Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 145
wird, dann endet man wie die SPÖ: Man lässt sich alles
gefallen, was die Bundesregierung macht. Und eines muss ich Ihnen schon sagen,
weil das heute Ihrerseits behauptet worden ist: Die Wiener Sozialdemokratie ist
nicht das Gegenmodell zur Bundesregierung! - Das ist schade, aber es ist
deshalb umso wichtiger, dass es die GRÜNEN gibt. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Heinz Hufnagl: Aber Sie haben noch
nirgends irgendein Modell aufzeigen müssen! ...! Sie sind noch unbefleckt in Sachen
Machtausübung! Da kann man leicht besserwisserisch sein!)
Jetzt kommen wir zum Rechnungsabschluss im Einzelnen.
Manchmal denke ich mir, es ist ganz spannend, als GRÜNER hier zuzuhören. Die
Vorwürfe, die seitens der Sozialdemokratie gegen die blau-schwarze Bundesregierung
erhoben werden - ja, sie stimmen! Wir stimmen mit Ihrer Argumentation gegenüber
der Bundesregierung in weiten Bereichen überein. Doch die Vorwürfe, die seitens
der FPÖ, manchmal auch seitens der ÖVP gegenüber der SPÖ bezüglich ihres
Versagens in der Wiener Politik erhoben werden - ja, sie stimmen auch!
Ich kann in Bezug auf alle drei Parteien konstatieren:
Sie sind gemeinsam verantwortlich dafür, dass es in Wien einen Rückgang des
Bruttoregionalprodukts gegeben hat. Sie sind gemeinsam verantwortlich dafür,
dass wir die höchste Steigerung der Arbeitslosenrate haben. Es wäre höchste
Zeit, dass Sie, die SPÖ, sich als in Wien regierende Partei endlich einmal aus
diesem Ping-Pong-Spiel lösen und versuchen, innovative Konzepte zu entwickeln,
um die Arbeitslosigkeit in Wien zu reduzieren und wieder neue Arbeitsplätze zu
schaffen.
Was ist da nämlich passiert? - Es hört sich so schön
an: Wien hat einen Maastricht-relevanten Überschuss von 341 Millionen EUR.
Aber Wien hat auch einen administrativen Überschuss von 130,8 Millionen
EUR. Während auf Bundesebene das Nulldefizit kritisiert wird, stellen Sie sich
in der jetzigen wirtschaftlichen Situation hin und loben eine
Überschusspolitik! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie,
wie glaubwürdig sind Sie denn in Ihrer Kritik an der Bundesregierung?
Damit komme ich zur zweiten Anmerkung von Finanzstadtrat
Rieder. Er sagte - ich habe ihn zu diesem Zeitpunkt dann leider nicht genau
verstanden, als im Sinne der Presseaussendungen von Investitionsförderungsmaßnahmen
in marktbestimmenden Betrieben die Rede war -, Sie hätten den administrativen
Überschuss reduziert. - Aber um zumindest diese 1,8 Milliarden S
hätten wir wirtschaftspolitische Maßnahmen, investitionsfördernde Maßnahmen
genau in diesen marktbestimmenden Betrieben setzen können, und wir hätten versuchen
können, entgegen dem Spartrend, dem Belastungstrend der Bundesregierung
wirklich ein Wiener Gegenmodell zu entwickeln. Heute ist das ja schon ein paar
Mal so durchgeklungen - selbst Kollege Serles hat sich bei der Wiener
Bevölkerung bedankt! - Wofür haben Sie sich bedankt? Haben Sie sich bei der
Bevölkerung dafür bedankt, dass nicht alle, die von Ihren Belastungen betroffen
waren und sind, auf die Straße gegangen sind? Hat Ihnen, sage ich jetzt einmal,
die Wahlabfuhr bei der letzten Gemeinderatswahl nicht gereicht? Wofür bedanken
Sie sich dann? (GR Dr Wilfried Serles:
Für das Arbeiten! Für die Lohnsteuer! Für das Steuerzahlen! - Ruf bei der FPÖ: Nicht fürs Protestieren!) Sie
bedanken sich dafür, dass die Menschen arbeiten? Sie haben die Chuzpe, sich bei
Menschen zu bedanken, denen Sie vorher das Geld wegnehmen? Herr Kollege Serles,
bitte! Stellen Sie sich doch nicht so ins Abseits! Sie bedanken sich auch noch
bei Menschen, denen Sie das Geld wegnehmen?! Das ist unglaublich. (GR Dr Wilfried Serles: Wir bedanken uns für
die Leistungen!) Sie wollen die Menschen, die von Ihrer Belastungspolitik
betroffen sind, verhöhnen! Sie wollen die Menschen, die Ihnen bei der Wahl eine
Abfuhr erteilt haben, verhöhnen! (GR Dr
Wilfried Serles: Nein!) - Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich zahle auch
Steuern, ich zahle Sozialabgaben - ich brauche Ihren Dank nicht! Mir wäre es
lieber, wenn die blau-schwarze Bundesregierung bald wieder der Vergessenheit
anheim fallen würde. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Aber jetzt
kommen wir zurück zur Diskussion über die Situation in Wien. - Das, was in Wien
am stärksten gestiegen ist, waren die Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben. Das heißt, ungefähr in dem Maße, in dem die Bundesregierung die
Bevölkerung belastet hat, hat Wien mehr Geld bekommen. Da würde man sich fragen:
was macht denn Wien damit?, und sich vielleicht denken: es zusätzlich
investieren, es den Menschen zurückgeben. - Nein! Als Körberlgeld hat Wien es
eingestreift! Gefreut haben wir uns darüber, dass wir in Wien, weil die
Bundesregierung die Menschen belastet hat, mehr Geld haben!
Das ist das Problem! Sie
hätten aufzeigen können, dass es anders geht! Die Ertragsanteile sind übrigens
bei den relevant großen Bereichen der einzige Bereich, der stärker gestiegen
ist als die Inflationsrate. Wenn wir uns dann den Sozialbereich anschauen,
könnten wir uns hinstellen und 20 Minuten lang weinen, so gering waren da
die Steigerungsraten - wenn es überhaupt welche gegeben hat.
Aber ich zitiere ja irrsinnig gerne auch Ihre eigenen
Schriften. Nur als ein Beispiel dafür, wie wahr oder wie unwahr das
geschriebene Wort im Rechnungsabschluss ist, zitiere ich im Folgenden eine
Passage aus dem Vorwort. Darin heißt es: "Im Bildungsbereich stiegen die
Aufwendungen auf 8,38 Milliarden S nach 8,18 Milliarden S
im Jahr 2000. Während der Bund seine Ausgaben für diesen Zukunftsbereich
deckelt (Landeslehrer) beziehungsweise zurückführt, wirkte die Stadt dieser
Entwicklung aktiv entgegen."
Dann schaut man sich einmal an: Wie sieht denn der
Abschluss bei den Landeslehrern aus, also jener Betrag, den der Bund dem Land
Wien überwiesen hat? - Er liegt auch noch unterhalb der Inflationsrate, weist
aber doch eine Steigerungsrate von 2,5 Prozent auf. 2,5 Prozent hat
also der Bund im Jahr 2001 für die Landeslehrer mehr überwiesen.
Dann schaut man sich den Pflichtschulbereich an und da
steht: Für die allgemeinen Pflichtschulen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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