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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 88 von 99

 

Sie wollen ein Gefängnis erhalten haben. (Aufregung bei der SPÖ.) Das ist ja ein interessanter Paradigmenwechsel (GR Godwin Schuster: Der Jugendgerichtshof soll ja jetzt ein Gefängnis werden!), aber das, was wir hier wollen, ist genau im Sinne dieser Studie. Hier wird Geld gut investiert und das, was für den Franken gilt, gilt natürlich für den Euro genauso. Jeder investierte Euro in die Familien bringt 3 bis 4 Franken an uns alle zurück. Diese sozialpolitische Umwegrentabilität halten wir für gescheit, dass wir das Geld dort hinein investieren. Na, selbstverständlich kostet das etwas. Das ist schon klar. Aber ich glaube, die sozialen Folgewirkungen, die damit zu verknüpfen sind, sind derartig positiv, dass diese Investition sich allemal rechnet.

 

Ich ersuche daher, hier unserem Antrag "Seitens der zuständigen Stadträtin sind alle Maßnahmen zu veranlassen, damit ab Herbst 2002 Kinderbetreuungsplätze in Wien für alle in Wien wohnhaften Kinder bis zum sechsten Lebensjahr kostenfrei zur Verfügung gestellt werden" Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der FPÖ.)  

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Mag Wehsely gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

GRin Mag Sonja Wehsely (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Ein bissel habe ich den Eindruck, dass von manchen meiner Vorredner der Akt nicht ganz gelesen worden ist, weil manche sehr wichtige Punkte überhaupt nicht genannt worden sind.

 

Es stehen heute bei diesem Antrag drei Punkte im Vordergrund:

 

1. Das ist eine weit reichende Entlastung der Einkommensschwächsten. Nämlich alle, die 1 000 EUR oder darunter verdienen, werden in Zukunft überhaupt keinen Kindergartenbeitrag mehr zahlen müssen. Sie mussten bisher immerhin bis zu 68 EUR zahlen.

 

2. Wir werden heute außerdem die Gleichstellung der Beiträge für Kindergärten und Krippe beschließen, und wir werden

 

3. und das ist ganz besonders wichtig, insbesondere für die, wie den Herrn Kollegen - wie heißt der Herr Kollege? - RUDOLPH, der über die Wichtigkeit der Vereinbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen mit Familie und Beruf gesprochen hat und darüber, eine weitere Flexibilisierung im Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen zu beschließen, nämlich den Zweidritteltag.

 

Zunächst einmal möchte ich zu der Frage der Beiträge etwas sagen. Ich glaube schon, dass es wichtig ist zu sagen, dass auch zu den Vollbeiträgen die Stadt Wien als zusätzliche Förderung 6 000 S finanziert. Ich weiß nicht, von welchen Zahlen Sie da hier ausgehen, es ist aber auch im Akt klar zu lesen, dass nur ein Viertel der Eltern der Kinder, die den Kindergarten besuchen, den Vollbeitrag bezahlen. Ein Viertel, wie gesagt, der Besucher hat den Vollbeitrag und ein Drittel hat bisher gar keinen Beitrag bezahlt. Durch diese Reform der Tarife, die wir heute beschließen werden, wird die Zahl derer, die keinen Beitrag zahlen muss, weit größer werden. Es werden nämlich die sein, die es ganz besonders brauchen, und das sind insbesondere allein stehende und allein erziehende Frauen.

 

Wir werden heute weiters beschließen - und das habe ich auch bis jetzt nicht gehört, obwohl das eine wesentliche Änderung ist -, dass der Abzug des Beitrags für weitere Kinder erhöht worden ist. Das heißt, wenn es Geschwisterkinder gibt, wird sich der Beitrag weiter reduzieren.

 

Zum Punkt der Flexibilisierung scheint es mir wichtig, das auch ein bisschen auszuführen, weil dazu überhaupt noch nichts gesagt worden ist. Es ist derzeit schon möglich, die Kinder in den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen vormittags und nachmittags halbtags in den Kindergarten zu geben, um sie dort qualitativ hochwertig betreuen zu lassen. Es wird jetzt den Wünschen der Eltern entsprechend eine weitere Flexibilisierung ab Herbst 2002 geben, nämlich den so genannten Zweidritteltag, wo die Kinder von in der Früh bis 14 Uhr oder von mittags bis am Abend betreut werden.

 

Weiters wird es ab Herbst 2002 ein Pilotprojekt an fünf Standorten geben, die verkehrsgünstig gelegen und in der Nähe von Einkaufsgegenden sind, wo bis 20 Uhr Kindergartenbetrieb sein wird. Das ist nicht nur ein Wunsch der Eltern, sondern es ist auf Grund der beruflichen Situation und der familiären Situationen auch eine Notwendigkeit.

 

Die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern ist insbesondere für Frauen nur dann möglich, wenn es ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen gibt. Ich sage deshalb "insbesondere für Frauen nur dann möglich", weil die Kinderbetreuungsarbeit vorwiegend von Frauen geleistet wird. Ich zumindest habe noch selten Diskussionen mit Männern geführt, die sagen, sie können leider nicht arbeiten gehen, weil sie ein Kind betreuen müssen. Diese Debatte führe ich eigentlich immer nur mit Frauen. Daher haben wir hier sehr viel mit Bewusstseinsarbeit zu tun.

 

Kollege Strobl! Wenn es bei Ihnen und in Ihrer Partei anders ist, dann kann es sich vielleicht auch einmal im Frauenanteil der Abgeordneten niederschlagen. (GR Walter Strobl: Ich habe drei Töchter!) Na, das lässt ja nur Positives vermuten. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

 

Wenn Herr Kollege RUDOLPH heute aus dem "Standard" zitiert hat, was er als wesentlichen Satz erkennt, dann teile ich das, dass das ein wichtiger und richtiger Satz ist, dass jeder Franken oder Euro oder welche Währung auch immer eingesetzt wird die richtige ist. Ich würde ihm aber auch anraten, den Anfang dieses Artikels zu lesen, wo nämlich die Sicht des Herrn Frauenministers Haupt zur Kinderbetreuung zitiert wird, der da meint, dass so manche jugendliche Oma besser für Kinderbetreuung geeignet ist, als irgendeine qualifizierte Kindergärtnerin, die um 17.00 Uhr den Schreibtisch verlässt! Ich weiß nicht, in welchen Kindergärten der Herr Frauenminister Haupt schon war, nur, das dürfte offensichtlich eine vorherrschende Meinung von der Arbeit von KindergartenpädagogInnen in Ihrer Fraktion sein. (Aufregung bei der FPÖ.)

 

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