Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 122
Ich erteile es ihr.
GRin Dr
Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Kollegen und
Kolleginnen!
Der
Wirtschaftsplan 2003 liegt vor und er stellt uns nicht zufrieden. Der
Wirtschaftsplan für das Unternehmen Krankenanstaltenverbund lässt nämlich sehr
viele Fragen ungelöst und schlägt keine strukturellen Veränderungen vor, wo sie
notwendig wären.
Ich möchte
Ihnen das jetzt an zwei konkreten Beispielen verdeutlichen. Ich nehme die zwei
Häuser des Krankenanstaltenverbunds heraus, die die teuersten sind, das
Allgemeine Krankenhaus und die Semmelweis-Frauenklinik.
Fangen wir
einmal beim Allgemeinen Krankenhaus an: Das Allgemeine Krankenhaus ist mit
Recht hoch geschätzt und sehr anerkannt für die Spitzenleistungen in der
Medizin, die dort erbracht werden. Wir Grüne
schätzen es auch in dieser Rolle, aber es ist mit großem Abstand das teuerste
Haus im Krankenanstaltenverbund und es saugt Geld von den anderen
Krankenhäusern und Pflegeheimen ab, die dieses auch dringend brauchen würden.
Das AKH
hat 2 100 Betten und hat als Ergebnis aus der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit im Wirtschaftsplan einen Verlust von
9 273 000 EUR ausgewiesen. Dieser Verlust errechnet sich aus all
den Einnahmen, aus Land, Bund und Sozialversicherung. Das ist das, was
sozusagen aus den Rücklagen finanziert werden muss. Man muss wissen, wenn man
sich diese Summe anschaut, dass dieser Betrag fast das Doppelte von dem Betrag
ist, den die anderen Häuser im Krankenanstaltenverbund zusammen, meine sehr
verehrten Damen und Herren, an Verlust erwirtschaften, und die anderen haben
immerhin 12 500 Betten! Das ist keine Kleinigkeit! Wir können nun
natürlich sagen, das ist die Spitzenmedizin wert, das müssen wir dafür
ausgeben, weil das Allgemeine Krankenhaus eine Rolle hat, die über die enge
Grenze Wiens hinausgeht, das ist anzuerkennen, das ist notwendig. Als
Zentralkrankenhaus für die ganze Region hat es auch eine große Aufgabe.
Trotzdem entsteht dieser Verlust nicht nur aus dieser großen Aufgabe, sondern
auch aus einer Reihe ungelöster Strukturprobleme, für deren Lösung längst schon
politische Vorschläge gemacht werden und Lösungen seitens der zuständigen
Stadträtin angedacht werden sollten. Leider ist das nicht der Fall. Es ist zum
Beispiel das Faktum zu nennen, dass das AKH Routineaufgaben erfüllt, wo es für
Spitzenmedizin ausgestattet und finanziert ist. Es ist nicht so, dass jeder
Blinddarm, jede Mandelentzündung auch im AKH zu höheren Kosten operiert werden
soll, wenn eine Leistung genauso gut in den anderen Häusern erbracht werden
könnte.
Der
Umstand, dass es für das Allgemeine Krankenhaus eine geteilte Zuständigkeit
zwischen der Tatsache, dass es eine Universitätsklinik und damit in
Bundeszuständigkeit ist, aber auch ein Krankenhaus der Gemeinde Wien darstellt,
gibt, ergibt in der Umsetzung der Entscheidungen Reibungsverluste, die uns
teuer zu stehen kommen und die die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen nicht
tragen sollten. Es wäre dringend an der Zeit, die Führung des AKH in eine Hand
zusammenzulegen.
Wenn man
jetzt sieht, welche Aufgaben auf das AKH zukommen, dann hat Herr Dior Krepler
das im letzten Gesundheitsausschuss auch schon gut benannt, was es zum Beispiel
heißt, das medizinische Curriculum in der Ausbildung der Ärzte und Ärztinnen,
wie es jetzt ansteht, umzusetzen, nämlich Bedside-Teaching zu machen, was wir
für sehr vernünftig, für gut halten, wenn die Ärzte nicht
akademisch-theoretisch ausgebildet werden, sondern am Krankenbett bei den
Patienten und Patientinnen. Aber die dazu notwendige Infrastruktur ist noch
ausständig, ist nicht geschaffen und wird etwas kosten. Zuwendung zu den
Patienten und Patientinnen wird etwas kosten und Aufmerksamkeit zur Ausbildung
der auszubildenden Ärzte wird etwas kosten.
Ein
weiteres Strukturproblem, das sich im AKH ergibt, ist schlicht und einfach die
Tatsache, die alle wissen, die aber seit Jahren nicht in Angriff genommen wird,
nämlich - wie auch der ärztliche Dior Dr Krepler lapidar feststellt - im AKH
gibt es Ärzte, die sich - wie er nobel ausdrückt - aus dem Hauptstrom der
Arbeit heraushalten. Das ist eine höchst freundliche Formulierung für die
Tatsache, dass die Herren und Damen Oberärzte und Professoren auch ihre eigenen
Ordinationen betreuen, die ebenso gut betreut werden sollen. Damit stehen sie
schlicht und einfach nur zeitlich eingeschränkt für ihre Aufgabe im AKH zur
Verfügung. Dass das sehr lukrativ sein kann, beweist die Tatsache, dass es
immer noch Ärzte gibt, die im AKH Oberärzte oder Professoren sind und
gleichzeitig eine Privatordination mit einem Kassenvertrag der Wiener
Gebietskrankenkasse haben. Das ist so gut wie eine doppelte Pragmatisierung.
Die Frage, ob wir uns das leisten können und angesichts dieser Defizite leisten
sollen, muss zu stellen sein und politisch angegangen werden. Das steht aber
aus. Dazu fehlen offensichtlich der Wille und die politische
Entscheidungskraft.
Es gibt im
AKH gleichzeitig Überversorgung und Unterversorgung. Das zu wissen und zu
sehen, bedarf einer Handlung. Wer je in den Feldern, die sehr nachgefragt sind,
in den Ambulanzen, gesessen ist, weiß, wovon ich spreche. Ich rede jetzt nicht
von den Gebühren, sondern schlicht von dem Faktum, dass auf der Orthopädie die
Menschen warten. Oft haben sie Kreuzleiden und sitzen schlecht, aber sie warten
einfach stundenlang, weil der Bedarf so groß ist. Das heißt, dass die Klinik
gebraucht wird. Sie sollte in der nötigen Weise ausgestattet sein und es soll
nicht so sein, dass Ärzte und Ärztinnen - ohne ihre Namen zu nennen oder die
mich ersuchen, ihre Namen nicht zu nennen - mir dann sagen, Operationen, die
teuer sind und die heuer zeitlich eigentlich zu machen sind, müssen auf das
kommende Jahr verschoben werden. Den Patienten gibt man den Grund, der
tatsächlich dahinter steckt, nicht an. Die Begründung: Es ist im heurigen Jahr
kein Geld für diese teure Operation zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen, das
kann doch nicht sein, dass wir in Wien
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