glaube ich, ist es einmal notwendig, die Frage zu thematisieren, ob in
der Tat Frau StRin Pittermann ihrem Amt als Gesundheitsstadträtin gewachsen ist
und im Stande ist, dieses Amt auszuüben.
Ich glaube, es geht nicht
nur darum, Ärztin zu sein, eine offenkundig auch gute Ärztin zu sein, sondern
dieses Amt erfordert auch die Leidenschaft zu gestalten, zu führen und dann
auch Entscheidungen herbeizuführen, und all diese Voraussetzungen kann ich bei
Ihnen, Frau Stadträtin, nicht erkennen.
Die Konsequenz hingegen ist, und das ist uns ja schon
ein paar Mal aufgefallen, leider Gottes, dass Ihre Mitarbeiter demotiviert
sind, dass die Mitarbeiter in den Spitälern demotiviert, frustriert sind,
irritiert sind und dass das gerade in jüngster Vergangenheit oder in der Gegenwart
sogar noch auf die Patienten und Patientinnen von betroffenen Wiener Spitälern
übergreift. Und das kann ja wohl nicht Sinn und Zweck einer Wiener Gesundheitspolitik
sein, dass man die Menschen dieser Stadt, jedenfalls was die Versorgung im
Spitalsbereich anbelangt, dermaßen verunsichert, wie Sie es tun. (Beifall
bei der ÖVP.)
Es fehlt mir auf Grund der vorgegebenen Zeitspanne
die Zeit, alle Versäumnisse darzustellen, ich möchte mich daher sozusagen nur
auf die, auch wenn das salopp klingt, Top-Flops der jüngsten Vergangenheit beziehen
und das kann man wohl mit den Worten zusammenfassen "Ihr Waterloo heißt
Währing".
Da gibt es nämlich zwei Spitäler - wir sind uns alle
darüber einig -, die sind hoch reputiert, anerkannt, von den PatientInnen
anerkannt und beliebt. Und nachgefragt weit über die Grenzen Wiens hinaus, sie
haben einen Mangel, ein Manko, wofür sie ja nichts können, darüber sind wir uns
ja auch einig. Sie sind mono-disziplinär und es ist nicht mehr state of the
art, dass mono-disziplinäre Krankenhäuser eigentlich bestehen sollten und das
Ziel müsste es sein, dass derartige Spitäler in andere Spitäler mit mehreren
Fächern integriert, eingegliedert werden sollten, wobei ich meine, da bieten
sich in erster Linie Schwerpunktspitäler und nicht zwangsläufig
Standardkrankenhäuser an. Ich muss sagen, Ihr Vorgänger hatte ähnliche Problemstellungen
und hat vorexerziert, dass es geht.
Wir hatten das Maria-Theresien-Schlössel, die Kinderklinik
Glanzing und das Mautner-Markhof'sche Kinderspital, wo es die üblichen Brösel
bei derartigen Beschlussfassungen gegeben hat. Es hat den Aufstand auf der
lokalen Ebene gegeben, es hat die eine oder andere Bürgerinitiative gegeben und
auch die Medien haben sich dieser Frage bemächtigt, aber es ist schlussendlich
gelungen, doch in einer Art und Weise Entscheidungen herbeizuführen, dass alle
damit leben konnten. Ich glaube, diese Entscheidungen haben sich mittlerweile bewährt.
Aber was ist Ihre Strategie, Frau Stadträtin? - Sie
kündigen Dinge an, offensichtlich ohne im Vorfeld mit den Betroffenen ausreichend
gesprochen zu haben. Ich unterstelle Ihnen einen eklatanten Kommunikationsmangel
oder eine Kommunikationsunfähigkeit oder Unwilligkeit, je nachdem. Jedenfalls
ist das Ergebnis immer das Gleiche, es gibt blitzartig einen Megaaufstand.
Beispiel Gersthof: Blitzartig konnten 20 000
Unterschriften gesammelt werden. Es hat sich ein Prominentenkomitee gebildet
und es hat sich auch die "Kronen Zeitung" der Sache bemächtigt - gut,
das kommt öfters vor -, es hat also eine Rundumaufregung mit der Konsequenz
gegeben, dass der Herr Bürgermeister eine Bestandsgarantie für 2006 abgeben
musste. Als Abfallprodukt der ganzen Angelegenheit haben Sie dann noch in der
Semmelweis Klinik einen Scherbenhaufen hinterlassen, weil anders kann ich die
Situation dort nicht beschreiben. Das, was in der Semmelweis Klinik passiert
ist, hat einen Zusammenhang mit den Ereignissen in Gersthof.
Jetzt ist ein bisschen Gras über die Sache gewachsen
- ich meine die Aufregung rund um Gersthof - und dann passiert etwas, das in
Wien öfters vorkommen soll, dass jemand früher in Pension geht, als es das
gesetzlich vorgesehene Pensionsantrittsalter ist. Sie stellen die Sache so dar,
als würde sich hier ein Window of Opportunity auftun, das vielleicht zwei oder
drei Tage existiert und in diesen zwei oder drei Tagen muss eine Entscheidung
getroffen werden.
Frau Stadträtin, wir haben in Wien die Situation erlebt -
ich fürchte, es wird nicht nur in der Vergangenheit so gewesen sein, sondern
möglicherweise auch in der Zukunft so sein -, dass Abteilungsleiter frühzeitig
in Pension gehen und wir bis zu zwei Jahre brauchen, um ihre Posten
nachzubesetzen. Ich sehe die Dringlichkeit nicht, wenn jemand erklärt, aus
gesundheitlichen Gründen in Pension zu gehen, dass man innerhalb von drei Tagen
ein Rad in Kraft setzen und anwerfen muss, wo ich Mitarbeiter von drei
Spitälern verunsichere, wo ich die Öffentlichkeit irritiere, wo ich die
betroffenen Patienten verunsichere und insgesamt eine Stimmung erzeuge, die
außer Frustration und Demotivation nichts anderes zurücklässt. Ich kann in der
ganzen Angelegenheit nicht
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