Gemeinderat,
11. Sitzung vom 01.2.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 94
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wenn sich die Herrschaften von der ÖVP schon
aufregen, bevor ich rede, wie wird das erst, wenn ich jetzt etwas zur
Sir-Karl-Popper-Schule sage? (GR Gerhard Pfeiffer:
Es kann nur besser werden! - GR Dr Matthias Tschirf: Ja, es kann nur besser
werden!) Ich habe noch gar nicht angefangen. Sie brauchen noch nicht im
Chor herauszuschreien!
Ich will es nur kurz machen. Also, die GRÜNEN haben
im Kollegium des Stadtschulrats gegen die Sir-Karl-Popper-Schule gestimmt. Es
wäre ja ein bisschen absurd, würden wir sagen, wir sind gegen die
Sir-Karl-Popper-Schule, aber ein Sekretariat sollen sie schon bekommen. Also,
allein das ist ja Grund genug, das abzulehnen.
Ich möchte aber schon auch ein paar prinzipielle
Worte zur Schulpolitik sagen, damit auch klar ist, warum wir die
Sir-Karl-Popper-Schule ablehnen. Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten. Die
eine Möglichkeit ist die Segregation, die man so lange treiben kann, bis man
vermeintlich homogene Klassen vor sich hat. Das ist die eine Möglichkeit. Da
sagt man, die ganz Dummen tun wir in eine Sonderschule, die ein bisschen
weniger Dummen kommen in eine Hauptschule, dann gibt es noch etwas dazwischen
mit dem Schulversuch Mittelschule, die G'scheiteren kommen dann in die AHS, und
die ganz G'scheiten kriegen dann auch wieder ihr eigenes Getto. Das ist genau
jene Form von Schule, der wir eine eindeutige Absage erteilen.
Unsere Vorstellung ist eindeutig der andere Weg,
nämlich diese gemeinsame Schule, die Gesamtschule. Nennen wir es so, wie es ja
ursprünglich auch geheißen hat. Die Gesamtschule, wo alle Schülerinnen und
Schüler aus einer Region oder wie auch immer zusammengewürfelt gemeinsam eine
Schule mit kleinen Klassen und einer inneren Differenzierung und mit der
Möglichkeit von zu viel Individualität besuchen.
Ich stelle mit großer Genugtuung fest, dass bei der
PISA-Studie, wo ja Basiskompetenzen abgefragt wurden, und ich denke, wir sind
uns darin einig, dass es um diese Basiskompetenzen im Wesentlichen geht, die
Gesamtschule eindeutig die Nase vorne gehabt hat und - (GR Dr Matthias Tschirf geht zum Schriftführer GR Robert Parzer.)
aha, die erste Wortmeldung kommt schon - bei der Gesamtschule sowohl jene
Schülerinnen und Schüler, die sehr gut sind, sehr gut im Vergleich
abgeschnitten haben, und dass auf der anderen Seite die schwächsten
Schülerinnen und Schüler einer Gesamtschule eindeutig besser sind, als jene
einer segregativen Schule. Das sollte abgesehen von jeder Ideologie allen,
denen Schule und Lernen wirklich am Herzen liegt, doch ein Hinweis darauf sein,
dass man noch einmal nachdenken sollte und sich vielleicht doch zu einer
gemeinsamen Schule aufraffen sollte.
Ich war gestern und heute am Vormittag bei einer großen
Veranstaltung zum Thema PISA-Studie, bei der auch Mitglieder aus Finnland,
Schweden und England ihre Schulen und ihre Systeme beschrieben haben. Es war so
eindeutig, warum das gut funktioniert und warum dem der Vorzug zu geben ist. So
viel einmal dazu.
Das Zweite, der vorliegende Antrag, der hier gestellt
wird. Sie beantragen 1 Million S und zählen auch auf, wofür das Geld
verwendet würde, nämlich für Bürokraft, Bürokosten, Folder, Broschüre,
Lehrerfortbildung und Kontakte, Konsulentenschülerauswahl, Öffentlichkeitsarbeit,
Ausstattung von Klassenzimmern und EDV-Ausstattung.
Ich kann Ihnen versichern, dass jede einzelne
Pflichtschule, die es hier in Wien gibt und für die der Gemeinderat eigentlich
zuständig ist und keineswegs für eine total ausfinanzierte Regelbundesschule,
das auch gerne hätte. Es hat nämlich keine Pflichtschule in Wien ein
Sekretariat oder Derartiges, und die hätten das auch alle gern, und da wären
wir zuständig.
An dem Tag, wo Sie alle hier sagen: Ja, wir sind der
Meinung, dass jede Wiener Pflichtschule und auch jede Wiener weiterführende
Schule derartig ausgestattet werden soll, wie es hier beantragt wird, werde ich
auch der Sir-Karl-Popper-Schule-Finanzierung durchaus zustimmen können.
Ich verstehe nicht, meine Damen und Herren von der
SPÖ, wie Sie es auf der einen Seite faktisch hinnehmen müssen, denn es bleibt
Ihnen nämlich nichts anderes übrig, dass bei den Pflichtschulen in dem Ausmaß
gekürzt wird, wie gekürzt wurde, wo gerade dort gekürzt wird, wo es den Kindern
besonderen Spaß macht, nämlich bei den unverbindlichen Übungen und wo mehr als
400 Lehrer weggekürzt wurden, wo Sie das auf der einen Seite zur Kenntnis
nehmen und auf der anderen Seite zustimmen, dass die ÖVP für ihre
Hochbegabten-Schule noch zusätzliche Mittel lukriert, die keine andere Schule
bekommt.
Ich verstehe es nicht und möchte auch heute im
Wesentlichen eigentlich nicht darüber diskutieren. Ich habe mich im
Wesentlichen nur zum Wort gemeldet, um alle, die hier sitzen, darauf aufmerksam
zu machen und auch die Bitte daran anzufügen, diese PISA-Studie bitte wirklich
genau zu studieren und dann zu schauen, was am besten ist. Vielleicht überzeugt
das auch die SPÖ, dass man durchaus wieder zu dem, was Gesamtschule heißt,
zurückkehren kann und dafür eintreten kann. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Strobl. Ich
erteile es ihm.
GR Walter Strobl
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Ich bin ein bisschen verwundert, aber in Wahrheit
natürlich nicht überrascht, dass von der linksgrünen Seite ein neues Bekenntnis
zur Gesamtschule kommt. Was könnte sonst wohl an neuen Ideen von dort kommen? -
Dass das ein Auslaufmodell ist, wissen mittlerweile alle, die auch die
PISA-Studie genau gelesen haben. Denn es wird in der PISA-Studie eindeutig
festgehalten, dass die Schulsysteme, egal um welche Art und Weise der
Gliederung es sich handelt, nicht übertragbar sind, auch nicht austauschbar
sind und dass das auch gar nicht Gegenstand der Studie der Evaluation gewesen
ist.
Es geht um Kompetenzen, die sie, und das ist das
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