Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 105 von 138
zum Anschluss
Österreichs an Deutschland präsentiert, was wieder eine Erinnerung an den
einzigen Staat wachruft, der gegen den Einmarsch Hitlers protestiert hat.
Ebenso will
man die Aktualisierung des Bestands an Biografien exilierter Österreicher und
Österreicherinnen fördern. Eine Arbeit, die von Österreich bisher nicht
besonders geschätzt und auch nicht besonders gefördert wurde.
Der
Schwerpunkt im DÖW-Jahrbuch 2002 wird Widerstand und Verfolgung sein. Keine
Angst, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, es ist nicht der
Widerstand von heute. Es ist der Widerstand zwischen 1938 und 1945.
Ein weiteres
Projekt ist abgeschlossen, und zwar "NS-Euthanasie Hartheim", auch
ein Thema, das gewiss kein ruhmreiches Kapitel für Österreich darstellt, aber
trotzdem ins Auge gefasst werden muss, um noch gutmachen zu können, was
vielleicht noch gutzumachen ist.
Für die
Historikerkommission hat das DÖW die zwei Projekte "Entschädigungsgesetze
nach 45" und "Vermögenssteuer bei politisch Verfolgten"
durchgeführt. Auch ein äußerst interessantes, brisantes Thema, das sicher hier
nicht jedem gefallen wird.
Ein äußerst
interessantes Projekt ist ebenfalls "NS-Opfer vor 38", weiters
"Mahnen und Gedenken in Niederösterreich" und jetzt im Frühjahr wird eine
Tagung zum Thema "Rassenhygiene und Eugenik vor 38" stattfinden.
Ich denke, Kollegen und Kolleginnen der Freiheitlichen, der Opposition
überhaupt, hier wird sogar der Problematik einer SPÖ-Ikone nachgespürt: Julius
Tandler. Das wäre es doch wert, den Subventionen für das DÖW zuzustimmen und
die Angst, die Sie vor der eigenen Problematik haben, kann nicht so groß sein,
oder?
Leider kann
ich nur sagen, es ist mit der Aufarbeitung der Vergangenheit für das DÖW nicht
getan. Zu viel Wiederbetätigung und Annäherung an eine nationalsozialistische
Ideologie sind noch lebendig. Solange eine Partei in diesem Saal Mandatare in
ihren Reihen hat, die Verbindungen und Vereinen angehören, die nach Meinung des
Landesamtes für Verfassungsschutz in Hamburg als rechtsextrem eingestuft werden
- ich glaube, das stimmt -, ist äußerste Vorsicht geboten, denn der Schoß ist
noch fruchtbar.
Im
Innenministerium gab es einen Rechtsextremismusbericht, der auf Intervention
zweier namhafter freiheitlicher Politiker eingestellt wurde. Das heißt, es wird
in Österreich zukünftig kein Rechtsextremismusbericht mehr aufgelegt werden.
Solange man
wieder bereit ist, in die tiefste Schublade der antisemitischen Verhetzungen zu
greifen, um Wahlen zu gewinnen, so lange ist es für das Wohl und Wehe dieser
Republik, unser Ansehen in der Welt, unsere Würde und unseren gegenseitigen Respekt
wichtig, diesen Anfängen zu wehren.
Deswegen ist
es extrem wichtig, einer Institution alle Mittel zu gewähren, die sie für eine
frühzeitige Sichtbarmachung und Auflistung der Gefahren eines Taumelns in die
Vergangenheit eines Dritten Reichs und vielleicht einer Dritten Republik
benötigt! - Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Als
Nächster ist Herr GR Mag STEFAN zum Wort gemeldet. - Bitte.
GR Mag Harald STEFAN (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Frau
Berichterstatter! Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir haben
soeben ein Musterbeispiel dafür gehört, wie Diskussion über Geschichte geführt
wird. Sie wird mit Totschlagargumenten geführt: Wer gegen einen bestimmten
Antrag ist, der ist automatisch außerhalb des Verfassungsbogens. Sie können mir
glauben, ich kenne die Verfassung und ich befinde mich durchaus innerhalb des
Verfassungsbogens. Es wird mit dem moralischen Zeigefinger agiert und es wird
von Anfang an eine ganz klare Meinung, die die einzig wahre sein soll,
dargestellt.
Es ist klar,
über nichts kann in Österreich kontroversieller diskutiert werden, als über die
Interpretation der Geschichte. Zu tief sitzen die Wunden. Nicht in mir direkt
oder in den hier Anwesenden im Allgemeinen, sondern in den Väter-, Großväter-,
Urgroßvätergenerationen. Eine sehr interessante Facette in diesem Zusammenhang
war ja der Artikel von Rudolf Burger "Niemals vergessen", der in
einer sehr interessanten Weise dargestellt hat, dass gerade diese Bearbeitung
und die Interpretation und die Aufarbeitung der Geschichte ganz intensiv dazu
verwendet wird, politische Zwecke zu betreiben.
Da ist der
Ansatzpunkt, den wir im Dokumentationsarchiv haben. Das Dokumentationsarchiv
arbeitet seit Beginn auf dieser Ebene. Es heißt "Dokumentationsarchiv des
österreichischen Widerstands". Das, was Sie an Leistungen aufgezählt
haben, liegt größtenteils mehrere Jahre zurück und ist unbenommen. Es gibt natürlich
diesen Bereich, der sich tatsächlich mit Geschichte befasst und aufarbeitet.
Das ist in Ordnung. Das liegt mehrere Jahre zurück. Jedenfalls 1999 wurden
diese selben Dinge bereits von einem anderen Abgeordneten als Erfolg berichtet.
Also müssen sie zumindest seit 1999 bestehen. - Der Kollege LUDWIG lacht mich
an. Er hat es damals selbst gesagt.
Was allerdings
maßgeblich ist und worauf sich unsere Kritik jetzt eben bezieht, ist, dass sich
das Dokumentationsarchiv im Wesentlichen mit der Bekämpfung des vermeintlichen
oder tatsächlichen Rechtsextremismus mit der Hauptzielrichtung FPÖ, Jörg
Haider, beschäftigt. Hier werden zum Teil haarsträubende Parallelen gezogen und
so weiter. Es wird hier mit Gewalt ein Zusammenhang hergestellt. Es wird das
Handbuch des Rechtsextremismus vom Dokumentationsarchiv herausgegeben, in dem
Rechtsextremisten geoutet werden. Die Definition des Rechtsextremismus, die
darinnen vorgelegt wird, ist völlig unwissenschaftlich und es wird einfach pauschal
abgeurteilt. Zum Beispiel stand drinnen, dass der Abg Stix - für
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