Gemeinderat,
19. Sitzung vom 26.09.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 70
die für dieses Poststück sind, um ein Zeichen der
Zustimmung. - Das ist mehrheitlich, gegen die Stimmen der Freiheitlichen,
angenommen.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 34 (03926/2002-GKU)
der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an das
Architekturzentrum Wien.
Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Themel,
die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Gerda Themel:
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich bitte um Zustimmung zur Postnummer 34.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Ich
eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet hat sich Frau GRin Mag Unterreiner. Ich
erteile es ihr.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr
geehrte Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!
Die Architektur ist ein sehr wichtiges Thema bei uns
in Wien. Über Architektur ließe sich auch sehr trefflich streiten. Ein
Architekturforum, in dem die verschiedenen Aspekte in der Architektur von Wien,
der Stadtplanung und Gestaltung, präsentiert und dokumentiert werden, wenn
darüber diskutiert werden würde, wäre für die Stadt von großem Vorteil.
Die Architekturphilosophie, die jedoch im
Architekturzentrum vorherrscht und dort geradezu zelebriert wird, ist die
Architekturphilosophie, dass alte Baukunst durch neue ersetzt werden muss.
Dabei kann ganz ohne Rücksicht auf alte Baukunst, ohne Hemmungen und ohne
Achtung vor der Geschichte und vor den gewachsenen Strukturen unserer Stadt
abgerissen werden, kann aufgestockt werden, kann überbrüllt werden, kann
missachtet werden. Alles, was Wien ausmacht, alles was von unserer Geschichte
und von unserer Kultur geprägt ist, ist den Proponenten dieses Kulturzentrums
ein Dorn im Auge. Ziel ist eine Allerweltsarchitektur, wo immer es geht, die
architektonische Schönheit und die Eigenheit Wiens zu zerstören und ein
Allerweltsgesicht zu geben.
Beispiele gefällig? - Für den Chef des
Architekturzentrums, für Dietmar Steiner, ist das Weltkulturerbe ein
touristisches Prädikat und somit verzichtbar. Originalzitat: "Das
Weltkulturerbe und seine dubiosen Proponenten wollen der zeitgenössischen
Architektur in Wien ein Ende setzen."
Bei einer Hochhausdiskussion im Frühjahr dieses Jahres
saßen zum Beispiel auf dem Podium nur Befürworter für die Hochhäuser. Ich
meine, die waren sich natürlich alle einig. Die einzige Kritik kam aus dem
Publikum. Die Frage ist, wie man dann mit dieser Kritik umgeht. Da hat zum
Beispiel jemand gesagt, er wünscht sich eine Architektengruppe rund um Roland
Rainer, die ein Konzept für Wien erarbeitet. Daraufhin sagt Dietmar Steiner, er
bedankt sich herzlich für diesen folkloristischen Beitrag.
Oder Architekten, die vielleicht anderer Meinung
sind, gerade was Wien-Mitte angeht. Es gibt hier sehr namhafte Architekten. Ich
zähle sie einmal auf. Zum Beispiel Gustav Peichl, Ernst Hiesmayr, Friedrich
Kurrent, Hans Buchhammer, Johannes Spalt, Anton Schweighofer, Ottokar Uhl, all
diejenigen haben sich zusammen geschlossen, um einen offenen Brief an die
Stadtverwaltung zu schreiben. In diesem Brief haben sie die Kritik an diesem
Projekt kundgetan und darauf hingewiesen, dass dieses Projekt der Stadt und
auch den Bewohnern schadet. Diese Architekten werden niemals im Architekturzentrum
Gehör finden. Stattdessen finden wir ausschließlich Architekten, die schon seit
Jahren dabei sind, dieses historische Wien zu einer uniformen Allerweltsstadt
zu machen. Zu Wort kommen Architekten wie Ortner & Ortner, die zum Beispiel
ein barockes Ensemble - Sie wissen das alle -, dieses
Fischer-von-Erlach-Ensemble, zerstören und Betonblöcke hineinbauen, ein
Krischanitz, der Blechcontainer zur Kunsthalle erklärt, dann ein Architekt, der
die einheitliche Schönheit der Ringstraßenkultur am Schwarzenbergplatz ganz
einfach zerstört, indem er plumpe Fahnenstangen hinstellt und historische
Kandelaber wegreißen lässt, oder ein Architekt, der ein Flugdach zur Albertina
bauen will, oder derselbe, der vis-a-vis vom Stephansdom einen riesigen
Verkaufstempel baut und auch die Häuser daneben diesem Verkaufstempel
angleichen lässt und damit den Dom wieder einmal übertrumpfen will, oder die
das Ronacher in eine multifunktionale Theatermaschine umgestalten wollen -
dieses Projekt ist allerdings als einziges nicht verwirklicht worden -, oder
die die Dachlandschaften in der Innenstadt ganz einfach zerstören dürfen,
Dächer abreißen, aufstocken und bei all diesen Vorhaben ihr Bauvorhaben immer
um Millionen erhöhen. Es finden immer wahre Kostenexplosionen zu deren eigenem
Vorteil statt.
Diese Architekturphilosophie, dass man nicht dort
baut und sich dort kreativ präsentiert, wo Platz und Raum ist, wie zum Beispiel
auf der Platte, sondern dass man überall in der Stadt ein Tempelchen oder eine
Flugschanze hinbaut, sollte nicht gefördert werden, denn sie ist unserer
Meinung nach kulturlos, weil wir eigentlich daran interessiert sein sollten,
dass unsere Stadt unzerstört auch an zukünftige Generationen weitergegeben
wird. Ein Architekturforum, das nicht die Interessen der Stadt und der
Menschen, die hier leben, im Auge hat, sondern das auf Seite derjenigen ist,
die ganz persönliche Vorteile aus ihrer Arbeit ziehen, sollte unserer Meinung
nach nicht gefördert werden! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin GRin Gerda Themel:
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Um die doch einigermaßen negative Darstellung der Frau Mag
Unterreiner ein bisschen zu relativieren: Das Architekturzentrum Wien, für das
diese Subvention zu beschließen sein wird, ist das international und national
hoch anerkannte Architekturzentrum für moderne Architektur. Nicht von ungefähr
wurde der Leiter dieses Architekturzentrums, Dietmar Steiner, von
Staatssekretär Morak zum Vertreter Österreichs auf der Architektur-
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