Gemeinderat,
13. Sitzung vom 20.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 36
tatsächlich
schlagend wird und nicht aufgehoben werden sollte, dann erhöht sich dieser Betrag
um etwa 376 000 EUR, entspricht etwa 5,1 Millionen S, also
erhöht sich um diesen Betrag, auf 7,5 Millionen EUR, etwa
104 Millionen S.
Noch einmal, zum Verständnis: in drei Jahren
200 Millionen S weniger von Bundesseite für die Wiener Kunst und
Kultur und allein 104 Millionen S weniger für die großen Bühnen.
Wenn man dazu noch berücksichtigt, dass sich der Bund auch
bei Bundesinstitutionen, die in Wien liegen, ebenfalls nicht der Kürzungen
enthält, wenn man weiters berücksichtigt, dass der Bund das Subsidiaritätsprinzip
noch strenger auslegt als bisher und wenn man ferner berücksichtigt, dass die
Rahmenbedingungen vom Bund verschärft werden - ich möchte da nur das Stichwort
"Künstlersozialversicherung" und das Stichwort "neue
Selbständige" nennen -, dann liegen die unmittelbaren Konsequenzen klar
auf der Hand. Die Kultur in Wien wird von Bundesseite zunehmend ausgetrocknet
und die Kulturschaffenden werden sich verstärkt an die Stadt Wien wenden. Sie
tun das auch schon.
Ich fürchte daher schon jetzt die mittelbaren Konsequenzen.
Bedenken Sie, meine Damen und Herren, dass die Stadt Wien wie alle Bundesländer
zum Erreichen des Maastricht-Ziels enorm beiträgt. Wenn der Bund diese
Kürzungen nicht zurücknimmt, dann droht das Kulturangebot in Wien schlicht und
einfach geringer zu werden, dann gehen Arbeitsplätze verloren und dann läuft
Wien Gefahr, seinen Platz als zweitlebenswerteste Stadt im Weltranking zu
verlieren.
Aus dieser Sorge ist es durchaus verständlich, meine Damen
und Herren, dass sich erst kürzlich sehr viele Theaterdirektorinnen und
Theaterdirektoren Wiens in einer Petition an den Herrn Staatssekretär mit dem
Ziel gewandt haben, der Bund möge seine Kürzungen zurücknehmen. Das ist nur die
letzte Mahnung von vielen. Die Bundesregierung eines Kulturlandes wie
Österreich täte gut daran, sie endlich ernst zu nehmen.
Ich füge hinzu, die Krokodilstränen so mancher Wiener
Oppositionspolitiker wären ein wenig glaubwürdiger, würden Sie sich auch dazu
einmal äußern. Schließen Sie sich uns doch im Bestreben und im Bemühen, diese
200 Millionen S weniger für die Wiener Kultur wieder rückgängig zu
machen, an!
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik:
Frau GRin Ringler, bitte.
GRin Marie Ringler
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sie
wissen, wir sind ganz bei Ihnen, wenn es darum geht, die Kürzungen des Bundes
zu verurteilen. Wir halten das für ein ganz problematisches Signal und sind
immer sehr dezidiert dagegen aufgetreten, wie Sie auch wissen.
Was mich
allerdings - darauf möchte ich schon hinweisen - verwundert, ist, wenn wir mit
diesen Kürzungen in Wien konfrontiert sind, wie es dann sein kann, dass die
SPÖ-Stadtregierung das Donauinselfest und das Stadtfest im letzten Jahr nicht
nur weiter finanziert, sondern auch noch um 20 Prozent erhöht hat.
Wie können
Sie diese Erhöhungen angesichts der Kürzungen des Bundes rechtfertigen?
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Ganz sehe ich den Zusammenhang nicht. (GRin Marie Ringler: Das ist Ihr Budget!) Das
Bundesbudget ist nicht mein Budget. Das eine sind Kürzungen im Bundesbereich,
die stattfinden und sehr drastische Auswirkungen haben, wie ich gerade
darzustellen versucht habe. Das andere ist das Wiener Kulturbudget, das im
operativen Bereich, wie Sie wissen sollten, es aber noch immer nicht
akzeptieren, gestiegen ist.
Ich halte
besonders das Donauinselfest für einen wichtigen Bestandteil in einer
Gesamtsicht des Wiener Kulturlebens und sehe nicht, warum wir das nicht unterstützen
sollten, unabhängig davon, dass Kürzungen des Bundesbereichs natürlich auch auf
Wiener Kulturinstitutionen durchschlagen. Aber das eine hat mit dem anderen
nichts zu tun.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Herr GR Dr Salcher, bitte.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sie
sagen bei allen Veranstaltungen, auch öffentlich, und lassen sich auch hier im
Gemeinderat fragen, dass es quasi ein einziges Problem in der Kulturstadt Wien
gibt, nämlich den Bund. Was man bei dieser Situation ein bisschen vergisst, und
das möchte ich hier schon allen als Einleitung zu meiner Frage sagen, ist, dass
fast 73 Prozent der Gesamtbundesförderung - Sie müssten das wissen - in
die Bundeshauptstadt Wien fließen. Da wird man sagen, na gut, mit den Theatern
und den Museen, aber die Theater und die Museen sind da noch nicht dabei.
Herr
Stadtrat, mit Ihrem politischen Agieren, mit dieser bewussten Polarisierung in
Richtung der Bundesregierung, führen Sie natürlich dazu - Sie wissen auch das
-, dass die Bundesländer beginnen, einen immer stärkeren Druck auf den Bund zu
entwickeln und fragen, warum der Bund eigentlich Theater, nämlich die Bundestheater,
finanziert, die mehr oder weniger ausschließlich der Stadt Wien zu Rande kommen.
Ich glaube, dass das nicht klug ist.
In der
Vergangenheit hat es ein sinnvolles Zusammenwirken, und zwar unabhängig von den
politischen Verhältnissen gegeben. Sie wissen, dass Ihr Vorgänger mit dem
sozialdemokratischen Staatssekretär sehr gut zusammengearbeitet hat, zum Wohle
der Stadt und dieses Landes.
Daher
frage ich Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat: Glauben Sie nicht auch, dass es
besser wäre, auf eine konsensuale und eine gute Zusammenarbeit mit dem Bund
einzuwirken, um nicht andere zu provozieren, auf Gedanken zu kommen, die immer
stärker in den Bundesländern hervortreten und letztlich finanziell zum Schaden
der Stadt Wien führen würden?
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