Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 125 von 138
Frau GRin Reinberger
zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. (GR
Godwin Schuster: Frau Reinberger! Bitte zwei Seiten weniger! - Weitere
Zwischenrufe.)
GRin Brigitte Reinberger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Frau
Stadträtin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte
nicht ganz in die Wehleidigkeit meines ÖVP-Vorredners einstimmen, obwohl er
inhaltlich natürlich Recht hat damit, dass die Art und Weise, wie uns das
präsentiert wurde und wie wir mitgestalten konnten, einzigartig ist. Ich hoffe,
es bleibt auch für die Zukunft einzigartig.
Ich verkenne
nicht, dass die Experten in diesem Fachgremium sich sehr viel Mühe gemacht
haben und versucht haben, alle Aspekte unter einen Hut zu bringen, und dass sie
auch einiges abgewogen haben. Dennoch ist es sehr schade, dass es darüber keine
Diskussion gegeben hat. Wir konnten einige Fragen stellen, aber eine wirkliche
Diskussion hat es nicht gegeben. Es hat gleich geheißen: Das ist ein geschnürtes
Paket, das man nicht mehr aufschnüren kann. - Damit ist von vornherein
klargestellt worden, dass keine Änderungen mehr vorgenommen werden. Aber sowohl
aus den Unterlagen, als auch aus den Gesprächen ist hervorgegangen, dass eine
Reihe von Fragen offen geblieben oder sogar noch hinzugekommen ist.
Vieles deckt
sich inhaltlich mit dem, was meine Vorredner gesagt haben. Das betrifft
zunächst den Punkt, dass die Entscheidung darüber gefallen ist: Der Mist muss
verbrannt werden. Die Verbrennung steht daher ohnehin fest. Jetzt geht es um
Fragen wie diese: Wie hoch ist die zu verbrennende Müllmenge? Wie hoch ist die
Verbrennungskapazität? - Dazu hat das Öko-Büro eindeutig gesagt, es sollen
zuerst einmal die Vermeidungsmaßnahmen evaluiert werden, bevor man sich darauf
festlegt, welche Kapazität eine Verbrennungsanlage haben soll.
Kollege
Maresch hat schon Herrn Prof Vogel zitiert, und auch ich habe mir das aus der
Besprechung mitgenommen: Jede vermiedene Tonne erspart für alle Ewigkeit - oder
zumindest langfristig, wie Sie gesagt haben - Anlagenkapazität und Geld. Auch
das wurde hintangestellt. Daher war die Einigung der Experten keineswegs
eindeutig.
Es sind noch
sehr viele Dinge offen. Wie gesagt, es gibt kein Konzept zur Vermeidung. Es
gibt auch zum Beispiel noch nicht diese Studie über die Zusammensetzung und das
Aufkommen der Baustellenabfälle. Die Baustellenabfälle machen einen nicht
unerheblichen Anteil an unserem Müll aus.
Die nächste Frage
betrifft die Art der Verbrennung. Die Kollegen von den GRÜNEN haben gefragt,
wieso nicht der Wirbelschichtofen in die Entscheidung mit einbezogen wurde und
wieso die Müllverbrennung auf diese Art vor sich gehen soll. Die lapidare
Antwort war: Weil es die Fernwärme Wien nicht will.
Zur
Müllverbrennungsanlage Flötzersteig habe ich mir erlaubt zu fragen, wie die
Stellungnahme der Fernwärme Wien zu verstehen ist, in der folgender Hinweis
enthalten ist: Immerhin hat die Anlage Flötzersteig einen hohen Wert, und man
weiß eigentlich nicht, ob es wirklich gescheit und wirtschaftlich vernünftig
ist, dort zuzusperren. Auch Herr Dior Skyba hat zu einem Zeitpunkt, zu dem er
den Inhalt und das Ergebnis schon gekannt hatte, in einem Interview mit der
Presse gesagt, dass er nichts von einer Schließung weiß und auch dagegen ist,
dass geschlossen wird.
Die Antwort,
die wir in dem Zusammenhang bekommen haben, lautete: Das ist so paktiert. - So
steht es aber nicht fest, weil, wie gesagt, diese Stellungnahme der Fernwärme
Wien aufrecht ist. Abgesehen davon wird selbst dann, wenn jetzt der
Flötzersteig geschlossen werden sollte, der Spitzenlastkessel dort in der
Umgebung sein.
Was
die Fernwärme Wien selbst anbelangt, fand am gleichen Tag, als unser
Fachexpertengespräch abgehalten und dort die Möglichkeit geboten wurde, Fragen
zu stellen, eine Bezirksvertretungssitzung im 23. Bezirk statt. Da sagte
der dortige Bezirksvorsteher, der sich im Gegensatz zu seinem Kollegen aus
Simmering sehr auffällig darüber verschwiegen hat, was einen möglichen Standort
anbelangt, etwas sehr Interessantes: Er diskutiert nicht über den Standort,
weil das keine politische Entscheidung ist, sondern es wird einen privaten
Betreiber geben, und dieser Betreiber wird selbst entscheiden, wo er was hinbaut,
und sofern die Flächenwidmung, nämlich eine Industriegebietswidmung, dies
zulässt, kann er entscheiden, wo er das tut.
Die Conclusio
für mich und meine freiheitlichen Kollegen ist, die Fernwärme Wien will an dem
von ihr bevorzugten Standort eine ihr genehme Verbrennungsart und so viel an
Kapazität wie möglich, nötigenfalls durch Zukauf von außerhalb, weil man die
Anlagen auslasten will. Für mich ist überhaupt nicht sicher - und
offensichtlich auch für die grünen Kollegen nicht -, dass der Flötzersteig
wirklich zugesperrt wird.
Mir kommt es
mit dem Müll genauso vor, wie mit der erneuerbaren Energie. Da trifft WIENSTROM
die Entscheidung, daher gibt es keine akzeptablen Förderungen, keine
akzeptablen Fördermodalitäten, die man sich für eine Umweltmusterstadt wünschen
würde, und daher gibt es in Wien auch kaum etwas im Bereich der erneuerbaren
Energie, also Fotovoltaik und so weiter, weil WIENSTROM das ganz einfach nicht
mag.
Der nächste
Punkt: Es hat in dem Papier geheißen, dass die Autarkie ein Grundsatz ist. Es
ist an und für sich etwas Begrüßenswertes und Hochanständiges, wenn man sagt:
Jeder soll den Dreck, den er verursacht, auch selbst entsorgen und verarbeiten.
Aber die Wiener sind ohnehin belastet - und da wird die Autarkie nicht
eingehalten -, indem sie Sondermüll aus ganz Österreich, oder zumindest aus
halb Österreich, hier in Wien verbrennen dürfen.
Es wird in dem Papier
von Kooperationen gesprochen,
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