Gemeinderat,
16. Sitzung vom 29.05.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 90
vorzugung, und ich glaube, dass es sehr wohl gut ist, wenn
man so etwas hinterfragt. Deshalb werden wir auch dieser Untersuchung unsere
Zustimmung geben.
Meine Damen und Herren von der Mehrheit dieses
Hauses! Ich ersuche Sie, in Zukunft solche Geschäftsstücke nicht mehr
vorzulegen, denn das ist nicht nur unanständig, sondern das geht gegen die
Steuerzahler. Das geht nicht gegen irgendeinen Politiker oder gegen
irgendjemanden sonst, sondern Sie handeln fahrlässig gegen den Steuerzahler.
Daher werden wir diesem Geschäftsstück nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Josef Wagner. Ich
erteile es ihm.
GR Josef Wagner
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich habe bereits im Wohnbauausschuss mein Entsetzen
darüber ausgedrückt, dass ich in meiner jahrelangen Tätigkeit als
Bezirksvorsteher-Stellvertreter, als Gemeinderat, als Mitglied des
Kontrollausschusses, des Wohnbauausschusses so einen Vertrag mit so einem
Inhalt noch nie zu Gesicht bekommen habe. Es ist dies ein Vertrag, der so
offensichtlich einen Bewerber begünstigt, ein Vertrag, für den niemand
verantwortlich zu sein scheint, denn der zuständige Wohnbaustadtrat Faymann
sagt ja auch, er weiß nichts davon, das ist alles über die Finanz ausgehandelt
worden. Er kann zu den Konditionen nichts sagen, er kann nicht sagen, wie viele
Bewerber es gegeben hat, es geht ihn auch ein Konzept nichts an.
Das Stadtgartenamt, die MA 42, ist bisher
offensichtlich überhaupt noch nicht eingebunden worden, obwohl es demnächst bei
einem Picknick Wächter vor jeden Baum hinstellen wird, damit den Bäumen nichts
passiert.
Gleichzeitig macht StR Faymann mit seiner MA 69
einen Vertrag, in den er hineinschreibt, die Stadt Wien verpflichtet sich, die
Zufahrt zu ermöglichen. Sie oder Ihre Abteilung 69 haben es nur
offensichtlich nicht ganz geglaubt, denn, wie schon ausgeführt wurde, steht ja
da drin, wenn ab 19 Uhr keine Zufahrt mit Pkw möglich ist, dann gehen wir
vom ohnehin geringem Bauzins noch um drei Viertel herunter auf 25 Prozent.
Und es könnte sein, dass man überhaupt schwer zufahren kann, dann zahlt der
Baurechtsnehmer null. Also, das ist doch ein herrliches Geschenk.
Ich sage aber nicht, dass das deshalb zustande
gekommen ist, weil bereits 1995 einmal in einer bunten Tageszeitung getitelt
wurde, "Häupl und Zilk genießen im Steirereck" - das Steirereck hat
ja dann ein paar Jahre später von StR Faymann und von der Stadt Wien auch sehr
günstig ein Haus gekauft -, sondern das ist offensichtlich zustande gekommen,
weil hier viele Bewerber nicht zum Zug kamen.
Und da kann ich den Grünen
nur sagen, wir wissen schon, dass es viele Bewerber gegeben hat, die keine
Antwort bekommen haben. Die gab es schon im Vorfeld, lange vor der Begründung;
die Stadt Wien hat sich auf Interessentensuche gemacht. Die hätte gar nicht
suchen müssen, denn sie hat jahrelang vorher schon eine ganze Reihe von Bewerbern
gehabt. Die Stadt Wien hat elf Jahre lang prozessiert mit dem Voreigentümer und
wusste daher, dass das Grundstück und die Meierei demnächst frei werden. Sie
wusste es und konnte sich auf eine Nachnutzung vorbereiten. Sie hat kein
Konzept entwickelt. Es gibt auch heute noch kein Konzept, aber es gibt einen
Vertrag, einen sehr fragwürdigen Vertrag, hinsichtlich dessen Sie sich wirklich
den Vorwurf der einseitigen Begünstigung eines Bewerbers gefallen lassen
müssen, vor allem dann, wenn Herr Finanzstadtrat Rieder überhaupt nicht bereit
ist, auch nur irgendetwas dazu zu sagen, außer dass er sagt, es gab ein
ordnungsgemäßes Verfahren.
Wir wissen, dass es keine Ausschreibung gab, wir
wissen, dass es keine ordnungsgemäße Interessentensuche gab, sonst wäre das irgendwo
verlautbart worden, wie zum Beispiel demnächst bei der "Stadt des
Kindes". Da werden Interessenten gesucht. Hier hat man nichts gehört,
trotzdem wussten sehr viele, dass es da einen Standort gibt, der interessant
wäre für eine Gastronomie.
Eine Reihe von Bewerbern - darauf wird Kollege
Strache noch eingehen - hat sich an uns gewendet, und Kollege Strache wird
belegen und beweisen, wie hier mit seriösen Bewerbern seitens der
SPÖ-Stadtregierung umgegangen wird. Ich sage Ihnen, Herr StR Faymann und Herr
StR Rieder, das ist ein Skandal! (Beifall
bei der FPÖ.)
Das ist nicht der Skandal, wenn Freiheitliche, Grüne und in dem Fall auch die ÖVP
dagegen wettern, wie Sie Verträge abschließen: so unter der Decke, ein bisschen
Geheimhaltung, irgendwer wird es schon gemacht haben, irgendwer wird schon
verantwortlich sein und irgendjemand hält schon den Kopf hin. Zuständiger
Stadtrat in dem Fall ist StR Faymann, aber in Wahrheit ist es die gesamte
Stadtregierung, die hier zum Schaden der Wiener Steuerzahler Verträge schließt,
die - das ist von meinen Vorrednern schon ausgeführt worden - wirklich so
schlimm sind, dass sich jeder fragt: War die MA 69 da beteiligt? - Ich
kenne sehr gut die Verträge der MA 69. Dort sind Experten, die wissen, was
sie tun. Daher gehe ich einmal davon aus, sie haben diesen Vertrag so
geschlossen, weil er ihnen ganz eindeutig so vorgegeben wurde, ohne dass sie
einen Spielraum hatten.
Und wenn Sie sich überlegen, dass jemand neben den
begünstigten Pachtzahlungen von vornherein das Recht einer Kaufoption bekommt -
praktisch vom ersten Tag an -, und Sie in diese Kaufoption hineinschreiben,
dass dann nur der Freigrundwert des Grundstücks zu zahlen ist, was bedeutet
denn das, Herr StR Faymann? - Sie haben diesen Vertrag ja verantwortlich
abgezeichnet. Das bedeutet, Sie verschenken, wenn Sie hier den
Gemeinderatsbeschluss mit Ihrer Machtmehrheit so fassen, morgen, übermorgen die
Meierei. Denn für die Meierei zahlt derjenige, der die Kaufoption ausübt,
überhaupt keinen Euro. Null! Er kauft dann mit der Grünfläche einen billigen
Grund. Er hat eine Kaufoption.
Steckt hier Absicht dahinter? Kann es Dummheit
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