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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 124 von 145

 

Gynäkologie wurde abgesiedelt, übrig bleibt die Geburtshilfe, und die Geburtshilfe in Wien ist ein Teil, deren Regelung für die Zukunft sehr, sehr wichtig, sinnvoll, notwendig ist.

 

Frau StRin Pittermann möchte auch wirklich - und das konzediere ich ihr in diesem Zusammenhang - gute Lösungen. Allein, der Weg dahin führt über Untiefen, die für das Projekt als Ganzes und für die Geburtshilfe in Wien keine guten Aussichten geben. Denn die Semmelweisklinik wurde nicht nur halbiert, sondern sie wurde auch in ihrer Bedeutung entmachtet, sie ist künftig nur mehr ein Department, der Chef sitzt in der Rudolfstiftung und steuert von Ferne, und für das Department Geburtshilfe - es ist in allen Medien zu lesen - ist Michael Adam, der Leiter des Projekts Geburtshaus Nussdorf, sehr im Gespräch.

 

Wer die GRÜNEN kennt und die grünen Argumente, weiß, dass wir viel übrig haben für das Geburtshaus Nussdorf, dass wir zu denjenigen gehören, die Nussdorf sehr schätzen, die das Projekt einer hebammenorientierten Geburt für zukunftsweisend in dieser Stadt ansehen, und dass Michael Adam mit der Betreuung der Leitung der Semmelweisklinik beauftragt wurde, kann daher unsere Unterstützung finden.

 

Allerdings nur unter einer Bedingung. Ich habe schon gesagt: Nussdorf ist das Projekt der hebammenorientierten Geburt. Wer je in Nussdorf war, wer vielleicht dort geboren hat, wer sich das Projekt angeschaut hat, der weiß, die Ärzte spielen dort eine sehr untergeordnete Rolle. Sie sind nur dann wichtig, wenn man sie wirklich braucht, wenn eine Situation der medizinischen Intervention notwendig ist. Ansonsten wird die Geburt durch die Hebammen, mit den Frauen, abgewickelt.

 

Es wäre nun doch ein Treppenwitz, zur Errettung des Geburtshauses Nussdorf nichts anderes zu tun, als den Leiter dort abzuziehen und ihn zum Chef der Semmelweisklinik zu machen und damit das Projekt seinem Untergang zu weihen. Denn das Geburtshaus Nussdorf ist ohne Kassenvertrag, ohne Unterstützung durch die Gemeinde Wien sicher nicht lebensfähig und steht am Rande des finanziellen Kollaps.

 

Man hätte hier eine gute Lösung machen können, die Michael Adam einschließt, aber auch und vor allem auch die Hebammen, wenn Sie, Frau StRin Pittermann, sich entschieden hätten, zu sagen: Ja, ich stehe zu Nussdorf, ich stehe zu diesem Projekt, ich mache Nägel mit Köpfen, ich integriere Nussdorf als Ganzes, als Projekt in die Semmelweisklinik.

 

Und sagen Sie mir nicht, das ginge nicht. Die Hebammen - ich habe viel mit ihnen gesprochen - wollen nicht pragmatisiert werden, die wollen keine öffentlich Bediensteten sein, sondern sie würden mit einer vertraglichen Regelung dort nur ihre Räumlichkeiten, eine Möglichkeit zur Fortsetzung des Projekts haben wollen, und sie könnten auf eine sehr kompetente Weise ihr Wissen einbringen in das Gesamtprojekt Semmelweisklinik. Dann würde die Bestellung von Michael Adam zum Leiter des Departments Semmelweisklinik Sinn machen, denn dann wäre die hebammen-orientierte Geburt angekommen in der Semmelweisklinik. So wird das eine Projekt sterben, nämlich Nussdorf, und das andere Projekt, nämlich die Semmelweisklinik, keine sinnvolle Zukunft haben. Denn eine Lösung, wo der wirkliche Chef ganz weit weg ist und der Chef vor Ort nur sehr, sehr unklare Kompetenzen hat, ist keine gute Lösung.

 

Wer die "Presse" vom vergangenen Samstag gelesen hat, der hat bemerkt, dass die Immobilienhändler über dem Objekt kreisen, um es einmal so zu sagen. Es ist schon die Rede davon, dass es Interessenten gibt, die das Areal kaufen wollen, und dass die Zukunft der Semmelweisklinik ohnehin eine befristete sein wird.

 

Letzter Schönheitsfehler, der uns aufstößt an diesem Projekt, ist der Umstand, dass mit dem Primar Grünberger, der künftig der Chef sein wird von der Rudolfstiftung aus, als Gutachter auch ein sehr, sehr interessierter Beteiligter zu demjenigen bestellt wurde, der hier für den Landessanitätsrat ein Gutachten über alle eingegangenen Bewerbungen macht. Das halten wir nun doch für keine sehr sinnvolle, für keine saubere Lösung. Es hätte nicht in Wien, weil da kennen alle einander gut und sind miteinander auch in Arbeitsbeziehungen, sondern außerhalb von Wien Primarärzte gegeben, die dazu herangezogen hätten werden können und die ein objektiveres Verfahren gewährleistet hätten.

 

Ein Zweites - ich habe es schon angedeutet -, was nicht erledigt wurde, was aber dringend in Wien verbessert werden muss, ist die Situation in den Geriatriezentren. Ich weiß, dass die Sozialdemokratische Fraktion, allen voran Frau StRin Pittermann, nicht mit den GRÜNEN einer Meinung ist, wenn es darum geht, zu urteilen, ob es gut ist, wenn hochbetagte demente Menschen in Achtbettzimmern mit wenig Privatsphäre leben. Ich weiß, dass Frau StRin Pittermann ihren ganz wichtigen Fokus auf die medizinische Versorgung hochbetagter pflegebedürftiger Menschen legt, den wir ihr nicht absprechen wollen. Doch neben dieser medizinischen Versorgung geht es auch um die psychosoziale Versorgung der hochbetagten Menschen und die ist mit der derzeitigen Situation in den Pflegeheimen nicht gewährleistet, nicht befriedigend gelöst.

 

Allein das Faktum, dass die Geriatriezentren einen Vertrag haben, der sie praktisch als Beherbergungsbetrieb ausweist und nicht als Krankenanstalt oder als Geriatriezentrum, sie müssen sich nach dem Beherbergungsgesetz verantworten, das ist doch eine Rechtsgrundlage, die mitnichten ausreicht für die Führung solcher Einrichtungen. Und dementsprechend ist der Zugang zu den Bewohnern und Bewohnerinnen ein herrschaftlicher, denn sie kriegen nicht etwa einen Vertrag ihrerseits, der ihre Rechte regelt, sondern sie kriegen einen Bescheid, der ihnen Unterbringung gewährt. Da sieht man schon, wer hier der Chef ist und wer hier zu nehmen hat, was er zu kriegen hat, vor allem dann, wenn die Person alt, gebrechlich und nicht mehr sehr wehrhaft für ihre Interessen ist. Ein Pflegeheimgesetz tut hier Not, und es tut Not, dass endlich Geld in die Hand genommen wird, um eine Sanierung voranzutreiben in den Häusern.

 

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