Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 99
über den Ballsaal, das Foyer und die Fassade der Sofiensäle
nicht aufzuheben, mit Freude zur Kenntnis genommen. Es ist jedoch auch zur
Kenntnis zu nehmen, dass das Grundstück und damit das Objekt im Besitz eines
privaten Eigentümers steht. Es ist weiters festzuhalten, dass eine gültige
Baubewilligung für ein Kongress-, Hotel- und Bürozentrum vorliegt. Dieser
baurechtliche Bescheid berücksichtigt die denkmalgeschützten Teile des
Bauwerks, wodurch dieses Projekt nur unter Bewahrung des historischen Ballsaals
verwirklicht werden kann.
Aus diesem Bescheid ist weiters zu schließen, dass
dieses Projekt vom Eigentümer in der Vergangenheit als wirtschaftlich erachtet
wurde. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum dieses Projekt nunmehr
unwirtschaftlich sein soll und vom Eigentümer nicht mehr weiterverfolgt wird,
wenn der Brandschaden, wie mehrfach kolportiert wurde, durch eine Versicherung
gedeckt war. Diese Haltung erscheint vielmehr als logische Konsequenz der in
den letzten Monaten wiederholt an die Wiener Stadtregierung gestellten
Forderung, den Wiederaufbau der Sofiensäle zu finanzieren. Diese Forderung
halte ich unter Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse und des aufrechten
Denkmalschutzes in der Diskussion um den Wiederaufbau der Sofiensäle für
kontraproduktiv. Ich gehe nämlich davon aus, dass der Eigentümer bestrebt ist,
aus seinem Eigentum einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen und diesen
möglichst optimiert.
Tatsache ist jedoch - und dies ist ganz deutlich zu
betonen und beantwortet die Frage der Sicherstellung der Wiedererrichtung des
abgebrannten Ballsaals -, dass der aufrechte Denkmalschutz der beste Garant
dafür ist, dass die denkmalgeschützten Teile der Sofiensäle erhalten bleiben,
und dass jegliche weitere Nutzung, welche ja, wie bereits zuvor ausgeführt,
auch im Interesse des Eigentümers liegt, nur bei einem Wiederaufbau sinnvoll
wäre.
Die Zusage einer finanziellen Aufteilung der
Wiedererrichtung zwischen Eigentümer, Bund und Land Wien kann ich Ihnen hier
nicht geben. Diese ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder opportun noch
notwendig. Letztlich gibt es auch andere Möglichkeiten des kulturellen
Sponsorings als sofort dem Steuerzahler in die Tasche zu greifen. Vor allem
geht es hier auch um ein Wirtschaftsprojekt, für das die EU-Beihilfenregelung
gilt. - Im Übrigen darf ich darauf verweisen, dass von den unabhängigen
Gerichten die Verschuldensfrage über den Ausbruch des Brandes noch nicht
abschließend geklärt wurde.
Selbstverständlich und ungeachtet der hier
dargestellten Überlegungen bekenne ich mich dazu, dass die Wiedererrichtung
insbesondere des Ballsaals im besonderen Interesse der Stadt Wien liegt und
daher der Eigentümer seitens der Stadt Wien im Bereich ihrer Möglichkeiten
unterstützt werden soll. Selbstverständlich ist hiebei auch eine Unterstützung
des Bundes anzustreben.
Herr Gemeinderat! Um den Sermon in einem Satz
zusammenzufassen: Wir haben höchstmögliches Interesse daran, dass die
denkmalgeschützten Teile der Sofiensäle wiederhergestellt werden respektive
erhalten bleiben und in Zukunft für kulturelle Nutzungen verwendet werden
können.
Aber ich
bitte nochmals, von den Fragen der Finanzierung in der Öffentlichkeit möglichst
wenig zu reden, denn je mehr man davon redet, desto teurer wird es für den
Steuerzahler.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke, Herr Bürgermeister, für die informative
Beantwortung. - Die erste Zusatzfrage: Herr GR Strache.
GR Heinz Christian Strache (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Ich danke
auch für die Beantwortung, die Sie vorgenommen haben.
Die Frage war von unserer
Seite nicht ganz scharf formuliert, das gebe ich schon zu, denn wir haben
natürlich den denkmalgeschützten Ballsaal gemeint, wo es natürlich auch möglich
wäre, Überlegungen dahin gehend anzustellen, dass man eben eine
Finanzierungsaufteilung zwischen Eigentümer, Land Wien und Bund finden könnte,
ähnlich wie das damals auch bei dem Hofburgbrand der Fall war. Damals hat man
ja auch die Notwendigkeit gesehen, im Interesse der Republik, im Interesse der
Stadt Wien, natürlich auch mit Steuermitteln dafür Sorge zu tragen, dass dieser
kulturelle Trakt wiedererrichtet wird, und ich denke, dass das ähnlich auch bei
den Sofiensälen, nämlich beim Ballsaal, der Fall sein könnte. Und nur auf den
hat sich die Frage konzentriert, aber eben unscharf.
Konkret jetzt die
Zusatzfrage: Was werden Sie konkret unternehmen? - Der Eigentümer hat ja,
nachdem das Bundesdenkmalamt beschlossen hat, dass der Denkmalschutz aufrecht bleiben
soll, gedroht, dass er nunmehr halt eine Ruine dort stehen lassen wird, die er
dem Verfall preisgeben will. Was werden Sie also konkret unternehmen, um in
Gesprächen mit dem Eigentümer eine andere Haltung bei dem Eigentümer zu
bewirken?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Zunächst ist es mir ohnehin nicht um die semantische
Frage gegangen. Ich habe ausnahmsweise eine sprachliche Unschärfe in meinen
Kommentaren ausgelassen, was ich ja sonst nicht zu tun pflege, wie man weiß,
aber es ist das ja auch nicht unmittelbar das Problem.
Ich glaube nur, dass Ihr Vergleich mit den
Redoutensälen hinkt, nämlich hinkt im Hinblick auf den Eigentümer. Es ist im
einen Fall ein privater Eigentümer, im anderen Fall war der Eigentümer der
Bund. Sohin ist natürlich aus diesen Umständen heraus erklärbar, dass es zwar
die Gemeinsamkeit - auch ein bisschen hinkend und schräg der Vergleich - des
kulturellen Interesses gibt, aber mit Sicherheit den wesentlichen Unterschied
der Eigentümerschaft.
Wenn der jetzige Eigentümer der Sofiensäle erklärt, dass er
nicht daran denkt, seine Liegenschaft in Zukunft zu verwerten, dann würde ich
in Anlehnung an den
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