Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 145
Folgenden ein bisschen zitieren. Da geht es nämlich wieder
einmal um die Sonnwendfeier, zu der der Historiker Höbelt leider nicht kommen konnte,
aber dafür hat dann ein bekannter Burschenschafter, Günter Schmidt, eine
"Feuerrede" gehalten, in der er gesagt hat: "Die Feinde, 'vor
allem jene, die an der amerikanischen Ostküste mit Feder und Mikrofon gewirkt
haben und noch immer wirken', seien 'zutiefst erschrocken über die ungeheure
Kraftentfaltung, zu der unser Volk in zwei Weltkriegen fähig war', sagte
Schmidt. Als Folge habe man versucht, 'diesem Volk das geistige und seelische
Rückgrat zu brechen durch das, was sie anmaßend "Umerziehung" nannten'.
Mit der Wehrmachtsausstellung werde versucht, 'die Toten unseres Volkes im
Nachhinein um den Sinn ihrer Opfer zu betrügen'. Für den deutschen
Burschenschafter hat das 'Gift der Zersetzung' aber durchaus 'Erfolg gehabt'.
Der Applaus der Anwesenden war ihm sicher. Unter den
Gästen: der Wiener FP-Stadtrat Johann Herzog."
Na super: Da führen wir die verschiedensten
Diskussionen; da hoffen wir, dass Sie bei den Diskussionen im Zuge der
Wehrmachtsausstellung ein bisschen etwas gelernt haben. - Nein! Sie
dokumentieren es jeden Tag aufs Neue deutlich, sei es durch untergriffig
ausländerfeindliche Zeitschriften, die Sie veröffentlichen, sei es, dass Ihre
Stadträte bei Sonnwendfeiern teilnehmen, wo die Opfer des Nationalsozialismus
ihrerseits verhöhnt werden - und das noch fast 60 Jahre nach Ende des
Zweiten Weltkriegs! Das ist wirklich erbärmlich, und eigentlich sollte Herr StR
Herzog seinen Hut nehmen. - Ich danke sehr. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr GÜNTHER. Ich
erteile es ihm.
GR Dr Helmut GÜNTHER (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Herr nicht anwesender
Finanzstadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Herr Finanzstadtrat hat heute seine Rede unter
zwei Aspekte gestellt:
a) Er hat die Wiener Wirtschafts- und
Arbeitsmarktpolitik gelobt.
b) Er hat auf die Bundesregierung geschimpft und vor
allem auf den Finanzminister.
Es war
wirklich ganz interessant, hier festzustellen, dass man einerseits eine
derartige Arbeitsmarktpolitik in Wien loben kann, während man andererseits auf
den Finanzminister losgeht, denn eines hat der Finanzstadtrat hier dargestellt:
Er hat gemeint: Ja, Wien hat das Maastricht-Kriterium und den Stabilitätspakt
erfüllt und hat 4,7 Milliarden S von den insgesamt
23 Milliarden S eingebracht, die mit einzubringen sich die Länder im
Stabilitätspakt verpflichtet haben. Stimmt. Er hat aber nicht gesagt, dass es
mit 1. Oktober Änderungen im Bereich der Finanz gegeben hat und dass es ab
diesem Zeitpunkt notwendig ist, wenn man Steuerschulden hat, diese auch zu
verzinsen. Das hat dazu geführt, dass vor dem 1. Oktober viele
Steuerzahler ihre Steuerschulden nachbezahlt haben, wodurch insgesamt um
20 Milliarden S mehr Einnahmen zu verzeichnen waren. Diese insgesamt
20 Milliarden S wurden im Zuge des Finanzausgleichs aufgeteilt, und
die Länder, Städte und Gemeinden haben zirka 9 Milliarden S davon
bekommen. Von diesen 9 Milliarden S hat Wien ungefähr 2 bis
2,5 Milliarden S bekommen.
Und jetzt
beginnt es: Sie haben gesagt, das ist aber wirklich schön, der Städtetag hat
das auch ganz deutlich aufgezeigt: Die Städte, die Gemeinden und natürlich auch
die Länder haben gesagt, alles, was wir kriegen, behalten wir uns, hergeben tun
wir nichts mehr. Die Ertragsanteile – das ist jetzt für die Städte durchaus
erfreulich, und Kollege Margulies hat schon gesagt, dass diese vom
Finanzstadtrat nicht wirklich genannt wurden – haben dazu geführt, dass der
Finanzstadtrat hier ein Budget vorlegen konnte, bei dem ihm der Finanzminister
im Endeffekt 50 Prozent seiner für den Stabilitätspakt ausgegebenen Summen
zurückgegeben hat. Das heißt also, die Wirtschaftspolitik der Stadt Wien lebt
vor allem davon, dass ihr der Bund auf Grund des Finanzausgleichs und der
Ertragsanteile hohe Summen überweist, aber nicht davon, dass es im Bereich der
Wirtschaftspolitik so erfreulich zugeht.
Was den
Arbeitsmarkt betrifft, hat der Finanzstadtrat ja ganz vorsichtig zugegeben,
dass Wien an der letzten Stelle liegt, und hat dann zu erklären versucht, warum
das so ist.
Interessant
ist Folgendes: Anlässlich der letzten Sitzung des Wiener
ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds hat es einen interessanten Vortrag von Herrn
Univ Prof Dr Michael Wagner-Pinter gegeben. Diesen Vortrag hat damals auch der
Finanzstadtrat und Vizebürgermeister gehört, denn er ist der Präsident des
Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds, und dieses Referat unter dem Titel
"Strukturwandel am Wiener Arbeitsmarkt" hat eines ganz deutlich
gezeigt: Wir haben in Wien nicht nur Arbeitsplätze verloren, sondern es ist
mittelfristig, wenn nicht sogar langfristig zu erwarten, dass die Zahl der
Arbeitslosen jährlich um mindestens 2 000 bis 3 000 zunehmen wird. Es
hat niemanden dort gegeben, der dem widersprochen hat.
Prof
Pinter hat auch dargestellt, dass diese Zunahme an Arbeitslosen nicht zu
unterbinden ist. Es war ganz deutlich zu sehen, dass Wien vor allem im
produzierenden Bereich Arbeitsplätze verliert, dass es Teile davon im Bereich
der Dienstleistung wieder ausgleicht.
Und das ist
das Hauptproblem. Im produzierenden Bereich haben wir viel an das Wiener Umland
verloren, mit dem Verlust an produzierenden Arbeitsplätzen geht aber auch ein
Rückgang bei Forschung und Entwicklung einher. Denn wo wird Forschung und
Entwicklung betrieben? - Nicht nur an den Universitäten, nicht nur an einigen
guten Instituten – wenn man zum Beispiel das Biotechnikzentrum in Wien
heranzieht, das ganz ausgezeichnete Arbeit leistet –, sondern natürlich auch in
produzierenden Betrieben.
Eines war auch ganz interessant: Die Österreichische
Innovationsagentur verleiht jedes Jahr den Innovationsstaatspreis, und zwar
gibt es hier neun Landessieger, und daraus wird dann der Bundessieger
ermittelt. In den Ländern, in denen noch viele produzierende Betriebe
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