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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 107 von 122

 

das aus ganz tristen und desolaten Familienverhältnissen kommt.

 

Sozialdemokratisches und politisches Ziel auch dieses Budgets und der Mittel, die dafür in die Hand genommen werden, ist - es ist mir ganz wichtig, das zu erwähnen - die Hilfe zur Selbsthilfe und die Unterstützung für jene, die unsere Unterstützung dringend brauchen.

 

Die Maßnahmen und Angebote in Wien sind ausreichend und vielfältig, und das soziale Netz ist als Querschnittspolitik aus allen Bereichen des Budgets geflochten. Darüber hinaus gibt es aber noch sehr, sehr viele Facetten, die weit über das sozial- und familienpolitische Mindestangebot hinausreichen, und das sind Aktivitäten, die das Leben in Wien einfach lebenswert und auch liebenswert machen - über das notwendige Maß hinaus.

 

Das Sozialbudget ist deswegen auch so wichtig, weil es vielen Menschen in unserer Stadt Wien hilft, ein normales, ein gutes Leben führen zu können, auch wenn sie auf Grund von Versäumnissen und Fehlern der Bundespolitik in eine Armutsfalle tappen könnten.

 

Wien bezahlt daher doppelt - und das wissen Sie als Budgetexperte genauso gut wie wir -: Auf der einen Seite zahlen wir für den Stabilitätspakt, auf der anderen Seite machen wir keine neuen Schulden. Wir haben ein absolut sparsames Budget. Es wird jeder Euro in jedem Ressort zweimal umgedreht, bevor wir ihn ausgeben, weil wir uns bewusst sind, dass wir die Steuereinnahmen von der Bevölkerung nur geliehen bekommen, um sie solidarisch auf andere Zielgruppen aufteilen zu können.

 

Wenn daher zum Beispiel die Leistungen des AMS zurückgeschraubt werden, dann muss die Stadt Wien mit der Sozialhilfe einspringen und auch in diesem Bereich vermehrt ausgeben, wie das Budget auch zeigt.

 

Zum Beispiel bei der Supermarktkassierin Gerda, die eben vorher so wenig verdient hat, dass sie dann nach der Arbeitslosigkeit einen höheren Richtsatz durch die Sozialhilfe braucht. Deswegen treten wir auch dafür ein, dass es keine Tausenden McJobs geben soll, sondern dass jeder von seiner Arbeit auch wirklich leben und sich eine eigenständige Altersversorgung aufbauen können soll, dass er nicht irgendwie von Almosen abhängig ist, sondern ein selbstständiges Leben führen kann - und das besonders bei Frauen. Deswegen habe ich auch die Gerda als Beispiel hier genommen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Kinder - das wissen Sie alle - liegen uns besonders am Herzen. Sie sind eigentlich unser wertvollstes Gut und auch unsere Zukunft. Wenn ich mir also den schwer behinderten Marco anschaue, so kann ich auf ein europaweit herzeigbares Modell verweisen, mit dessen Hilfe schwerstbehinderte, mehrfach behinderte Kinder zum Beispiel in basalen Förderklassen betreut werden. Das heißt, diese Kinder können auch in die Schule gehen und dennoch - das ist der große Vorteil - zu Hause bei ihren Familien leben oder auch bei ihren allein erziehenden Müttern, die es dadurch schaffen, ihr Kind eben nicht in ein Heim geben zu müssen.

 

Die 2-jährige Jennifer, von der ich gesprochen habe, lebt bei engagierten Pflegeeltern und hat dort ein schönes zu Hause gefunden. Auch der Kontakt zur leiblichen Mutter und zum leiblichen Vater wird professionell gefördert und aufrechterhalten. Das Wohl des Kindes ist dabei der entscheidende Faktor. Nächstes Jahr - das können Sie aus dem Budget herauslesen - können sich die Pflegeeltern auch anstellen lassen, wodurch deren sozialrechtliche Eigenständigkeit gesichert ist.

 

An dieser Stelle möchte ich noch einmal an Sie appellieren und Sie ersuchen, es auch in Ihrem Umfeld weiterzusagen: Wien sucht nach wie vor gute Pflegeeltern, und wenn Sie jemanden kennen, der sich dafür interessiert, der möge sich bitte bei der MAG ELF melden.

 

Die Alleinerzieherin Petra weiß das Wiener Angebot in der Kinderbetreuung besonders zu schätzen und vergleicht es mit der Situation ihrer Schwester aus Niederösterreich. Drei Viertel der Kinderkrippenplätze befinden sich in Wien, flächendeckende ganztägige Vollversorgung für die Drei- bis Sechsjährigen findet Frau nur in Wien.

 

Dahinter steckt - und Sie wissen es alle - der frauen- und familienpolitische Grundsatz der Sozialdemokratie, Familie und Beruf so gut wie möglich, bestmöglich unter einen Hut zu bringen und die Kinder dabei optimal zu fördern und qualitativ hochwertig zu betreuen, und zwar gilt dieser Grundsatz für die Väter und die Mütter. Der Status der Tagesmütter und Tagesväter wird übrigens nächstes Jahr auch völlig neu strukturiert. Durch Leistungsrücknahmen des AMS muss die Stadt Wien wieder einspringen und tut es in diesem Fall auch gerne, indem die Tagesmütter und Tagesväter 40 Stunden angestellt werden und sich mehrere Kinder auch einen Platz teilen können.

 

Wiener Kinderbetreuung heißt auch, Herr Budgetexperte RUDOLPH, Gratiskindergartenplatz ganztags bei einem Nettoeinkommen bis 1 000 EUR. Drei viertel der Eltern zahlen einen sozial gestaffelten Beitrag. Es gibt 208 Integrationsgruppen und ab Jänner - und das wird die Grünen sehr freuen, weil es ja ein gemeinsames Projekt ist - gibt es einen Anteil von 40 Prozent an biologischen Lebensmitteln bei Kindertagesheimessen - und das Ganze ohne Preiserhöhung.

 

Der wohnungslose Günther kommt ursprünglich aus Gänserndorf, kommt aber deswegen nach Wien, weil Wien dafür bekannt ist, dass wir niemanden im Regen stehen lassen, und die Obdachlosen, die Sie angeschnitten haben, finden offenbar in Wien die bestmöglichen Rahmenbedingungen, um wieder auf die Beine zu kommen, verglichen mit anderen Bundesländern.

 

Sie wissen auch ganz genau, dass wir ein einheitliches Sozialhilfegesetz schon lange fordern. Herr Minister Haupt hat es vor einem Jahr angekündigt, aber außer heißer Luft ist nichts dabei herausgekommen. An dieser Stelle möchte ich daher noch einmal an den nächsten Sozialminister oder die nächste Sozialministerin appellieren und einfordern, dass es endlich ein bundeseinheitliches Sozialhilfegesetz geben soll, damit Wien nicht nur immer Vorreiter ist und zum Herzeigen, denn wir zahlen dafür auch doppelt und dreifach. (Beifall bei der SPÖ.)

 

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