Gemeinderat,
19. Sitzung vom 26.09.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 70
Nun scheint mir ein Ausspruch von Wolfgang
Kos dem entgegenzuwirken. Er sagt, das Historische Museum Wien soll
international sein. Das Originalzitat lautet: "Ein Museum ist international
oder nirgendwo." Jetzt kann man natürlich diese Aussage als schicke
Worthülse werten, aber auch als eine Ansage, dass man eben diese nationale
Identität aufgeben möchte zu Gunsten einer internationalen Wertigkeit. Wie
stehen Sie zu dieser Aussage?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
VBgm Dr Sepp Rieder:
Nicht nur aus zeitlichen Gründen, sondern weil es einer ziemlich eingehenden
Diskussion bedürfte, um zu definieren, was unter "international" zu
verstehen ist, möchte ich das knapp und auch pointiert beantworten und bitte
dafür um Verständnis.
Das Gegenteil von international
ist provinziell und eine provinzielle Museumsführung will ich eigentlich nicht.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich danke schön. - Somit ist die Fragestunde mit
einem kleinen Überhang beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde (AST/04098/2002/0002-KSP/AG).
Die Sozialdemokratische Fraktion
des Wiener Landtags und Gemeinderats hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema
"Der Abgang der schwarz-blauen Bundesregierung - eine Chance für
Wien!" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 der Geschäftsordnung
ordnungsgemäß beantragt.
Als Erstredner ersuche ich nun Herrn GR Kopietz die
Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass die Redezeit mit
10 Minuten begrenzt ist. (GR Harry
Kopietz: Ja, leider!) Zum Professorentitel haben Herrn GR Kopietz alle
schon kollektiv gratuliert. Das erübrigt sich somit.
GR Harry Kopietz
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Danke schön. - Hoher Gemeinderat! Meine Damen
und Herren!
Österreich steht vor Neuwahlen. Das ist gut für unser
Land und das ist gut für unser Wien. Was Österreich in den vergangenen
zweieinhalb Jahren erlebt hat, wird nicht als ruhmreiches Kapitel in die
Geschichte eingehen. Wer mit den Menschen heute spricht, der weiß, dass es
ihnen nach zweieinhalb Jahren blau-schwarzer Regierung nicht besser geht,
sondern schlechter. Wer mit den Menschen spricht, weiß, dass die Angst um
Arbeitsplätze groß ist (GR Dr Matthias
Tschirf: Nur in Wien!), die Steuerlast drückend ist, die Einkommen
geschmälert wurden, die Wiederherstellung von Gesundheit und der Zugang zur
Bildung wesentlich teurer geworden sind.
Diese blau-schwarze Bundesregierung hat den Menschen
erklärt, das alles wären notwendige Opfer zur Budgetsanierung. Die
Bundesregierung hat versprochen, keine neuen Schulden zu machen.
Meine Damen und Herren! Nach zweieinhalb Jahren
wissen wir aber nun aus den Berichten des Staatsschuldenausschusses und aus
Erklärungen des Noch-Finanzministers, dass diese Regierung 8 Milliarden
EUR oder umgerechnet 110 Milliarden S neue Schulden gemacht hat.
Diese Regierung wird einen viel höheren Schuldenberg hinterlassen, als sie von
der früheren Regierung übernommen hat. Das ist die Wahrheit und das werden wir
den Menschen auch sagen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Diese schwarz-blaue Bundesregierung hat versprochen,
dass sie die Steuern senken wird. Nach zweieinhalb Jahren wissen wir, dass die
Steuern um rund 8 Milliarden EUR oder 110 Milliarden S höher
sind, als vorher. (GR Franz Ekkamp:
Skandalös! - Der Redner hebt ein in der Art von ÖVP-Wahlplakaten gestaltetes
Plakat in die Höhe, auf dem Bundeskanzler Dr Schüssel zu sehen ist. - Ironische
Oh-Rufe bei der SPÖ.) Wer, wenn nicht er, ist schuld an den höchsten
Steuern seit 1945? (Beifall bei der SPÖ.)
8 Milliarden EUR, das ist,
damit Sie sich die Größenordnung vorstellen können, so viel wie das gesamte
Wiener Budget. Die schwarz-blaue Bundesregierung hat also die Steuern um einen
Betrag erhöht, mit dem die Stadt Wien, das Land Wien sämtliche Dienstleistungen
für Wien finanziert. Der Unterschied ist nur: In Wien bekommen die Menschen
etwas dafür, in ganz Österreich zahlen die Menschen lediglich viele höhere
Steuern, um am Ende der Wende noch höhere Schulden zu haben, meine Damen und
Herren. Und das ist sicher nicht der richtige Weg, der in Österreich
fortgesetzt werden soll.
Diese Regierung hat auch versprochen, Politik für den
kleinen Mann zu machen. Es ist vor allen Dingen die Belastungspolitik, die den
kleinen Mann getroffen hat: Unfallrentenbesteuerung, Selbstbehalte im
Gesundheitsbereich, Ambulanzgebühren, Rezeptgebühr, Studiengebühren. Nahtlos
kann man fortsetzen: Verdoppelung der Mautgebühren.
Ich erwähne das nur, meine Damen und Herren, weil die
ÖVP und die FPÖ das gerne verschweigen und diese ihre Taten vielleicht schon
vergessen haben. Speed kills lässt das befürchten. Die Menschen haben die
Maßnahmen nicht vergessen, und, meine Damen und Herren, ich garantiere Ihnen,
die SPÖ wird sie darauf auch weiterhin aufmerksam machen und sie daran
erinnern.
Diese Bundesregierung hat einseitig nur die kleinen
Leute belastet. Sie hat nichts gegen Steuerprivilegien der Superreichen, wie
etwa Stiftungen, getan. (Zwischenruf des
GR Dr Matthias Tschirf.) Nach zweieinhalb Jahren Regierung, Ihrer
Regierung, meine Damen und Herren (In
Richtung ÖVP und FPÖ weisend.), zahlen kleine Sparbuchbesitzer doppelt so
viel Zinsensteuer wie Besitzer von Stiftungen. Mit anderen Worten: Damit der
Herr Prinzhorn und der Herr Bartenstein weniger Steuer zahlen, müssen die
kleinen Leute tief in die Brieftasche greifen. Das ist schäbig und unsozial,
meine Damen und Herren! (Beifall bei der
SPÖ.)
Diese Regierung hat versprochen, etwas für
Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu tun. (GR Robert Parzer: Hat sie ja auch!) Der SPÖ ist es in
30 Jahren Regierungsverantwortung davor gelungen, mehr als 720 000
neue Arbeitsplätze zu schaffen.
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