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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 26.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 74

 

richtige Vorgangsweise gewählt, nämlich mit den Betroffenen eine einvernehmliche Regelung zu finden. Und das nennt sich Kommunikation. Und so schwierig kann das ja nicht sein, mit Kulturschaffenden zu kommunizieren, darüber zu reden, was man sich vorstellt oder auch nicht. Und wenn dieser unabhängige Verein das nicht will, dann ist die einzige Entscheidung, die man treffen kann, ihm kein Geld zu geben. Aber Derartiges passiv in einen Subventionsakt hineinzuschreiben, ist himmelschreiend. Ich kann das eigentlich nur erklären mit einer völligen Verblendung der Macht, die offensichtlich von der SPÖ hier Besitz ergriffen hat.

 

Und das, was daran so besonders auffällig ist, ist, dass es sich hier natürlich um eine ganz massive Grenzüberschreitung gehandelt hat. Denn wo beginnt dieses "mit Personalentscheidungen treffen" und wo hört es auf?

 

Im selben Ausschuss haben wir eine Subvention für den Verein Wespennest beschlossen, der eine sehr, sehr gute und anerkannte Literaturzeitschrift führt. Wenn Ihnen demnächst der Chefredakteur dieser Zeitung nicht passt, hätten Sie dann auch diesen Passus hineingeschrieben, mit 1.1.2003 ist ein neuer Chefredakteur oder eine neue Chefredakteurin zu finden?

 

Wie ist denn das mit der Subvention der Kunsthalle? Ist es denn so, dass, wenn Sie dort anrufen und die Sekretärin ist am Telefon, nicht besonders freundlich, Sie in den nächsten Subventionsakt hineinschreiben: Aber nur wenn die Sekretärin gefeuert wird? Ist das die Vorgehensweise der SPÖ in dieser Stadt? Ist das Kulturpolitik einer Sozialdemokratischen Partei? - Also ich glaube nicht.

 

Und dass das nicht nur mich und den Peter Marboe erregt, das können Sie ja wohl daran ablesen, wie viele Kulturschaffende in dieser Stadt heftigst gegen diese Vorgangsweise protestiert haben. Ich darf hier nur zitieren aus einer Pressemitteilung der IG-Kultur Österreich, der IG-Kultur Wien und der IG-Freie Theaterarbeit. Unter dem Titel "Autonomie der Freien Kulturarbeit muss unangetastet bleiben" schreiben sie: "Es kann nicht sein, dass plötzlich für einen Verein ganz andere Regeln gelten als für andere Vereine. Wer zahlt, schafft an, ist keine Basis für eine konstruktive Kulturpolitik." Oder: "Dieses Vorgehen von Kulturstadtrat Mailath-Pokorny könnte fatale Beispielwirkung haben. Die Autonomie und Unabhängigkeit der Freien Kulturarbeit muss unangetastet bleiben. Zukunftsentscheidungen sind ausnahmslos mit den Betroffenen abzustimmen."

 

Das Unabhängige Frauenforum, das ja auch von der einen oder anderen SPÖ-Politikerin mitgetragen wird, schreibt: "Wer jetzt glaubt, dass hier die blau-schwarze Regierungspartei ihr" - Barbara Klein - "an den Kragen will, der täuscht sich. Wenngleich Morak Mitschuld ist, dass der kosmos.frauenraum nicht arbeiten kann, es ist Mailath-Pokorny, Wiener Kulturstadtrat der SPÖ, der nun in einer einzigartigen und auch vereinsrechtlich sehr umstrittenen Aktion weitere Subventionen davon abhängig macht, dass die Leitung des kosmos neu ausgeschrieben wird."

 

Und schlussendlich hat die kulturpolitische Kommission auch ein Rechtsgutachten eingeholt. Denn tatsächlich ist es so, dass dieser Passus nicht nur himmelschreiend ist, sondern er ist auch rechtswidrig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Also eines kann man eigentlich schon von einer Kulturverwaltung dieser Stadt erwarten: dass sie weiß, was rechtskonform ist und was nicht und was in einem Rechtsstaat ein unabhängiger Verein ist.

 

Die kulturpolitische Kommission hat ein Gutachten bei Lessiak & Partner Rechtsanwälte in Auftrag gegeben, in dem Folgendes steht: "Damit" - nämlich mit dieser Bedingung - "wird in das Recht des Vereins der freien Vereinsbetätigung, das einen Teil des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf Vereinsfreiheit darstellt, eingegriffen."

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin auch keine Juristin, aber es hat nicht eines Jusstudiums bedurft, um zu wissen, dass der Passus in diesem Subventionsakt schlicht und ergreifend rechtswidrig ist.

 

Ich zitiere weiter das Gutachten: "Auf Grund der mittlerweile unstrittigen Fiskalgeltung der Grundrechte, die das Handeln staatlicher Organe auch im privatwirtschaftlichen Bereich an die Grundrechte bindet, stellt die von der Gemeinde Wien verlangte Förderungsbedingung eine Verletzung des Grundrechts der Vereinsfreiheit dar." Na bum! Da hat die SPÖ sich aber angestrengt, in das Grundrecht auf Vereinsfreiheit so mir nichts, dir nichts einzugreifen und dann auch noch zu behaupten, dass das, was Peter Marboe und ich da ankreiden, doch ganz normal wäre. Das ist nicht normal! (Beifall bei den GRÜNEN, des StR Dr Peter Marboe sowie des GR DDr Bernhard Görg.)

 

Und das ist umso bedauerlicher, wenn man sich Revue passieren lässt, was StR Mailath-Pokorny zu Beginn seiner Amtsperiode so an schönen Worten von sich gegeben hat. Und es ist ein bissel bedauerlich, dass er bei dieser Debatte jetzt auch nicht im Raum ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aha, aber da hinten versteckt. Okay, gut, gut, passt schon. Manchmal ist es besser, sich hinter der Bank zu verstecken, das wissen wir alle. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter (unterbrechend): Bitte fortzufahren!

 

GRin Marie Ringler (fortsetzend): Ich erkenne an der aufgeregten Stimmung der Sozialdemokratischen Partei, dass Sie doch vielleicht ein bisserl ein schlechtes Gewissen haben, und das sollten Sie auch haben, dieses schlechte Gewissen. Das sollten Sie auch haben. (Beifall bei den GRÜNEN und bei Gemeinderäten der ÖVP. - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie sich wieder etwas beruhigt haben und mir wieder zuhören können, dann will ich doch noch einmal festhalten, dass das, was hier passiert ist, wirklich jenseits von Gut und Böse ist, dass es einer sozialdemokratischen Kulturpolitik wirklich und wahrhaftig nicht gut ansteht und dass wir uns aber darüber freuen, dass dieser Fehler spät, aber doch erkannt worden ist und nunmehr etwas

 

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