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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 138

 

nichts Kritisches mehr zu sagen! Herr Schuster, so kann es nicht sein! (GR Godwin Schuster: Aber wenn die Bürgerinitiativen sich bei Ihnen beschweren, ist das doch eine Kritik ...!)

 

So kann es sicher nicht gehen, dass a) die Politik sich aus der Verantwortung zurückzieht und absolut nicht handelt, dass b) die Stadträte, die handeln sollten, alle für den Flughafen sprechen, dass man von Seiten der Stadt Wien nicht als Politiker, als Handelnde auftritt, sondern nur noch als Aktionär, dem Flughafen applaudiert, die alle machen lässt, was sie wollen, und die Bürgerinnen und Bürger im Stich lässt. Wir akzeptieren das mit Sicherheit so nicht!

 

Abschließend noch ein Letztes. (GR Godwin Schuster führt in der letzten Bankreihe ein Gespräch.) - Herr Schuster, es freut mich, dass Sie sich so gut unterhalten, denn das zeigt zumindest, dass Sie mir zugehört haben, und vielleicht können wir in eine Diskussion eintreten. (GR Godwin Schuster: Wenn Sie sich beschweren, dass Bürgerinitiativen sich kritisch äußern über Ihre Art und Weise, dann ist das ja spannend für mich!) Aber dort nur ein Mediationsverfahren zu machen, bei dem auf der einen Seite der Flughafen sitzt und auf der anderen Seite die Bürgerinnen und Bürger, und daneben lehnt sich die Politik zurück und tut einfach nichts, weil man Aktionär ist - so kann das nicht sein! Die Politik muss von Politikerinnen und Politikern gemacht werden und nicht von Aktiengesellschaften! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Godwin Schuster: Dass Sie bei der letzten Sitzung des ... die Position der StRin Kossina eingebracht haben, dafür können nur Sie etwas!)  

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist Herr GR Prochaska zum Wort gemeldet. - Bitte.

 

GR Johannes Prochaska (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich nach der formellen Begrüßung des Herrn Rechnungshofpräsidenten noch zusätzlich seitens der Österreichischen Volkspartei ein besonders herzliches Willkommen sagen darf. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist sowohl seine heutige Teilnahme bei der Behandlung der Wahrnehmungsberichte des Rechnungshofs als auch ganz besonders sein Recht, auch hier das Wort zu ergreifen, der erfolgreiche Abschluss eines jahrzehntelangen Bestrebens der Österreichischen Volkspartei hier im Haus. Bis zur großen Demokratiereform - und ich meine jetzt die innere, die rathäusliche Demokratiereform unter der Ägide der letzten Koalitionsregierung, knapp vor der mutwillig vorzeitigen Gemeinderatswahl 2001 - wurde das Erscheinen des Rechnungshofpräsidenten geradezu für undenkbar gehalten.

 

Angesichts einer erneuten Alleinregierung der SPÖ, meine Damen und Herren, ist es nicht unwichtig, sich die Argumentation der Genossen, so sie allein das Sagen haben, vor Augen zu führen. - Keine Angst, ich greife nicht so tief in die Schatztruhe des ÖVP-Archivs zurück, dass die mehr oder minder - je nach Fleiß der Abgeordneten - verdienten Weihnachtsferien gefährdet werden, aber Frau Kollegin Jerusalem kann ich nicht garantieren, dass wir vor 5 Uhr heimgehen werden. - Ich bringe Ihnen auszugsweise die SPÖ-Argumentation. Sie ist nämlich, wie man so schön sagt, interessant und lehrreich zugleich - allerdings nicht im Sinne der Erfinder.

 

Da hieß es etwa auf einen Antrag der GRe Goller und Krasser aus dem Jahr 1986, in welchem dem Rechnungshofpräsidenten und seinem Vize ähnliche Rechte wie den Volksanwälten eingeräumt werden sollten, es bestünde ein grundlegender Unterschied dergestalt, dass Wien selbst keinen Volksanwalt, aber ein Kontrollamt habe. Und weiter wörtlich:

 

"Es erscheint daher von der Sache her ausreichend, wenn in Zukunft den Mitgliedern der Volksanwaltschaft das Rederecht im Wiener Landtag eingeräumt wird, weil zu deren Bericht nichts Gleichartiges existiert. Ein Rederecht des Präsidenten und Vizepräsidenten des Rechnungshofs ist jedoch entbehrlich, weil diese Berichte nicht nur im Gemeinderat ausführlich behandelt werden, sondern darüber hinaus auch noch ein eigenes Kontrollamt eingerichtet ist, dessen Berichte ebenfalls ausführlich besprochen werden."

 

Herb, die Frau Stadträtin damals, und ein bisschen unlogisch, denn auch die Volksanwaltschaft hat uns Berichte zur Diskussion vorgelegt und ist deshalb des Rederechts nicht verlustig gegangen, meine Damen und Herren.

 

Anfang der Neunzigerjahre brachten die Ihnen schon etwas bekannteren ÖVP-Gemeinderäte, in diesem Fall Landtagsabgeordneten, Prochaska und Tschirf, einige Anträge zur Änderung der Wiener Stadtverfassung und der Landtagsgeschäftsordnung ein, betreffend Rederecht und Prüfungsantragsrecht für eine qualifizierte Minderheit, was ebenfalls kaum auf Gegenliebe bei der SPÖ stieß. Man hielt es - wörtlich - für "ausgeschlossen", eine Teilnahme beziehungsweise ein Anhörungsrecht im Plenum oder den Ausschüssen vorzusehen, geschweige denn gar eine Überprüfung der Gebarung auf Antrag einer Minderheit, und zitiert als Begründung für diese Ablehnung just jene Paragraphen, die wir durch diesen Antrag geändert haben wollten, meine Damen und Herren.

 

Ein weiterer Vorstoß zwei Jahre später von Tschirf und Prochaska wurde subtiler abgeschmettert. Da heißt es dann:

 

"Aber auch ein Teilnahme- und Rederecht des Präsidenten des Rechnungshofs im Gemeinderat scheint nicht angezeigt, da der Gemeinderat auch jenes Organ ist, welches für die Gebarung der Gemeinde Wien zuständig ist und somit vom Rechnungshof kontrolliert wird. Es ist praktisch undenkbar, dass sich der Präsident des Rechnungshofs vor einem Organ der Vollziehung und nicht der Gesetzgebung verantwortet, das er selbst kontrolliert. Auch würde er sich dessen Geschäftsordnung unterwerfen, was ebenso bedenklich erscheint."

 

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