Gemeinderat,
18. Sitzung vom 26.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 74
Im Vorjahr, meine Damen und Herren, am Ende dieses
Konjunkturzyklus, war Wien als einziges Bundesland wieder in der Rezession, und
wir haben daher im Vorjahr einen neuerlichen Beschäftigungseinbruch im Ausmaß
von 10 000 Arbeitsplätzen verzeichnen müssen. Hatten wir also bisher
20 000 Arbeitsplätze weniger, dann kommt jetzt noch einmal dieser Einbruch
um 10 000 dazu, und wir müssen daher feststellen, dass wir in diesen
letzten zehn Jahren insgesamt jetzt bereits 30 000 Arbeitsplätze verloren
haben. In den anderen Bundesländern sind in diesem letzten Konjunkturzyklus, in
diesen letzten zehn Jahren über 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen
worden.
Ich meine, wenn die
Sozialdemokratie jetzt hier herauskommt mit diesen Stickern und nach diesen
zehn Jahren behauptet, "Wien macht's besser", dann muss man sich die
Frage stellen: Was macht denn Wien wirklich besser? Sind diese 30 000
verlorenen Arbeitsplätze besser? Sind sie besser, als 110 000 neu
geschaffene in den anderen Bundesländern?
Ich meine daher, es war wirklich keine Königsidee von
Ihnen, gerade dieses Thema heute zur Schwerpunktdebatte zu wählen. Ich habe
mich ja selbst gefragt: Was soll das Ganze eigentlich? Und Sie sind ja jetzt
offenbar dabei, diese Schwerpunktdebatte wieder im Sand verlaufen zu lassen.
Aber Sie sollten, wenn Sie heute noch herauskommen sollten, Herr Kollege Driemer,
auf gar keinen Fall behaupten, dass Wien in der Wirtschaftspolitik auch nur
irgendetwas besser macht als jemand anderer.
Meine Damen und Herren! Dieser Beschäftigungseinbruch
hat natürlich auch auf die Arbeitslosigkeit in Wien eine große Auswirkung
gehabt. Wir waren etwa heuer im ersten Quartal der Spitzenreiter bei der Arbeitslosigkeit,
und das war auch nicht immer so. Wenn man sich etwa zehn Jahre zurückerinnert:
Im Jahre 1992 war die Arbeitslosigkeit in der Steiermark, in Kärnten, in Niederösterreich,
im Burgenland noch deutlich höher als in Wien, aber seit 1992 geht es bei uns
bergab. 1992 führte im ersten Quartal etwa noch die Steiermark, dann kam
Kärnten, dann Burgenland, dann Niederösterreich und erst an fünfter Stelle
folgte dann Wien. Doch wir haben in diesen zehn Jahren eine deutliche
Verschlechterung durchgemacht.
1993 haben wir erstmals Niederösterreich überholt,
1997 haben wir die Steiermark in der Arbeitslosigkeit überholt, 1998 haben wir
im ersten Quartal dann auch Burgenland und Kärnten überholt, und wir sind
seither im ersten Quartal eben die Spitzenreiter. Das haben ja auch die
Wirtschaftsforscher ganz eindeutig klargestellt, und auch die Wiener Arbeiterkammer
hat nachgewiesen, dass wir uns bei der Arbeitslosigkeit mit einem Anstieg um
40 Prozent in diesen letzten Jahren eigentlich zum Spitzenreiter
entwickelt haben.
Herr GR Driemer! Wenn Sie schon uns nicht glauben,
dann sollten Sie als Gewerkschafter wenigstens der Arbeiterkammer glauben. (GR Johann Driemer: Wir wissen das ja!) Sie
wissen das ohnedies. Das ist ja sehr erfreulich. (GR Johann Driemer: Sie wissen es nicht!) Das freut mich, dass Sie
das wissen. Aber wenn Sie das ohnedies wissen, dann sollten Sie Ihre Sticker -
Sie, Herr Kollege, haben ihren auch noch in der Bank versteckt - wirklich ganz
schnell einpacken und nie mehr in dieser wirtschaftspolitischen Debatte
herausnehmen und herzeigen. (Beifall bei
der FPÖ. - GR Johann Driemer: Sie haben nur ein punktuelles Wissen!)
Meine Damen und Herren! Kollege Driemer, wir sollten
auch hier mit den Schuldzuweisungen aufhören. (GR Mag Thomas Reindl: Das war jetzt gut!) Man sollte für diesen
Rückstand der Stadt nicht immer Schuldzuweisungen an Bundesregierung,
Stadtregierung, Konjunktur machen. Ich glaube, auch das bringt uns nicht
wirklich weiter.
Wir haben ja auch in der Konjunktur diesen Rückstand
nicht aufgeholt. Wir sollten die Schuld nicht auf den Bund, nicht auf die
Bundesregierung schieben. Denn, meine Damen und Herren, in diesen letzten zehn
Jahren hat es eine rot-schwarze Regierung gegeben, jetzt gibt es eine blau-schwarze,
und wir waren als Bundesland Wien sowohl unter dieser alten rot-schwarzen
Regierung das Schlusslicht ... (GR Mag
Thomas Reindl: Eine schwarz-blaue, keine blau-schwarze!) Wir waren damals
das Schlusslicht unter sozialistischen Bundeskanzlern und wir sind es heute
unter Blau-Schwarz. Es hat also wenig Sinn, jetzt hier herauszukommen und zu
behaupten, diese böse Bundesregierung ist schuld.
Und zum Beamtenabbau. Meine Damen und Herren!
Natürlich gibt es jetzt weniger Beamte und hat auch der Bund Beamte abgebaut,
aber wir haben - das zeigen ja auch die Zahlen vom WIFO ganz klar - jetzt
10 000 Arbeitsplätze weniger in Wien. (GR
Mag Thomas Reindl: Genau! Die 10 000 sind der Zuwachs in Wien! Danke, Sie
bestätigen das ja noch!) Von diesen 10 000 Arbeitsplätzen sind
insgesamt 3 000 auf den Abbau im öffentlichen Dienst zurückzuführen und
die 7 000 anderen, meine Damen und Herren, vor allem von der Sozialdemokratie,
haben wir in allen anderen Branchen verloren. (GR Christian Oxonitsch: Dieses selektive Zitieren ist gestern schon
angestellt worden!) Wir können das daher auch nicht auf irgendeine
Branchenkrise zurückführen, dass wir sagen, dass vielleicht eine Branchenkrise
schuld ist, sondern diese Beschäftigungseinbuße ist über alle Branchen in Wien
gestreut.
Meine Damen und Herren! Es hat daher auch keinen
Sinn, immer alle hausgemachten Ursachen zu leugnen. Man will diesen Rückstand
nicht zur Kenntnis nehmen, man will - Herr Kollege Driemer ist da die Ausnahme,
aber bitte von diesem Pult aus habe ich es von Ihnen noch nie gehört - offenbar
nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir uns immer mehr zum Schlusslicht entwickelt
haben.
Ich meine daher, Schönfärberei von diesem Pult aus zu
betreiben, diese Fakten nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, ist einfach der
falsche Weg. Sich dann hier herauszustellen und in wirtschaftspolitischen
Debatten entgegen der Faktenlage, die ja laut Kollegen Driemer unbestritten
ist, auch noch zu behaupten, "Wien macht's besser", das, meine Damen
und Herren, ist sicher der
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