Gemeinderat,
10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 56
nahmen des WAFF der Weg in die richtige Richtung sind. (GRin
Dr Monika Vana: Ja, aber zu wenig!)
Auch die Bundesregierung muss aus unserer Sicht auf
dieses Spezialwissen und die Struktur von Frauenqualifizierungsprojekten
zurückgreifen und diese in einem größeren Rahmen nutzen, um die Erwerbsbeteiligung
von Frauen zu erreichen, die wir uns vorstellen. Allerdings bin ich zum
Beispiel sehr gespannt darauf, was hinter den Bundes-AMS-Aktivitäten steht, zu
denen uns in Wiener U-Bahn-Stationen und auf den Straßen überall Citylights mit
"Nicht die Branche wechseln, sondern die Etage" entgegenscheinen.
Denn das würde ja bedeuten, dass dahinter eine Vielzahl von Ideen im Bund
stecken müssten, wie man solche Frauenqualifizierungsprojekte implementieren
könnte.
Statt aber aktive Arbeitsmarktpolitik für Frauen zu
betreiben, werden nach dem Gießkannenprinzip die neuen Leistungen der
Familienförderung geschaffen. Zum Kinderbetreuungsgeld, das heute schon zweimal
positiv erwähnt worden ist, kann ich nur sagen: Es verursacht jährlich
Mehrkosten von 727 Millionen EUR, und die Anhebung der
Familienbeihilfe ab dem vierten Lebensjahr im Jahr 2003 wird jährlich weitere
145 Millionen EUR an Mehrkosten umfassen. Diese finanzielle
Umverteilung bedeutet für Frauen mehr Geld für längere Berufsunterbrechung und
weniger Geld für die Unterstützung des Wiedereinstiegs. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir fordern, dass es zu keinen Kürzungen der Mittel
für die aktive Arbeitsmarktpolitik und speziell für Frauenmaßnahmen durch den
Bund kommt und dass die Zielvorgaben mit dem erforderlichen Handlungsbedarf für
Arbeitslose konform gehen müssen. Das bedeutet für uns auch, dass es Ziele
geben muss, die die Weiter- und Höherqualifizierung von Frauen in Branchen mit
Niedriglöhnen und in Branchen, in denen Frauen von Arbeitslosigkeit massiv
betroffen sind, mit sich bringen.
Es ist für uns selbstverständlich, dass dann, wenn
ein vorteilhafter Beschäftigungstrend für Frauen prognostiziert wird, wie das
2002 ja der Fall ist, auf die Qualität der Arbeitsplätze und auf die Art der
Beschäftigung geachtet werden muss. Diese Qualität darf nicht außer Acht
gelassen werden. Die atypischen Beschäftigungsverhältnisse und
Teilzeitbeschäftigungen sind natürlich etwas, von dem wir sagen: Das ist für
uns kein positiver Beschäftigungstrend für Frauen. (Beifall bei der SPÖ sowie der GRin Dr Monika Vana.)
In Sonderprogrammen für Frauen muss auf spezifische
Wiedereingliederungshemmnisse Bedacht genommen werden. Deshalb sind wir gerade
intensiv dabei, mit dem AMS Wien noch einmal zu untersuchen, welche SÖB- und
GBP-Maßnahmen - also Maßnahmen, die die Frauen tatsächlich lang anhaltend am
Arbeitsmarkt Platz geben - erhalten werden können. Qualifizierungsmaßnahmen
dürfen nämlich aus unserer Sicht nicht nur Kurzmaßnahmen sein, die
vorübergehend die Statistik erhellen. Nicht zu vergessen ist aber bei dieser
ganzen Frauen-und-Arbeitsmarkt-Diskussion, dass durch die Einführung des
Kinderbetreuungsgeldes ohnehin mit einem reduzierten Arbeitskräfteangebot durch
das zusätzliche Karenzjahr gerechnet werden muss.
Was ich an dieser Stelle noch sagen möchte, ist:
Lenken Sie mit diesem Sondergemeinderat nicht vom falschen Weg der
Bundesregierung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik ab. Wir Wiener
SozialdemokratInnen verlangen einen Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik.
Denn die frommen Wünsche sind einfach zu wenig! (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als
nächste Rednerin ist Frau GRin Jerusalem gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Susanne Jerusalem
(Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Frau Vorsitzende!
Ich hoffe, Christoph Chorherr ist mir jetzt nicht
böse - aber mir ist ein leiser Zwischenruf von ihm im Hinterkopf hängen
geblieben, der in etwa so lautete: Er ist immer wieder davon fasziniert, er
findet es einfach faszinierend, dass die SPÖ so wenig dazu neigt oder so wenig
dazu in der Lage ist, Selbstkritik zu üben. (Widerspruch bei der SPÖ.)
Ich muss sagen, ich denke mir das auch immer wieder.
Jetzt denke ich mir ... (GR Franz Ekkamp: Selbstkritik ...!) Ja, das
steht allen gut an, wir können uns auch in Selbstkritik üben. Selbstkritik
halte ich für eine Basiskompetenz und genau darüber möchte ich sprechen. Man
könnte nämlich bei der PISA-Studie 2000 neben den vorhandenen Basiskompetenzen
auch jene der Selbstkritik mit hineinnehmen und einmal darüber nachdenken, was
man selbst falsch gemacht hat. Denn wenn Ihr Klubobmann Oxonitsch zu dem
Schluss gekommen ist, das fürchterliche Ergebnis am Wiener Arbeitsmarkt ist
bereits das Ergebnis der vielen Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, dann tut mir
das sehr Leid und halte ich das für sehr schlecht für Wien.
Ich möchte jetzt - ganz ohne "Quark breitzutreten",
wie Ihr Obmann gesagt hat, oder "Topfen" zu sprechen - in aller Kürze
darauf hinweisen, dass es einen Faktor gibt, der heute in dieser Diskussion
nicht unerwähnt bleiben soll. Das ist die Bildung. Bildung ist wichtig, Bildung
ist auch für den Arbeitsmarkt wichtig, und Bildung ist für alle jungen Menschen
wichtig, die in den Arbeitsmarkt hinein wollen. Bildung ist auch für die Wirtschaft
wichtig.
Ich denke, wir sollten uns da ein paar Fragen stellen,
zum Beispiel die Frage, was mit den 15-Jährigen ist, die keine Lehrstelle
erhalten, also gar keine Chance auf eine Zukunft haben. Herr StR Rieder hat
heute bereits über die 19- bis 25-Jährigen gesprochen und gemeint, Jugendarbeitslosigkeit
ist eine gesellschaftspolitische Frage. Ich stimme ihm zu. Aber ob 15-Jährige
überhaupt eine Lehrstelle erhalten, ist auch eine gesellschaftspolitische
Frage, und auch mit dieser Frage muss man sich beschäftigen.
Jetzt wiederhole ich etwas, was ich schon mehrfach gesagt
habe. Ich bin definitiv der Meinung und fordere die SPÖ auch dazu auf, für
diese 15-Jährigen zu garantieren - das ist eine kommunalpolitische Aufgabe,
wobei
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