Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 122
Zu diesen neuen Beschäftigungsverhältnissen, die explosionsartig
zunehmen, für die sich keine Gewerkschaft zuständig fühlt und wo es eine große
schwierige Aufgabe wäre, für die es keine leichten Antworten gibt,
klarzustellen: Wie schaut hier ein reformierter Sozialstaat aus, den wir mit
Grundsicherung bezeichnet haben? Was heißt das? Ist uns das ausreichend klar
geworden? - Ich glaube, das ist uns nicht entsprechend klar geworden.
Und dann, und das muss ich jetzt sagen, bevor ich
über den Stil zu reden komme: Haben wir klar gezeichnet, vor allem dort, wo wir
weniger gut organisiert sind, wie hier in Wien, was eine grüne Gestaltung ist?
Oder nennen wir es auch beim Namen: Was eine rot-grüne Geschichte ist? - Es gab
eine einzige Partei, die klar gezeichnet hat, was Rot-Grün heißt - man soll das
durchaus lernen -: Das war die ÖVP. Die ÖVP hat klar gezeichnet: Was heißt
Rot-Grün?
Haben wir gezeichnet, was Rot-Grün heißt? Wir haben
es in Ansatzpunkten versucht. Es ist uns offensichtlich nicht in dem Ausmaß
gelungen. Was hat die SPÖ dazu getan? - Ja, wir fressen auch die greane Krot.
Was ist bei den Leuten hängen geblieben? - Und jetzt
komme ich zu dem, und darüber sollten wir nachdenken, wie ich glaube,
Pyrrhussieg. Was hat sich erstmals fundamental durchgesetzt? - Das sage ich
jetzt ohne Empfindlichkeit. Politik ist ein brutales Geschäft. Das weiß ich und
das ist so. Das war der erste Wahlkampf, der primär mit bewussten Lügen geführt
wurde.
Sie wissen, meine Damen und Herren von der ÖVP, dass
Grün nicht den Benzinpreis verx-fachen will. Dass Heroin ... (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Ich sage es bewusst, die sensible Geschichte. Ja, der
Wahlkampf ist vorbei. (Zwischenruf des GR Kurth-Bodo Blind.) Herr Blind,
Sie spare ich mir jetzt.
Die schwierige Frage des Umgangs mit Drogen. Wenn ein
Schüssel in einer Fernsehdiskussion sagt, wie viel Drogentote es gibt, 40
Drogentote rund um Cannabis, dann weiß er, dass das falsch ist. Und ich nenne
das jetzt: Das sind Lügen!
Sie waren erfolgreich, und insofern kann man sagen,
in der Politik zählt nur der Erfolg. Diese Wahl hat Österreich insofern
verändert, dass jede Partei jetzt - wir werden die Ersten sein - primär auch
einmal darauf schauen wird, wie man im amerikanischen Stil mit einer großen
Kampagne die anderen schwerst negativ attackiert. Das hat die Republik
verändert.
Und jetzt nenne ich den Herrn Marboe ganz persönlich.
Ich habe ihn angerufen sogar. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Nein, ich habe
nicht begonnen. (GR Gerhard Pfeiffer: Nur die anderen sind schuld!)
Nein, es sind nicht die anderen schuld. Nein, nein. - Okay.
Es wurden
von allen Parteien - ich nehme nur eine einzige Symbolik her -Plakate zerstört
oder übermalt, nicht zerstört. Plötzlich lese ich eine APA-Ausgabe drei Tage
vor der Wahl. Der Landesgeschäftsführer der ÖVP, dessen Namen mir jetzt nicht
einfällt, und der Herr Marboe bitten zu einer Pressekonferenz: "Rote und
grüne Funktionäre zerstören ÖVP-Plakatständer mit einem Überkleber 'Rot-grüne
Verzweiflungstat'!" Ohne jedes Indiz, dass daneben grüne und rote und
blaue Plakatständer überklebt und sonst was werden.
Ich habe ihn angerufen. Er hat es nicht gewusst. Überklebt
wurde es trotzdem. - Das sind keine Kleinigkeiten.
Die Grünen
wurden als Heroindealer bezeichnet. Man kann darüber lachen. In Wien lacht man
über die Zwangsvegetarier. Also, die Viehzucht wollen wir verbieten.
Ich bin fassungslos! Ich gestehe zu, wir waren zu
vornehm und wir haben daraus gelernt. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ja, Sie
lachen. Ist okay. Wir bemühen uns, daraus zu lernen.
Und jetzt kommen dieselben daher und sagen: Ja,
sollten wir nicht doch lieber Schwarz-Grün machen?
Also, erstens soll man sich überlegen, welchen Stil
man in einem Wahlkampf führt. Und ich lehne es ab, dass es ausgerechnet die
Partei war, die auf Benehmen und Bürgerlichkeit Wert legt, und da weiß ich,
worüber ich rede. Das sollte uns zu denken geben.
Zweitens, und das möchte ich Ihnen schon noch ganz
kurz erklären und auch der Öffentlichkeit erklären, gerade weil wir viele Mails
und viele auch von Wählerinnen und Wählern - nicht viele, manche - bekommen,
den Satz, der mir fundamental ist: In den Eckpunkten der Politik ist Schwarz
und Grün aber so was von auseinander!
Ich beginne jetzt einmal nicht mit den Abfangjägern,
die eh klar sind. Ich beginne zum Beispiel mit der Haltung in der Familien-, in
der Frauenpolitik, die so weit auseinander geht (Der Redner streckt beide
Arme aus.), wo in weiten Teilen der ÖVP-dominierten Bundesländer bewusst zu
Mittag die Kindergärten zugesperrt werden, weil es ein Familienbild gibt, dass
die ordentliche Mutter bei ihrem Kind ist.
Wenn wir zum Beispiel einen Wahlkampf geführt haben,
dass es eine flächendeckende Kinderbetreuung geben soll, um Wahlmöglichkeiten
zu haben, dann ist das unter tausend Dingen eine Unverzichtbarkeit.
Ich kann jetzt von den Studiengebühren über wesentliche
politische Bereiche zeigen, dass das nicht zusammengehen kann. (Zwischenruf
bei der ÖVP.) Also, wenn Sie einen potentiellen Wähler fragen, ob ihm
Schwarz-Blau oder Schwarz-Grün lieber ist, verstehe ich viele, die sagen: Da
ist Schwarz-Grün irgendwie sympathischer.
Aber Kernsatz: Eine dieser Parteien müsste um
180 Prozent ihre Politik ändern. Da kann ich nichts über die ÖVP sagen.
Ich kann nur eines über die Grünen
sagen: Meine Damen und Herren! Die Grünen
werden das nicht sein, die ihre Politik ändern und das ändern, weswegen wir im
Wahlkampf gewählt wurden. (Beifall bei den GRÜNEN.) Weil nur um jetzt
den einen oder anderen Ministerposten zu bekommen, nur aus Egoismus, sage ich,
wie sollen wir dann glaubwürdig in eine nächste Wahl gehen? Dass wir die Dinge,
wegen derer wir gewählt werden, vergessen und sagen: Na ja, für die Republik
oder für die ÖVP und damit wir die Blauen verhindern. Das ist nicht primär eine
Stilfrage.
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