Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 99
also, denke ich, sagen, dass die Förderung gegriffen hat und
dass das die richtige Politik ist.
Auch die AfterImage Productions, also das "Kino
unter Sternen", das alle gerne besuchen, hat - in diesem Fall alte -
österreichische Filme. Das kann ich nur empfehlen. Darunter sind Schmankerln
wie "Die Vier im Jeep", "Der dritte Mann" oder zum Beispiel
die "Liebelei" von Max Ophüls.
Das zum
Sommerkino. Nicht zu vergessen ist auch das Filmfest auf dem Monte Laa, das
wegen des großen Erfolgs auf fünf Tage prolongiert wurde.
Das sind die positiven Dinge. Ich bitte Sie daher um
Zustimmung zu diesem Akt. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Danke, Frau Berichterstatterin, für das umfangreiche Schlusswort.
Wir kommen zur Abstimmung.
Es gibt keinen Abänderungsantrag.
Ich bitte
jene Damen und Herren des Gemeinderats, die dem Antrag der Frau
Berichterstatterin zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist einstimmig
angenommen.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 32 (01429/2002-GKU)
der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an die
Österreichische Gesellschaft für Zeitgeschichte.
Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin
Winklbauer, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Renate Winklbauer:
Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Ich
eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet hat sich Frau StRin Mag Vassilakou. Ich
erteile es ihr.
StRin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Verehrte Damen und Herren!
Wir GRÜNE freuen uns, dass die Wehrmachtsausstellung
nach Wien gekommen ist, dass sie in Wien gezeigt werden kann, und wir werden
selbstverständlich der Subvention für die Durchführung des Symposions
"Verbrechen der Wehrmacht" zustimmen.
Lassen Sie mich aus gegebenem Anlass, aus Anlass der
Vorkommnisse der vergangenen Wochen, kurz darauf eingehen, weshalb eine solche
Ausstellung in Wien - und gerade auch in Wien, gerade in Österreich - sehr sinnvoll
ist: Für ein Land, das Verantwortung für das, was im Zweiten Weltkrieg passiert
ist, trägt, ist natürlich die Aufarbeitung nicht immer eine leichte Angelegenheit.
Ich lebe nun seit 16 Jahren in Wien und in diesen 16 Jahren bin ich
immer wieder mit drei Mythen, drei Legenden im Zusammenhang mit dieser
Aufarbeitung konfrontiert gewesen. - Das ist übrigens ein üblicher Prozess:
Wann immer Aufarbeitung schwierig ist, schmerzhaft ist, neigt man dazu,
Legenden zu bilden und diese sich selbst und anderen zu erzählen, um einen Teil
der Schuld, die einen selbst oder die eigenen Lieben trifft, besser bewältigen
oder vielleicht auch leugnen zu können.
Erster Mythos: "Nichts wissen." - Ganz,
ganz häufig wird man damit konfrontiert, dass insbesondere die Kriegsgeneration
behauptet, nichts gewusst zu haben, nichts mitbekommen zu haben von dem, was im
Zweiten Weltkrieg auch in dieser Stadt, und ganz besonders in dieser sehr, sehr
jüdischen Stadt, die sie einmal war, passiert ist.
Der zweite Mythos ist der Mythos "Danke,
Opa!", der Mythos, alle Verbrechen im Zweiten Weltkrieg wären mehr oder
weniger von der SS begangen worden, sie wären von der SS verschuldet worden.
Die Wehrmacht sei anständig gewesen, sie habe sich nichts zuschulden kommen
lassen; ja schließlich waren diejenigen, die dort gekämpft haben, eingezogen
worden in einen Krieg, für den sie nichts konnten. Sie mussten kämpfen, so auch
die vielen, vielen Österreicher, die in diesem grauenhaften Krieg dienen
mussten. Daher trifft sie keine Schuld. Die Wehrmacht hat sich in diesem Krieg
mehr oder weniger keine Verbrechen zuschulden kommen lassen.
Gerade um diesen sehr schmerzhaften und sehr
schwierigen Mythos aufzuarbeiten und aufzuklären, braucht Österreich dringend
die Wehrmachtsausstellung. (Ruf: Andere Länder auch!)
Den dritten Mythos - oder Ausweg oder Strategie, wie
wir es auch immer nennen wollen - nenne ich: "Nichts passiert." - Das
ist das berühmte Geschichtsloch. Es kommt wirklich immer wieder vor, in
diversen Repliken, nicht zuletzt auch in der Festveranstaltung, die wir hier in
diesem Haus zur Feier des Anlasses "80 Jahre Wiener Landtag"
abgehalten haben - wenn ich mir sozusagen hier auch ein Körnchen Kritik an
unseren eigenen Veranstaltungen erlauben darf -: Man beginnt, man erzählt
Anekdoten, eine Anekdote pro Jahr. Die letzte Anekdote ist zum Jahr 1938. -
Schnitt. - Nächste Anekdote: 1945. Dazwischen nichts. Nichts! (GR Johann Hatzl: Das war schlecht!) - Das
war schlecht, das sehe ich genauso. Aber ich erwähne das jetzt nicht, um diese
Veranstaltung zu kritisieren, sondern weil ich es bezeichnend für einen
bestimmten Umgang finde, der in dieser Stadt immer wieder anzutreffen ist und
angesichts dessen es notwendig ist - so schmerzhaft es auch immer ist -, zu sagen:
Nein, dazwischen war schon etwas! Dazwischen war ein sehr schmerzhaftes Stück
Geschichte und es ist die Verpflichtung von uns allen, uns damit auseinander zu
setzen.
Das ist also der Sinn dieser Wehrmachtsausstellung. Im
Übrigen finde ich gerade solch eine Ausstellung für jeden Einzelnen besonders
wertvoll, wenn es um das Gedenken geht, weil sie nämlich etwas ermöglicht, was
man sonst bei den offiziellen Gedenkfeiern nicht so leicht tun kann. In den
offiziellen Gedenkfeiern gibt es Reden, Kranzniederlegungen, Musik. Da weiß
man, worum es geht. In einer Ausstellung, wo man ganz alleine mit sich selbst
ist, wo man in Ruhe herumgehen und sich Bild für Bild anschauen kann, wo man
sieht, wie es den Menschen ergangen ist und was passiert ist, da ist es viel
einfacher, das Grauen zu erleben, sich wirklich in diese Zeit zu versetzen, in
sich zu gehen und wirklich zu begreifen, zu fühlen, zu erleben, was passiert ist.
Und vielleicht - und da wäre ich sehr froh, wenn das letztlich auch eine
Auswirkung dieser Wehrmachtsausstellung in Wien wäre - ermöglicht es dem
Einzelnen, nach Hause
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