Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 99
berühmten Wiener Spruch, ich habe schon größere Zwerge
gesehen, ganz ehrlich sagen, ich habe schon härtere Drohungen vernommen. (Heiterkeit.) Denn ich kann mir nicht
vorstellen, dass ein Unternehmer, der selbstverständlich ein
Verwertungsinteresse seines Kapitals hat - das ist ja ein Wesenselement des
Kapitals -, nunmehr darauf verzichtet, dieses Kapital auch entsprechend zu
verwerten.
Es ist ja
nicht so, dass der Eigentümer nicht auch Vorteile hätte dadurch, denn
zweifelsfrei hat er mit der Nutzung seiner Liegenschaft dort im Hinblick auf
das bereits der Baubewilligung zugeführte Projekt einen erheblichen
wirtschaftlichen Vorteil im Hinblick auf die Verwertung dieser Liegenschaft.
Und so gesehen beschleunigt diese Drohung meinen Puls nicht, sondern ich denke,
dass im Hinblick auf die Konsumation dieser Baubewilligung, die natürlich wie
alle Baubewilligungen auch ihre zeitliche Begrenzung hat, zweifelsohne
rechtzeitig auch darüber geredet werden muss. Da sehe ich durchaus
Kompromissmöglichkeiten. Ich will diese allerdings nicht durch finanzielle
Zusagen voreiliger Natur und sohin teurerer Natur belasten.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke schön. - Die zweite Zusatzfrage wird von Herrn
GR Mag Chorherr gestellt. - Bitte.
GR Mag Christoph Chorherr
(Grüner Klub im Rathaus): Herr Bürgermeister!
Sie haben richtigerweise das
ökonomische Kalkül dort herausgestrichen. Ich teile im Übrigen die Meinung, dass
es nicht hilfreich ist, einem Grundeigentümer, der gerade eine, wie ich glaube,
nicht unbeträchtliche Versicherungssumme aus dem Brand lukrieren konnte,
durfte, jetzt gleich vorweg noch zusätzlich öffentliche Mittel reinzutreten.
Trotzdem
möchte ich nachfragen, wie man, nachdem jetzt ein Denkmalschutzbescheid
vorliegt und insofern klar ist, wie das weiterzugehen hat, ordnungspolitisch
verhindert, in einer rechtlichen Situation, die nicht ganz so einfach ist, dass
dort jahrelang nichts passiert, mit dem Ziel, dass das so weit vergammelt,
kaputt ist, bis dann über die wirtschaftliche Abbruchsfähigkeit im Nachhinein
argumentiert wird. Also, wenn ich mir jetzt überlege, was das Zielführendste
wäre, wenn ich dort einen ganz normalen Hotelkomplex hinstellen und den
Ballsaal nicht errichten will, dann mache ich genau das. Da stellt sich die
Frage nach der Verantwortung des Ordnungspolitischen oder auch des
Verhandlungstechnischen, und da wollte ich nach der Strategie fragen, soweit man eine Strategie vorweg erzählt.
Aber welche Bedeutung hat das und in welcher Weise werden Sie hier
ordnungspolitisch, verhandlungstechnisch vorgehen, damit das nicht passiert,
nämlich das jetzt verfallen zu lassen?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Also, zunächst einmal teile ich die Ansicht, dass man in einer derartigen
Diskussion - ich sage vorläufig noch Diskussion und verwende den Begriff
Auseinandersetzung noch nicht -, Strategien, insbesondere in
ordnungspolitischer Hinsicht, also Rechtsstrategien, nicht vorwegnimmt. Da sind
wir derselben Meinung. Nur vom Grundsatz her will ich gar nicht hinter dem Berg
halten: Wir wollen diese Nutzung des Grundstücks in dem Sinn, wie es in der
Baubewilligung auch festgelegt wurde, und wir wollen die Erhaltung der
Sofiensäle als einen traditionellen Ort kultureller Begegnung in dieser Stadt.
Und wenn wir dies wollen, so ist, denke ich, die effektivste Strategieform die,
dass man dem Eigentümer klar macht, wie sehr er Eigentumsprobleme und
Verwertungsprobleme bekommt, je länger er dieses Grundstück leer stehen lässt.
Er verliert mit Sicherheit jeden Tag Geld.
Es handelt sich hier ja nicht um eine zu
bezuschussende Einrichtung außerhalb dieses Kulturzentrums, wenn man das so
sagen will, sondern es handelt sich um einen kommerziell zu verwertenden
Gegenstand, der natürlich im späteren Einnahmen mit sich bringt. Daher ist
darin auch begründet, dass der Eigentümer bei Nichtnutzung seines Eigentums
Geld verliert, und ich denke, dass dies ihn auch dazu veranlassen wird - bei
allem Poker, der sich zurzeit abspielt, und bei allem Suchen danach, neben der
Versicherungssumme möglichst optimal auch Steuergelder zu lukrieren - und dass
er selbstverständlich ein Interesse daran hat, auch möglichst frühzeitig zu
einer wirtschaftlichen Verwertung seiner Liegenschaft zu kommen.
Das wird in den Diskussionen eine Rolle spielen, aber
wir haben natürlich auch über den Baubescheid, über das Baurecht verschiedene
Möglichkeiten. Ich will nicht so weit gehen, in Erinnerung zu rufen, dass gemäß
der Wiener Rechtsordnung auch so etwas wie eine Ersatzvornahme und Ähnliches
möglich ist, denn das würde uns wieder in die Richtung hinführen, die wir
eigentlich nicht wollen, nämlich dass man versucht, möglichst viel Steuergelder
seitens dieses wirtschaftlichen Projekts zu lukrieren.
Im Übrigen
möchte ich noch einmal auf etwas aufmerksam machen, was vielleicht vorhin ein
bisschen untergegangen ist: Man muss hier durchaus sehr auf das EU-weite
Beihilfenrecht aufpassen, damit man nicht auch diesbezüglich Probleme bekommt.
Das trifft in erster Linie natürlich uns. Wir haben hier aufzupassen, dass fein
säuberlich getrennt wird zwischen der Förderung einer kulturellen Einrichtung
und der Frage einer verbotenen Förderung eines kommerziellen Unternehmens.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke schön. - Die dritte Zusatzfrage: Herr GR Dr
Tschirf.
GR Dr Matthias Tschirf
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Bürgermeister!
Das Bundesdenkmalamt
hat einen Bescheid erlassen, der den Denkmalschutz für wesentliche Bereiche
erhält. Damit sind wir alle sehr zufrieden, und wir sind auch froh, dass der
Bürgermeister diese Meinung teilt. Sie haben davon gesprochen, dass es darum
geht, die Gemeinsamkeit des kulturellen Interesses hier durchzusetzen.
Können Sie sich
vorstellen, einen Runden Tisch einzuberufen mit allen daran Beteiligten, auch
mit dem Eigentümer, um hier rasch weiterzukommen in dieser
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