Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 102 von 138
geehrter Herr
Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich werde
nicht die politische Debatte aufwärmen. Wir haben hier fünf Jahre lang über das
Mahnmal debattiert, aber über die Kostenexplosion sollte schon etwas gesagt
werden. Sie können sich noch erinnern, als die ehemalige StRin Pasterk und der
ehemalige StR Swoboda im November 1995 das Vorhaben Holocaust-Mahnmal
präsentierten, sprach Pasterk von 5 Millionen S Baukosten und Swoboda
sprach von 7,5 Millionen S. Die Fertigstellung war für 1996 geplant.
Als das Mahnmal vorigen Herbst dann endlich enthüllt wurde, waren nicht nur
fünf Jahre ins Land gezogen, sondern die Kosten haben sich auf
160 Millionen S erhöht. Das ist nicht verdoppelt, nicht verdreifacht,
sondern verdreißigtfach! Das ist um 3 100 Prozent gestiegen! Pro Tag
haben die Wiener 100 000 S für dieses Mahnmal bezahlt.
Sie können
sich alle erinnern: Nachdem man von Anfang an kein Gesamtprojekt entwickelt
hatte, wurden die Kosten immer wieder etappenweise erhöht. Ich könnte mir
vorstellen, dass auch Ihnen das zu denken gibt. Und ich könnte mir auch
vorstellen, wenn wir das Ganze vom Kontrollamt überprüfen lassen wollen, dass
hier der Konsens gefunden wird. Deswegen haben wir einen Antrag eingebracht:
"Das
Kontrollamt der Stadt Wien möge die gesamte Kostenentwicklung des Projekts
Mahnmal am Judenplatz überprüfen.
Weiters möge
das Kontrollamt die Gründe überprüfen, weshalb es zu dieser gewaltigen
Kostenexplosion kommen konnte."
In formeller
Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrags an den Kontrollausschuss beantragt.
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Ich
danke schön. - Als Nächster ist Herr GR Dr Salcher zum Wort gemeldet. - Bitte.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte
hier nur klarlegen, damit das im Protokoll ist: Wir identifizieren uns in
keinster Weise mit der Begründung, die hier vorne steht. Wir haben das ohnedies
schon oft genug hier debattiert und alle wissen das auch: Die so genannte
Kostenexplosion hat damit zu tun, dass das Projekt, das jetzt gebaut wurde, ein
völlig anderes ist, als die ursprüngliche Aufstellung eines Denkmals. Es ist de
facto der Neubau und die Sanierung des Judenplatzes in einer, glaube ich, städtebaulich
sehr interessanten und durchaus sehr angenommenen Form.
Wir stimmen
hier aber trotzdem dem Antragstext der Freiheitlichen Partei zu, weil wir
Kontrolle ernst nehmen. Nachdem in der Periode, wo der Großteil der
Baumaßnahmen durchgeführt wurde, zwei ÖVP-Stadträte davon betroffen sind,
nämlich Dr Görg und Dr Marboe, sind wir aus unserem Selbstverständnis heraus
dafür, weil wir sagen, wir haben hier überhaupt nichts zu verbergen und wir
wollen hier nicht einmal den Keim eines Eindrucks erwecken, dass wir gegen
Kontrolle sind.
Genau aus
diesem Grund, weil unsere Stadträte dafür zuständig waren, werden wir diesem
Antrag auf Zuweisung zum Kontrollausschuss zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Ich
danke schön. - Die Debatte ist geschlossen.
Der Herr
Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter
GR Dr Michael LUDWIG: Ja, ich
empfehle die Annahme des vorliegenden Antrags, vor allem auch deshalb - und
Kollege Salcher ist ja schon kurz darauf eingegangen -, weil das derzeit
vorhandene Projekt am Judenplatz ein ganz anderes ist als jenes, das
projektiert war. Es ist nicht nur das Denkmal von Rachel Whiteread errichtet
worden, sondern es ist damit in Verbindung auch die Ausgrabung jener
mittelalterlichen Synagoge vonstatten gegangen, die 1421 zerstört wurde. Die
Ausgrabung dieser mittelalterlichen Synagoge hat auch bewirkt, dass man
gleichzeitig und ergänzend dazu auch ein Museum eingerichtet hat, das auch als
eine Zweigstelle des Jüdischen Museums der Stadt Wien fungieren wird und das
zeigt, wie das Leben im jüdischen Mittelalter stattgefunden hat.
Zusätzlich
dazu hat es noch eine Sanierung des Misrachi-Hauses gegeben. Auch der
architektonische Zustand des Misrachi-Hauses war vor Beginn und bei der Planung
des Gesamtkonzepts nicht absehbar. Es haben sich eine Reihe von zusätzlichen
statischen Problemen ergeben. Wenn man sich den Judenplatz heute ansieht, ist
neben dem Denkmal zusätzlich die Ausgrabung der mittelalterlichen Synagoge,
zusätzlich ein historisches Museum über das Leben der Juden im mittelalterlichen
Wien und zusätzlich eine Dokumentationsstelle eingerichtet, die vom
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands bestritten wird. In
dieser zusätzlichen Einrichtung kann man die Biografien der insgesamt
65 000 ermordeten österreichischen Juden nachvollziehen.
Das heißt, es
ist ein ganz neues Projekt, denn es ist im Zuge der verschiedensten
Baumaßnahmen notwendig geworden, dieses Projekt laufend zu erweitern.
Deshalb
plädiere ich für die Annahme des vorliegenden Antrags und empfehle auch die
Zuweisung namens meiner Fraktion zum Kontrollausschuss, was den Antrag von Frau
Mag Unterreiner betrifft.
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Wir kommen
zur Abstimmung.
Wer für die
Postnummer 96 in der vorliegenden Fassung ist, den bitte ich um ein
Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Stimmenmehrheit, ohne den Freiheitlichen,
so angenommen.
Wer ist
für den Beschluss- und Resolutionsantrag der Frau GRin Mag Unterreiner,
Zuweisung? - Danke, das ist mit Stimmenmehrheit, ohne den GRÜNEN, so angenommen.
Postnummer 111 (PrZ 274/01-M07), Subvention
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