Gemeinderat,
14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 81
Bereich, in dem sie tätig sein werden - die Stationen, die
Ambulanzen, die Operationssäle, all die Spezialeinheiten -, entsprechend
eingeschult werden.
Wenn es sich dabei um Saisonbedienstete handelt, dann
gehen sie nach einer längeren Einschulungszeit, bis sie voll integriert sind,
wieder von dieser Station, Ambulanz ab. Diese hohe Fluktuationsrate würde einen
Qualitätsstandard nicht möglich machen. Außerdem möchte ich sagen, dass es
nicht nur für die Beschäftigten unerfreulich ist, die dann wieder gehen müssen,
für die Patientinnen und Patienten, die Kolleginnen und Kollegen, sondern es
entstehen Mehrkosten für mich, weil die vorgesetzten Personen und KollegInnen
diese Kolleginnen und Kollegen immer wieder neu einschulen müssen und dadurch
sehr viel wertvolle, kostbare Arbeitszeit für Einschulungsvorgänge verloren
geht.
Es ist für mich sehr, sehr unbefriedigend, wenn ich
das Personal so rasch auswechseln muss, weil ich es gesetzlich nicht anders
beschäftigen darf. Ich glaube, das führt zu einer massiven Verschlechterung und
Verschärfung im Pflegebereich. Nicht nur ich bin in Bezug auf die
Krankenanstalten und Geriatriezentren der Gemeinde Wien sehr unglücklich
darüber, sondern es sind auch alle Institutionen, die Träger privater Krankenanstalten
und Pflegeheime sind, genauso unglücklich und unzufrieden, weil sie nicht
wissen, wie sie ihren Personalbedarf rekrutieren können.
Dieser Gesetzentwurf
gefährdet somit die Versorgung für die Wiener Bevölkerung. Ich möchte aber abschließend
auch darauf hinweisen, dass es sich in Wien schon um eine multiethnische
Gesellschaft handelt und dass daher im Gesundheitswesen ein multikulturelles
Team äußerst sinnvoll ist. - Danke.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. - Erste Zusatzfrage: Frau GRin Dr
Pilz, bitte.
GRin Dr Sigrid Pilz
(Grüner Klub im Rathaus): Frau Stadträtin!
Sie haben uns jetzt sehr
ausführlich erklärt, in welcher kritischen Situation derzeit die Pflege in den
KAV-Häusern ist. Sie haben auch gemeint, eine Imagekampagne würde dem abhelfen
und mehr junge Leute dazu motivieren, diesen Beruf zu ergreifen. (Die
Mikrophonanlage im Saal fällt aus. - Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Ich
höre Sie noch! Wir können es probieren!)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend): Die
Stadt Wien hat ihre Rechnungen pünktlich bezahlt.
Ich unterbreche
die Sitzung für 5 Minuten.
(Die Sitzung wird um
9.25 Uhr unterbrochen und um 9.26 Uhr wieder aufgenommen.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Meine Damen und Herren! Aus 5 Minuten sind
2 Minuten geworden. Ich nehme die Sitzung wieder auf.
Nun darf ich Frau GRin Dr Pilz bitten, neuerlich ihre
Fragen zu formulieren.
GRin Dr Sigrid Pilz
(fortsetzend): Ich werde es nicht
persönlich nehmen, dass meine Frage schon die gesamte Gemeinde so verschreckt
hat.
Kehren wir
zur Situation zurück. Sie reden von Imagewerbung bei den jungen Menschen.
Könnte es nicht auch so sein, dass man weniger Werbung machen muss, sondern
praktisch den Beruf durch eine gute Bezahlung und eine Aufwertung des Berufs im
Krankenhausverbund insgesamt aufwerten muss?
Jetzt zu meiner Frage: In
einigen der mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten - hier ist es so laut,
ich höre es selbst - ist die Gesundheitsversorgungssituation durchaus
katastrophal. Kann man es da als Politikerin eines Wohlstandsstaates vertreten,
dass wir Menschen, die dort um teures Geld ausgebildet werden, dann zu für uns
sehr günstigen Preisen in unserem Bereich beschäftigen? Zuerst werden sie in
Gesellschaften, die sich entwickeln müssen, teuer ausgebildet, und wir
profitieren davon. Denn viele dieser Schwestern haben ein Diplom, können aber
mangels Nostrifizierung hier nur als Pflegehelferin beschäftigt werden.
Ist das eine Politik, die zu
Solidarität in Europa führt?
Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Ich danke für Ihre Anfrage. Ich bekomme immer wieder
von Pflegepersonen gerade aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks Anfragen, ob
sie hier arbeiten können. Denn sie sind zwar gut ausgebildet, bekommen aber
drüben keine Arbeitsstellen, weil Spitäler gesperrt werden, weil diese Länder
sich keine umfassende Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung leisten können.
So kann man dort auch das Heer der Arbeitslosen vergrößern und sie werden in
ihrem Beruf nicht arbeiten können.
Ich glaube, dass es wichtig ist, ihnen die berufliche
Chance zu geben. Ich glaube, gerade diejenigen, die aus den Nachbarländern
Österreichs kommen, werden vielleicht irgendwann einmal wieder zurückkehren,
wenn sich durch die EU-Erweiterung ihre wirtschaftliche Situation gebessert
hat. Aber dass diese Länder Krankenhäuser, Krankenbetten sperren und Personal
einsparen, liegt nicht in meinem Verantwortungsbereich. Ich halte es
insbesondere in allen medizinischen Berufen für sehr wichtig, dass man immer
wieder in der Praxis tätig ist, um auch in der Tätigkeit die Erfahrung zu
sammeln, die nötig ist, dass man gut ist.
Ich würde mir wünschen, dass unsere Nachbarländer
eine ähnlich gute medizinische Versorgung haben und anbieten können, wie sie
hier bei uns üblicher Standard ist. Leider ist dem nicht so, und es sind diese
Kräfte sehr dankbar, wenn sie wenigstens für einige Zeit hier ihren
Lebensmittelpunkt finden oder wenn sie für immer hier arbeiten können. Uns ist
im Moment auch damit geholfen.
Die Nostrifizierung
ist wichtig. Auch unsere Leute in anderen Ländern haben sie, weil jedes Land
andere Standards hat, und bis zur Erreichung der Nostrifizierung arbeiten sie
daher als Pflegehelfer. Das war aber genauso, als noch Mediziner, ausgebildete
Ärzte in den Pflegedienst genommen wurden. Sie konnten auch nur als
Pflegehelfer eingestuft werden, außer sie hätten eine weitere Ausbildung
gemacht. Denn es ist eben ein Beruf "Diplomierte Krankenpflegefachkraft",
und wenn ich
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