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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 138

 

Sie betrifft die Gewährung einer Sonderfinanzierung an den Wiener Wirtschaftsförderungsfonds, neue Kooperationsförderungen mit der Bürges-Förderungsbank, die Verlängerung der "Wiener Nahversorgungsaktion" und die Änderung der Förderungsrichtlinien der Aktion "Wiener Garagenförderung", Wiener Strukturverbesserungsaktion sowie neue Wirtschaftsförderungsaktionen.

 

Ich bitte - der Herr Berichterstatter ist ja schon hier - Herrn GR Ekkamp, die Verhandlung einzuleiten.

 

Berichterstatter GR Franz Ekkamp: Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Wir verhandeln und beschließen heute die neue Wirtschaftsförderung, die entbürokratisiert, die Prozesse beschleunigt und die auch die Zusammenarbeit zwischen Förderungsebenen begünstigen soll.

 

Da diese neue Wirtschaftsförderung ein maßgeschneidertes Unterstützungspaket für Klein- und Mittelbetriebe in unserer Stadt ist, ersuche ich Sie um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke schön. - Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es ihm. Der Erstredner jeder Partei hat 40 Minuten. - Bitte schön.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat!

 

Die jetzige politische Situation bietet eine, glaube ich, notwendige Gelegenheit, sehr grundsätzlich die Wirtschaftsförderung der Stadt Wien unter die Lupe zu nehmen. Die Situation - ich habe es schon einmal angeführt - in Wien ist dramatisch. Im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern ist vor allem die Beschäftigung in Wien als besonders schlecht einzustufen. Ich habe die Daten schon bei der Debatte das letzte Mal gebracht. Es gibt in einer Situation, in der durch die Maßnahmen der Bundesregierung, aber auch durch die weltweite Konjunktur die Arbeitslosenzahlen steigen, kaum ein Bundesland, das schlechter dasteht bei der Zunahme der Arbeitslosigkeit, bei der Schaffung von neuen Jobs. In vielen Bundesländern wächst die Zahl der Arbeitsplätze, in Wien stagniert sie oder geht zurück, und insbesondere im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit ist Wien auch Schlusslicht.

 

Gerade vor diesem Hintergrund muss man sich die Wirtschaftsförderung genau ansehen, und da möchte ich, wie ich es schon im Ausschuss getan habe, vor allem auf einen Bereich sehr zentral eingehen, den ich ganz besonders vermisse und der eigentlich in vielen Ländern längst im Zentrum der Wirtschaftspolitik steht. Deswegen freue ich mich auch, dass der Kulturstadtrat jetzt da ist.

 

Unbestritten ist - das zeigt insbesondere die Politik Englands, aber auch einiger deutscher Städte -, dass längst begriffen wurde, dass Kultur, Unterhaltung, im weitesten Sinn alles das, was man knowledge based nennt, der Kern von entwickelten Industrienationen sein soll.

 

Ich habe hier eine Studie, die von der britischen Regierung beauftragt wurde, die seit Jahren - das muss ich sagen - in diesem Bereich sehr erfolgreich die cultural industries, also Kultur und Wissen, als Kern von Wirtschaftsförderung begriffen hat. Hier wird zum Beispiel richtig festgestellt, dass - ich übersetze das geschwind - mehr als die Hälfte des GTP in entwickelten Volkswirtschaften derzeit schon knowledge based ist. Wer sich mit Wirtschaftsforschern, die die Wiener Wirtschaftsförderung ein bisschen genauer kennen, unterhält, kommt immer wieder auf denselben Befund. Dieser Befund lautet, dass zwar in Sonntagsreden und vielleicht auch in Gemeinderatsreden, wenn es um Kultur geht, sehr viel über Kultur gestritten wird, unbestritten ist auch international, dass Wien eine Kulturstadt sein soll. All das wird aber immer im Kulturbudget abgehandelt und kaum bis gar nicht über die Wirtschaftsförderung.

 

Jetzt beginne ich einmal mit einem kritischen Punkt, wenn die Bundesregierung, wenn Morak auf cultural industries verweist. Er tut das, um gleichzeitig zu legitimieren, dass die Kulturbudgets sinken. Ich drehe es jetzt um und sage, wir sollten über cultural industries reden, nicht, um darüber zu streiten, was alles dazugehört, sondern auch, um über den Zugriff - ich sage es jetzt ganz hart - all jener zu reden, die sich nur auf das knappe, geringe Kulturbudget beschränken, das jetzt knapp 2 Prozent der Ausgaben beträgt. Wir müssen endlich begreifen, dass wir, wenn wir Wirtschaftsförderung hören, nicht nur an Bauindustrie, an klassische Bereiche der Wirtschaftsförderung und an Sachgüterproduktion denken dürfen - ich komme noch dazu, warum das so ein Fehler ist -, sondern uns gerade den gesamten Kulturbereich genau anschauen müssen.

 

Eine Zahl dazu: Rund 8 Prozent der Beschäftigten in Wien haben im weitesten Sinn mit Kulturwirtschaft zu tun, und wenn ich mir diese Wirtschaftsförderung durchlese, dann taucht - das ist zumindest etwas, was ich als Strohalm wahrnehme - einmal der Begriff cultural industries auf. Es ist noch kein Programm ausgeführt, es sind keine Budgets vorgesehen, aber es ist - und ich nehme das durchaus als Ansatzpunkt zur Kenntnis - der Wunsch, in diesem Bereich etwas zu tun.

 

Wo ist jetzt die große Schwäche der Wirtschaftsförderung gerade in diesem Bereich? Wo waren die Arbeitsplatzzuwächse in Wien? - Die Wirtschaftsförderung konzentriert sich nach wie vor auf die Sachgüterproduktion, aber die Beschäftigung in der Sachgüterproduktion in Wien geht enorm zurück. Wo hat Wien noch deutliche Zuwächse? - Im weitesten im Bereich der Dienstleistungen und auch im Bereich dessen, was man cultural industries nennt, also Theater, Film - so bescheiden und gering das ist; ich gehe dann darauf ein -, Vermarktung, Digitalisierung. In diesem Bereich gibt es Zuwächse.

 

Jene Länder, die massiv Wirtschaftsförderung in diesen Bereichen gemacht haben, haben enorme Beschäftigungszuwächse zwischen 30 Prozent,

 

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