Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 122
schluss 2001 war ja alles andere als beruhigend. Ich lasse
es jetzt damit bewenden. Ich denke aber, dass man sich nicht nur aus der Sicht
der Bundespolitik, sondern auch aus der Sicht jeder Gebietskörperschaft mit
diesen Fragen auseinander setzen muss, denn schließlich und endlich sind wir
durch den Stabilitätspakt und den Finanzausgleich aneinandergekettet. Es geht
nicht darum, sozusagen die Rolle einer Opposition auf Bundesebene zu
übernehmen, sondern jede Gebietskörperschaft, jede Gemeinde in Österreich, jede
Stadt, jedes Bundesland ist von diesen Fragen unmittelbar betroffen. Und daher
denke ich, dass wir uns sehr gut und sehr genau mit diesen Fragen der
Auswirkungen auf den österreichischen Stabilitätspakt und der Auswirkungen auf
den Finanzausgleich auseinander setzen werden müssen, in welcher
parteipolitischen Zusammensetzung immer die Bundesregierung hier antreten wird.
Denn die Frage, welche Budgetsituation der Bund vorfindet, ist im gegenwärtigen
Zeitpunkt hinter einer Nebelwand verborgen, und wir können von uns aus dann
wirklich konkret sagen, wie sich die Einnahmenentwicklung darstellen wird. (Zwischenruf
des GR Dr Matthias Tschirf.) Es gibt zwar das Eingeständnis des
Finanzministers und seines Staatssekretärs, dass der Bund heuer und auch im
kommenden Jahr eine Neuverschuldung in Kauf nehmen wird müssen, die über das hinausgeht,
was der Stabilitätspakt erlaubt, das ist bereits angekündigt, wir haben aber
noch keinen Überblick darüber, welche unter Umständen Dramatik sich auf der
Einnahmenseite verbirgt. Daher war es unsere Aufgabe bei der Erstellung unseres
Budgetvoranschlags, die Einnahmensituation möglichst vorsichtig zu budgetieren (Zwischenruf
des GR Dr Matthias Tschirf.), und wir haben im Wesentlichen bei der
Verbesserung unserer Ausgangssituation auch auf die Rücklagen zurückgegriffen,
die wir in den vergangenen Jahren, in besseren Einnahmenzeiten, bilden konnten.
Ich habe bei dieser Pressekonferenz, die der Finanzminister
und sein Staatssekretär Mitte November abgeführt haben, auch entnommen, dass
dort die beiden den Bundesländern pauschal den Vorschlag gemacht haben,
sozusagen vor dem Hintergrund der eigenen Defizitgebarung, die Bundesländer
könnten befreit werden von der vollen Erbringung des Überschusses von
0,75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das ist die Vorgabe des
österreichischen Stabilitätspakts, und sie könnten sich begnügen mit
45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, was eigentlich bedeutet, dass dann
von beiden Seiten, sowohl von Seiten des Bundes als auch von Seiten der Länder,
der Stabilitätspakt abgegraben wird - eine Situation, die eigentlich mehr als
problematisch ist.
Wir haben uns daher nicht auf diese Einladung eingelassen.
Der Voranschlag für 2003 sieht die volle Erfüllung des Stabilitätspakts vor.
Wir werden nach den Kriterien von Maastricht im Voranschlag zunächst einen Überschuss
in der Höhe von 324,77 Millionen EUR darstellen und werden den Rest auf
die volle Summe von 336,9 Millionen EUR im Zuge des Vollzugs während des
Jahres auch darstellen. Also ich denke, dass wir gut beraten sind, aber dass es
auch eine insgesamt, für den gesamten Staat, wichtige Frage ist, dass die Bundeshauptstadt
Wien in ihrem Voranschlag in der Lage ist, den Stabilitätspakt zu erfüllen,
denn von der Überschussgebarung der Länder - das sei noch einmal in Erinnerung
gerufen - liegt der größte Teil bei Wien, und daher ist es für die Frage der
Stabilität, der Budgetgebarung des gesamten Staates entscheidend, ob Wien den
Stabilitätspakt erfüllt oder nicht. Also, das ist die Antwort auf Ihre
Zwischenrufe, warum ich zuerst auf diese Gesamtsituation der Lage, auch der
Finanzsituation des Staates, eingegangen bin. Sie steht in einem unmittelbaren
Zusammenhang. Von den Ertragsanteilen sind wir abhängig und von der Erfüllung
des Stabilitätspakts ist die gesamte Stabilität des österreichischen Staatshaushalts
abhängig. Das ist eine zweifellos entscheidende Frage, die aber möglicherweise
in kleinkrämerische Betrachtungen nicht hineinpasst.
Wir werden - das ist der zweite Punkt, den ich für
sehr wichtig halte - im Voranschlag 2003 auch einen Schuldenabbau vorsehen. Sie
wissen, dass der Rechnungshof zu wiederholten Malen die Fremdmittelgebarung und
die Schuldengebarung der Stadt Wien als exzellent bezeichnet hat, und wir
werden im Jahr 2003, nachdem wir in den vorangegangenen Jahren wegen des
relativ ungünstigen Kursverhältnisses von einer Rückzahlung im Interesse des
österreichischen Steuerzahlers Abstand genommen haben, 435 Millionen EUR
zurückzahlen. Damit wird der Schuldenstand von 1,6 Milliarden EUR
reduziert werden und das bedeutet bei einer jetzigen Pro-Kopf-Verschuldung von
rund 1 300 EUR in Zukunft eine Pro-Kopf-Verschuldung von
1 041 EUR.
Es gibt eine Aufstellung aus dem letzten veröffentlichten
Staatsschuldenbericht, aus dem klar erkennbar ist, dass Wien schon heute bei
der Pro-Kopf-Verschuldung quasi an günstigster, letzter Stelle liegt und andere
Bundesländer eine sehr hohe Verschuldung aufweisen.
Und das Zweite, das unser aber noch wichtiger ist,
weil das ist ja nicht neu, ist der Vergleich mit europäischen Großstädten. Ich
kann auf Grund dieses Vergleichs sagen, dass Wien bei der Pro-Kopf-Verschuldung
zu den Städten gehört, zu den Metropolen gehört, die die geringste
Pro-Kopf-Verschuldung aufweisen, wenn nicht überhaupt die niedrigste
Pro-Kopf-Verschuldung.
Und ich möchte nur aus einer letztveröffentlichten
Zahlentabelle (Der Redner zeigt sie vor.) nennen: Berlin
12 963 EUR pro Kopf, Bremen 14 249 EUR pro Kopf, Hamburg
10 438 EUR pro Kopf, und selbst das als Wirtschaftswunderland immer
wieder gepriesene Bayern hat mit 1 575 EUR pro Kopf einen höheren
Schuldenstand, als ihn etwa Wien hat. Ich glaube, dass das schon sehr wichtig
ist, auch im Vergleich zur Situation des Bundes, wo es ja zu einer
Schuldenzunahme gekommen ist in den letzten Jahren, zu einem Schuldenzuwachs,
dass wir nicht nur uns nicht neu verschuldet haben, sondern auch jetzt unseren
Schuldenstand eindeutig und wesentlich abbauen. Das halte ich für einen ganz
wesentlichen Punkt.
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