Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 122
Aufrechnung darstellen!
Ich möchte jetzt zu jener Beilage kommen, die sich
auf die Überprüfung von Gebühren und tarifmäßigen Entgelten durch den
Gemeinderat bezieht. Wenn man sich diese Beilage anschaut, dann kann man sehen,
dass darin viele Positionen enthalten sind, große Brocken, wie zum Beispiel die
Müllgebühren mit zirka 2 Millionen EUR, auf der anderen Seite aber auch
kleine Gebührengruppen. Es ist jedoch, glaube ich, wesentlich interessanter,
eine zweite Unterscheidung vorzunehmen, nämlich jene Gebühren und Abgaben, die
kostendeckend oder mehr als kostendeckend angesetzt sind. Das ist eine sehr
wesentliche Gruppe. Hier handelt es sich vor allem um die Gruppe von Wasser-,
Abwasser- und Müllgebühren. Das ist eine Gruppe, die rund gerechnet
500 Millionen EUR ausmacht. Es gibt da natürlich eine Menge von Abgaben
und Gebühren, die eine Unterdeckung haben, die aus den verschiedensten Gründen
berechtigt, aber auch hinterfragbar ist. Das sollte man sich anschauen. Es
heißt sozusagen "Überprüfung" und "Überprüfung" würde
Diskussion bedeuten, was man mit diesen Dingen macht.
Ich darf zuerst zu dem Gebiet kommen, wo es eine 100-prozentige
Deckung oder eine Überdeckung gibt. Das sind vor allem jene Gebühren, meine
Damen und Herren, die ein Dritter einhebt, gar nicht die Gemeinde selbst, die
vor allem über die Betriebskosten der Wohnungsmieter und Betriebskosten der
Wirtschaft eingehoben werden, eben Wasser, Abwasser, Müll. Das wird dem Bürger
ganz einfach - in kleinen Dosen, hätte ich bald gesagt - jedes Monat im Zuge
der gesamten Betriebskosten vorgeschrieben, fällt im ersten Moment gar nicht so
auf und wird manchmal beim Bürger sogar unter dem Oberbegriff "Miete"
verstanden. Dadurch spürt man diese Gebührenerhöhung nicht so. Dort werden von
der Gemeinde ganz einfach, wenn es sich nicht ausgeht, die Gebühren erhöht. Wie
gesagt, am 1. Juli hatten wir bereits eine massive Erhöhung. Beim Wasser
ist es schon seit längerer Zeit so, dass es eine Überdeckung von
14 Prozent oder umgerechnet über 18 Milliarden S gibt. Dort geht
man vor, es tut im ersten Moment nicht weh, es sieht nicht die Gemeinde selbst,
sondern man kann es über einen anderen Weg einfach einheben beziehungsweise
verschleiern.
Wie schaut es aber bei jenen Gebühren aus, meine
Damen und Herren, wo es eklatante Unterdeckung gibt? - Da gibt es ein Beispiel,
dass in den letzten Jahren - ich habe mir nur drei Jahre angesehen - die
Unterdeckung immer größer wird. Die größte Position, meine Damen und Herren,
sind die Wiener Bäder. Bei den Wiener Bädern haben wir derzeit nur mehr
11 Prozent Deckung und einen Abgang von 63 Millionen EUR. (GR Dipl
Ing Martin Margulies: Wollen Sie jetzt die Bäder zusperren?) Wie ist das zu
Stande gekommen? - Indem die Einnahmen ziemlich gleich geblieben sind, aber die
Ausgaben wesentlich erhöht worden sind, aber nicht die Ausgaben bei den
zukunftsweisenden Investitionen, bei den neuen, versprochenen Investitionen,
damit sich das einmal bessert, was in einem Bäderkonzept vorgelegt worden ist,
das eine sehr lange Entwicklungsgeschichte gehabt hat, aber jetzt anscheinend
nicht umgesetzt wird, weil Sie im Prinzip die Personalkosten gegenüber den anderen
Personalkosten überdurchschnittlich erhöht haben und umgekehrt die Investitionskosten
in diesen Bereichen sogar gesunken sind. Damit geht die Schere auf und wir
haben nur mehr eine Kostendeckung von 11 Prozent und, wie gesagt, einen
Abgang von 63 Millionen EUR.
Nachdem ich in der heutigen Zeit, meine Damen und
Herren, das nicht in Schillinge umrechnen will, möchte ich Ihnen dazu zwei
andere Vergleichszahlen geben. Zynischerweise könnte man sagen, es muss ein enormes
Vergnügen sein, in den Wiener Bädern zu sein, weil das Gesamtaufkommen der Vergnügungssteuer
nicht einmal den Abgang der Wiener Bäder deckt. Das geht sich gar nicht aus,
weil das 48 Millionen EUR zu 63 Millionen EUR sind.
Was einen Unternehmer in Wien besonders schmerzt,
meine Damen und Herren, ist, dass es in Wien seit zirka 20 bis 25 Jahren
eine Steuer gibt, die nur die Wiener Unternehmer bezahlen, die unter anderem
ein kleiner Mosaikstein ist, dass die Wiener Unternehmer nicht so
konkurrenzfähig wie ihre umliegenden Gemeinden sind. Diese Steuer nennt sich U-Bahn-Steuer
und bringt 21 Millionen EUR. Das heißt, wir müssen dreimal, meine Damen
und Herren, U-Bahn-Steuer zahlen, um alleine das Defizit der Wiener Bäder
abdecken zu können. Was könnte man damit an Infrastruktur bauen! Was könnte man
damit anfangen, wenn sich da etwas ändern würde!
Meine Damen und Herren, ich würde mich freuen, wenn
der Titel dieser Beilage - Überprüfung, Diskussion - wirklich so ernst genommen
wird, dass es hier einmal zu einer Trendwende kommt. (Beifall bei der ÖVP.)
Ein weiteres Beispiel ... (GR Dipl Ing Martin Margulies:
Was wollen Sie mit den Bädern? Einnahmenerhöhung? - Zwischenruf der GRin
Martina Malyar.) Keine Einnahmenerhöhung, man kann sie aber wahrscheinlich
auch wirtschaftlicher führen, weil ... (GR Dipl Ing Martin Margulies: Bäder
zusperren?) Nein, vom Bäderzusperren ist keine Rede, Herr GR Margulies, das
ist überhaupt nicht der Fall. Aber man kann sicherlich auch nachsehen, wie es
die Privatwirtschaft macht, und andere Nutzungen durchführen beziehungsweise
Zusatzangebote machen. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Das heißt, Sie machen
teurere Tarife! Also wollen Sie Einnahmenerhöhung!) Das ist nicht wahr.
Nein, das ist nicht wahr, Herr Gemeinderat! (GRin Martina Malyar: Das
Privatbad ist teurer als das Gemeindebad!)
Lassen Sie mich zum nächsten Kapitel kommen, das mir
besonders als Händler am Herzen liegt. Es betrifft die Wiener Märkte und das
Fleischzentrum St. Marx. Auch hier, meine Damen und Herren, hat sich die
Lage leider sehr, sehr verschlechtert! Die Marktgebühren wurden vor vielen
Jahren, nämlich Gott sei Dank zum letzten Mal 1997, eklatant erhöht. Aber was
passiert mit dieser Erhöhung? - Trotzdem sinken die Einnahmen, meine Damen und
Herren! Und was ist der Grund dafür, dass es trotz Gebührenerhöhung zu einer
Einnahmensenkung
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