Gemeinderat,
11. Sitzung vom 01.2.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 94
Es muss die Stadtregierung eine Willenserklärung abgeben,
dass sie auch wirklich für die Wiedererrichtung eintritt. Da kann man sich
nicht auf das Bundesdenkmalamt ausreden, dass dieses eine Entscheidung zu
treffen hat, und dann hofft man halt, dass auf Abriss entschieden wird, damit
man fein aus dem Schneider ist.
Wenn Herr Klubobmann Chorherr von den GRÜNEN sich
heute herausgestellt und gemeint hat, dass es da bestimmte Eigentumsverhältnisse
gibt, so ist das richtig, keine Frage, aber es gibt auch ein öffentliches
Interesse, es gibt auch Versicherungssummen, die ausbezahlt werden. Da ist es
doch klar auf der Hand liegend, dass diese Versicherungssummen, die der
Eigentümer bekommen wird, natürlich in die Wiedererrichtung des historischen
Saales zu investieren sind. Und weil wir ein öffentliches Interesse haben,
müssen - so wir das auch wirklich alle haben - auch wir hergehen und
öffentliche Gelder von Seiten der Stadt Wien für die Wiedererrichtung zur
Verfügung stellen. Da spricht nichts dagegen und deshalb spreche ich mich auch
ganz klar und deutlich gegen den Abrissfetischisten Chorherr aus, der hier
schon gleich nach dem Brand gesagt hat, die Sofiensäle sollen abgerissen werden
und es soll ein gänzlich neues Projekt entstehen.
Eines möchte ich schon auch festhalten: Die ganze
Geschichte um die Sofiensäle ist schon auch eine Skandal- und
Kriminalgeschichte. Das kann man nicht einfach so beiseite wischen. Es gibt
vier Zeugen, die ganz, ganz harte Aussagen gemacht und auch festgeschrieben
haben. Unabhängig voneinander haben sie Aussagen gemacht, die sich darin
decken, dass eine Brandstiftung sehr wohl ernsthaft in Erwägung zu ziehen ist.
Wir als Freiheitliche Partei haben diese Zeugenaussagen und die
Sachverhaltsdarstellung damals an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Bis
zum heutigen Tag ist kein einziger Zeuge einvernommen worden. Das ist eine
Unglaublichkeit, die sich hier abspielt in dieser Stadt. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sie meinen eine Bundesbehörde!)
Einfach den Akt an das Bezirksgericht weiterzuleiten, das erinnert schon ein
bisserl an das "heitere Bezirksgericht", wo man etwas schubladisieren
will und wo man einfach nicht hergeht und ordentlich recherchiert und ermittelt
in diesem Fall. Und das ist das Unglaubliche, das es auch anzusprechen gilt.
Wir sind deshalb hergegangen und haben diese
Sachverhaltsdarstellung auch an Volksanwalt Stadler weitergeleitet, denn wir
sind der Auffassung, dass man in dieser Frage, wo sogar die Bürger schon recht
offen sagen, die Sofiensäle seien warm abgetragen worden - cui bono, wem nützt
es; es wird schon jemand ein Interesse daran gehabt haben -, kein Interesse an
Aufklärung hat. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Brandursache wirklich
aufgeklärt wird und dass man nicht zur Tagesordnung übergeht.
Zum Abschluss sei auch noch eines gesagt: Das
Denkmalamt hat in dieser Frage auch sehr, sehr fragwürdig agiert. Denn das
Denkmalamt hätte die gesetzliche Verpflichtung gehabt, nach dem Brand umgehend
dafür Sorge zu tragen, dass ein Schutzdach über den Sofiensälen installiert
wird, damit eben die Sofiensäle nicht der Witterung ausgesetzt sind und
eventuell eine weitere Zerstörung erfolgt. Es hat das monatelang nicht gemacht,
erst nach Initiativen von unserer Seite, nämlich von freiheitlicher Seite, ist
man aufgewacht und hat dann nachträglich eine Alibiverhüllung vorgenommen, die
auch von prominenten Architekten als sehr umstritten angesehen worden ist.
Vorsitzende GRin Josef Tomsik (unterbrechend):
Herr Kollege Strache! Kommen Sie zum Schluss bitte!
GR Heinz Christian Strache (fortsetzend): Ich komme zum Schluss. - Das sollte man
schon alles in Betracht ziehen, und man sollte sich nicht hier herausstellen
und dann so tun, als würde einen das alles nichts angehen. Das geht die
Stadtregierung etwas an und ich erwarte von der Stadtregierung, dass sie heute
auch eine klare Willenskundgebung unterstützt, denn wir werden diesbezüglich
heute noch einen Antrag einbringen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Schieder zum Wort gemeldet.
Ich erteile es ihm.
GR Andreas Schieder (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Bis vor fünf Minuten war ich sehr froh auch über die
Debatte zum Thema Sofiensäle, weil sie sehr einheitlich auch die Meinung des
Hauses wiedergegeben und die Stellung der Sofiensälen unterstrichen hat. Die
letzten Minuten haben hier doch ein bisschen ein anderes Zeugnis abgelegt und
ich möchte Ihnen schon eines sagen, Herr Strache: Wenn Sie da eine
Kriminalgeschichte vermuten und auch Zeugen haben, Beweise haben und was Sie
hier alles angekündigt haben, dann übernehmen Sie halt die Schritte, die notwendig
sind. Dann gehen Sie nicht zum Volksanwalt, sondern gehen Sie zum Herrn
Justizminister, der ist nämlich die zuständige Bundesbehörde, die hier zu
agieren hat. Der steht Ihnen ja noch dazu auch parteipolitisch nahe. Sie können
auch, wenn Sie der Meinung sein, der Herr Justizminister ist inaktiv, im
österreichischen Nationalrat eine Anfrage an ihn stellen und ihn auffordern,
aktiv zu werden. Das ist Ihnen alles unbenommen. (GR Kurth-Bodo Blind: Das haben wir auch getan!) Aber Ihre
verfassungsmäßigen Halbwahrheiten, die Sie hier verkünden, sind schwach. (Beifall bei der SPÖ. - GR Kurth Bodo-Blind:
Das haben wir auch getan, Herr Kollege! Wir sind zur Staatsanwaltschaft
gegangen und haben die Staatsanwaltschaft aufgefordert, die Beweise zu
würdigen!)
Ich glaube - und das ist wohl der wahre Hintergrund
-, dass die Sofiensäle jetzt nicht noch ein weiterer Punkt sein werden, über
den sich die FPÖ intern zusätzlich zerfleischen wird - da haben Sie ja schon
genug andere Punkte -, deswegen scheinen Sie das jetzt hierher tragen zu
wollen. Ich möchte zum Thema Sofiensäle aber lieber, auch für meine Fraktion,
bei den Fakten bleiben.
Die Sofiensäle sind ja über Jahrhunderte berühmt geworden,
nicht nur durch die Clubbings - das möchte ich auch der Kollegin von den Grünen sagen -, sondern durch eine
Vielzahl von Veranstaltungen. Und gerade
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