Gemeinderat,
20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 106
der historischen Klagemauer, blieben dort.
100 Jahre später, einige schicksalshafte Wendungen
weiter und dank eines halbseidenen Geschäftemachers kam ein gewisser Berek
Spiegelglas in Verbindung mit dem Stein, und das ist der Beginn der sehr
fabelhaften, spannenden und auch zutiefst berührenden Geschichte der
"Ewigkeitsgasse", in der es um das Leben oder die Familie dieses
Berek Spiegelglas geht, der mit Fleiß, Optimismus, Hartnäckigkeit und auch
Vertrauen auf seinen sagenumwogenen Stein für das Gemeinwesen kämpft, einen
eigenen Betrieb aufbaut und vom Glück beseelt ist, bis die Nazis an die Macht
kommen und er alles außer seiner Hoffnung und seinem Kampfgeist verliert.
Das ist der Roman von Frederic Morton, der auch sehr
viele dieser Erlebnisse persönlich gehabt hat, der auch ein Wiener ist, als
Fritz Mandelbaum aus Wien flüchten musste, dessen Vater in Dachau war und dessen
Großmutter in Auschwitz getötet wurde. Es ist eine Geschichte vom Schicksal
vieler vertriebener Juden und eine Geschichte aus unserer Stadt. Es ist der
Mittelpunkt der Aktion "Eine Stadt - ein Buch", bei der 100 000
Bücher an SchülerInnen, an Studentinnen und Studenten, an alle Leute im
öffentlichen Raum, in Banken, in Bibliotheken, in Buchhandlungen, in Bäckereien
verschenkt wurden. Ich glaube, das ist ein starkes Zeichen für das Lesen, die
wichtigste Kulturtechnik, über die unsere Kultur verfügt, und es ist natürlich
auch ein Aufmerksam-Machen auf die Inhalte dieses Buches.
Ich glaube, es ist besonders auch deshalb eine gute
Aktion, weil man sich die schönsten und bewegendsten Geschichten nur lesend
aneignen kann. Deshalb ist es, glaube ich, ein gutes Zeichen, so etwas zu
verschenken.
Was die Vorworte betrifft, geht es in der PISA-Studie
nicht nur darum, dass man etwas entziffern kann, sondern dass man auch etwas
versteht und umsetzen kann. Ich bin mir nicht ganz sicher, dass Sie diese Vorworte
auch gelesen haben. Da setzen sich nämlich die drei Vorwortschreibenden mit dem
Text und mit der Geschichte auseinander, in der es um das Schicksal von
Jüdinnen und Juden geht. Ich weiß nicht, ob es besser ist, wenn Politikerinnen
und Politiker in die Berge gehen und jodeln und sonst zur Kulturpolitik wenig
sagen. Ich nehme an, der Kollege Sacher liest viel. Deshalb möchte ich ihm das
nicht unterstellen. Ich kenne wenige Bücher, in denen der Autor selbst das
Vorwort verfasst, und es ist durchaus okay, dass hinten, wie sonst überall
auch, etwas über den Autor steht.
Jetzt vielleicht noch ganz kurz zu etwas anderem. Also,
ich glaube auch, dass die Ergebnisse der PISA-Studie, wenngleich Österreich
irgendwie da in dem Mittelfeld herumwabbert, ein erschreckendes Zeichen sind
und das auch ein Grund dafür ist, dass es gut ist, dass wir in Zukunft mehr
einsetzen müssen und uns auch in Wien sehr einsetzen müssen, was zum Beispiel
den Aufbau von Büchereien und von der Hauptbibliothek betrifft, während in den
anderen Bundesländern Büchereien geschlossen werden, was zum Beispiel unzählige
Initiativen wie die vom Stadtschulrat sehr nett initiierte ExpertInnentagung
betrifft, was natürlich auch die große Integrationsleistung betrifft, die die
Stadt Wien bewältigt und was natürlich auch Aktionen wie "Eine Stadt - ein
Buch" betrifft.
Es ist schade, dass wir von der Bundesregierung oft
nicht unterstützt werden: Das Umfärben des Buchklubs, das Streichen der
Begleitlehrer, Klassenschülerhöchstzahlen und die Schließung von Büchereien in
anderen Bundesländern sind nur einige Beispiel dafür. Es ist, glaube ich, auch
nicht von Vorteil, wenn Leute, die in der Öffentlichkeit angesehen sind, Erfolg
haben, Vorbilder sind, stolz verkünden, sie hätten außer "Schatz im Silbersee"
nichts gelesen. Ich appelliere an Sie als Männer und Frauen, die Ihren Weg
gemacht haben, Erfolg gehabt haben: Vermitteln Sie Freude am Lesen! Vermitteln
Sie, dass das etwas mit Ihrem Erfolg zu tun hat! Auch das ist ein Ergebnis der
PISA-Studie: Lesekompetenz hat ganz wesentlich mit Erfolg zu tun. Lesekompetenz
kann zum Beispiel auch Unterschiede durch fehlende oder geringere Schulbildung
kompensieren. Ich glaube, das müssen wir vermitteln.
In diesem Sinne: Greifen Sie auch zum Buch! Es kann
auch ein Gratisbuch sein, Sie können ruhig drauf "reinkippen".
Sollten Sie bis jetzt die Freude noch nicht gehabt haben - die Aktion geht
nächstes Jahr weiter und ich freue mich schon darauf! (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Die von den GRÜNEN beantragte Aktuelle Stunde ist somit beendet.
Bevor wir zur Tagesordnung
kommen, möchte ich § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung in Erinnerung rufen.
Es sind hier schriftliche Anfragen eingelangt: Vom Grünen Klub im
Rathaus 5, vom ÖVP-Klub 14 und vom Klub der Freiheitlichen 4.
Von den GRe Dr Matthias Tschirf
und Georg Fuchs wurde eine Anfrage (PGL/04656/2002/0001-KVP/MDGF)
an den Herrn Bürgermeister, betreffend "Versäumnisse der sozialistischen
Stadtregierung hinsichtlich konjunkturbelebender Maßnahmen", gerichtet. Das
Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde auch von der
notwendigen Anzahl von Gemeinderäten unterzeichnet.
Gemäß § 36 Abs. 5
der Geschäftsordnung wird diese Beantwortung der dringlichen Anfrage nach
Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht
beendet, wird die Gemeinderatssitzung zur tagesordnungsmäßigen Behandlung der
dringlichen Anfrage unterbrochen.
Von den GRe Ing Herbert RUDOLPH
und Mag Heidemarie Unterreiner wurde eine Anfrage (PGL/04659/2002/0001-KFP/MDGF)
an den Herrn Bürgermeister, betreffend "Container-Wahlkampfzentrale der
SPÖ neben dem Burgtheater", gerichtet. Das Verlangen auf dringliche
Behandlung dieser Anfrage wurde auch von der notwendigen Anzahl von
Gemeinderäten unterzeichnet. Der § 36 Abs. 5 der Geschäftsordnung
sagt, dass die Behandlung der dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen
Sitzung zu erfolgen hat.
Wir kommen zu den Anträgen. Hier sind vor Sitzungsbeginn
folgende angenommen worden: 3 des
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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