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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 122

 

Mit "sozial" können wir alle etwas anfangen, für uns Sozialdemokraten ist es sogar ein Grundwert, aber dass die Preisbildung auf den Märkten der Hintergrund unseres Wirtschaftsgefüges ist, das ist im modernen Berufs- und Arbeitsleben längst aus dem Blickpunkt der Aufmerksamkeit verschwunden.

 

Tatsächlich spiegelt sich auf den Märkten so deutlich wie nirgendwo anders das Spiel von Angebot und Nachfrage wider. Fällt also die Ernte schlecht aus, kosten die Äpfel eben mehr. Die Konsumenten sind entweder bereit, diesen Preis für die Äpfel zu bezahlen oder sie weichen auf andere Produkte aus, bis der Preis wieder sinkt. Dieses Grundprinzip des marktwirtschaftlichen Handelns tritt nirgendwo so klar hervor wie auf den Märkten.

 

Die Wiener Märkte sind aber mehr als ein Beispiel für Marktwirtschaft. Wien ist stolz auf seine Märkte. Unsere 21 Wiener Märkte stehen für Frische, Vielfalt, Qualität und kompetente Beratung vor Ort. Aber auch der eigene Charme der Wiener Märkte macht sie so einzigartig. Jeder einzelne Markt hat seine eigene Ausstrahlung, seine eigene Seele.

 

Ein Marktbesuch ist ein Ausflug in eine andere Welt. Auch deshalb fördert die Stadt Wien ihre Märkte in einem hohen Ausmaß. Mit einer Marketingkampagne haben wir die Qualität und das Angebot der Märkte thematisiert. Auf acht Wiener Märkten werden Konsumententage abgehalten. Eine eigene Homepage im Internet wurde ebenso eingerichtet wie eine Hotline für dringende Fragen. Diese Aktivitäten ergänzen den Marktbesuch. Sie werden ihn aber niemals ersetzen, denn der Marktbesuch ist ein Gesamterlebnis. Hier geht es nicht um Shopping und Preisvergleich, sondern um Lebensgefühl.

 

Wir dürfen aber auch die wirtschaftliche Dimension der Märkte nicht vergessen. Einerseits als Nahversorger, die stets frische Waren anbieten, und andererseits als Wirtschaftsfaktor. Immerhin arbeiten etwa 4 000 Menschen in den ungefähr 1 100 Familienbetrieben auf Wiens Märkten. Insgesamt beträgt die Gesamtfläche der Wiener Märkte 128 000 Quadratmeter. Der Immobilienwert, den das Marktamt verwaltet, liegt bei 180 Millionen EUR. Das Marktbudget inklusive Großmarkt Inzersdorf liegt bei jährlich 20,5 Millionen EUR.

 

"Tu' Gutes und rede darüber" - diese Devise gilt auch für die Wiener Märkte. Sie wurden im letzten Jahr durch werbliche Maßnahmen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Unter dem Slogan "Einkaufen mit Charakter - Ihre Wiener Märkte" wurden die Wienerinnen und Wiener umfassend informiert, unter anderem durch Citylight, Infoscreen und Homepage der Wiener Märkte.

 

Eine wichtige Funktion übt natürlich das Marktamt aus. Ohne die Tätigkeit der Kolleginnen und Kollegen hätten die Kunden nicht die Gewissheit, hygienisch einwandfreie Ware zu bekommen. So wie der Markt als Wirtschaftssystem brauchen auch die Wiener Märkte eine gewisse Ordnung, damit sowohl Auswahl als auch die Zufriedenheit der Kunden gewährleistet ist.

 

Die Wiener Märkte erfüllen aber auch umweltrelevante Vorgaben. Auf 14 Märkten finden auch Bauernmärkte statt, auf denen man vorwiegend Saisongemüse, Fleisch und Wurstwaren sowie Eier erhält. Dadurch werden umweltbelastende Transporte aus anderen Kontinenten und Ländern eingespart. Darüber hinaus kann man die meisten Waren auf Märkten offen kaufen. Verpackungen dagegen benötigen Energie bei der Erzeugung und müssen wieder auf Kosten der Umwelt entsorgt werden.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch auf ein Thema hinweisen, das unmittelbar mit den Märkten zu tun hat. Die Bundesregierung hat durch ihre Zuwanderungsgesetze nicht nur den Pflegebereich in Wien in große Schwierigkeiten gebracht, sondern auch die Wiener Märkte stehen dadurch mittelfristig vor Problemen. Die äußerst strengen Bestimmungen sehen unter anderem ein Mindesteinkommen vor, das in diesen Bereichen nur von einer Minderheit erreicht werden kann. Das führt bereits jetzt im Pflegebereich zu Engpässen und in Zukunft auch bei den Wiener Märkten.

 

Das ist eine absichtlich von der Bundesregierung herbeigeführte Entwicklung, die wir ablehnen, weil es die Nahversorgung der Wienerinnen und Wiener betrifft. Trotz dieser unangenehmen Entwicklung werden sich die Wiener Märkte mit Unterstützung der Stadt Wien den neuen Herausforderungen erfolgreich stellen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Integrationsvertrag der schwarz-blauen Regierung tritt in einem Monat in Kraft. Er ist eine Scharfmacherei gegen ausländische Mitbürger. Wer die Deutschprüfung nicht schafft, wird abgeschoben. Auch wer kein Geld für diese Deutschprüfung auftreiben kann. Die Botschaft heißt klar und deutlich: Wir wollen euch nicht. Das ist nichts anderes als staatlich verordnete Fremdenfeindlichkeit.

 

Wir Sozialdemokraten finden diese Politik verachtenswert. Wer wirklich Integration will, setzt ganz andere Maßnahmen. Wir tun das in Wien seit vielen Jahren und der Erfolg gibt uns Recht. Jeder Besucher aus einer anderen Millionenstadt sieht sofort den Unterschied: In Wien gibt es weder Slums noch Gettos wie in anderen Millionenstädten. Rassenkrawalle und ethnische Spannungen, wie wir sie von Fernsehbildern kennen, sind hier unbekannt.

 

Das kommt nicht von ungefähr, sondern das ist Ergebnis gezielter breit gefächerter Maßnahmen der Stadt, die in alle Lebensbereichen reichen und - das darf man nicht vergessen - es ist das Ergebnis des Integrationswillens der Betroffenen.

 

Im gleichen Stil wurde auch die so genannte Saisoniers-Regelung beschlossen. Hier haben sich ausschließlich wirtschaftsorientierte Interessen durchgesetzt. Die zigtausend Betroffenen selbst gelten hier nur als rechtlose Arbeitskräfte. Die ÖVP hat damit ein groß angelegtes Programm umgesetzt, um billige Arbeitskräfte ins Land zu holen.

 

Das Saisonier-Modell bringt Nachteile für jene, die zu unfairen Bedingungen ins Land kommen und Nachteile für heimische Arbeitnehmer und auch für jene, die schon länger in Österreich leben.

 

So schaut die christlich-soziale Politik der ÖVP in Wirklichkeit aus: Menschen zu rechtlosem Verschubmaterial zu machen! (Aufregung bei der ÖVP.)

 

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