Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 138
als man alles mit einbezieht, was irgendeiner Gesellschaft
gehört, an der die Stadt Wien beteiligt ist, lässt sich das sicher feststellen.
Der Grundbesitz der Stadt Wien ist schon aus dem Grundbuch heraus erfassbar.
Das ist nicht das Problem.
Der zweite Teil Ihrer Frage ist schwieriger zu beantworten,
weil da die Zeitkomponente eine entscheidende Rolle spielt, nämlich die
Wertigkeit eines Grundstücks, weil es dabei ja immer auf die Nutzung und auf
die Nutzungsmöglichkeit ankommt. Ich spreche jetzt nicht von Umwidmungen, die
im Laufe der Zeit natürlich auch eine Rolle spielen, sondern einfach vom
Zeitwert, vom Verkehrswert, der sich ja bekanntlich auch am Immobilienmarkt
grundlegend verändert.
Ich würde Ihre Frage also geteilt beantworten:
Ersteres ist möglich, wenn man den Maßstab nicht zu
extrem anlegt, wobei der Begriff "jederzeit" sozusagen voraussetzen
würde, dass man sich einen automatischen Grundbuchauszug besorgt, was ja vom
Eigentümer aus gesehen möglich ist.
Die zweite Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Das
wäre eben eine der Aufgaben, die ich sehe, nämlich ein Development, also der
Versuch, auch zukunftsorientierte Betrachtungsweisen in wirtschaftlicher
Hinsicht, aber natürlich auch unter Berücksichtigung sozialer Komponenten zu
erstellen.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke
schön. - Die letzte Zusatzfrage stellt Herr GR Mag Neuhuber.
GR Mag Alexander Neuhuber
(ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vizebürgermeister!
Da soll noch einmal einer
sagen, dass die Politik und Politiker nicht lernfähig wären! Es freut mich wirklich
zu sehen, dass auch der politische Mitbewerber offensichtlich mit der Zeit
lernen kann, denn Ihre Antwort auf meine erste Frage war fast deckungsgleich
mit Pressetexten, die wir noch in der letzten Legislaturperiode zum Thema
Immobilienmanagement und -verkauf ausgesendet hatten und hier diskutiert haben.
Meine zweite Zusatzfrage
geht aber noch auf einen anderen Teilaspekt des Immobilienvermögens ein. Wie
Sie ja wissen, sind in Kärnten und in Niederösterreich bereits Wohnbaudarlehen
verkauft - ich drücke es jetzt einmal einfach aus und sage "verkauft"
- worden. In Oberösterreich denkt man ebenso darüber nach.
Was wird die Stadt Wien in Zukunft mit ihren
Wohnbaudarlehen machen? Kann es auch hier zu einem Verkauf kommen?
VBgm Dr Sepp Rieder: Auf Grund der Verhandlungen über den
Stabilitätspakt bin ich ziemlich sicher, dass das wirtschaftlich nichts bringt.
Der Grundgedanke dabei besteht darin, diese Darlehen zu verkaufen und das Geld,
das man dafür bekommt, zinsbringend anzulegen. Wenn wir derzeit davon reden,
dass wir uns in einer Niedrigzinsentwicklung befinden, was soll das dann? - Die
Absurdität besteht darin, dass bei einer solchen Vorgangsweise eine Wertanlage,
nämlich Immobilien, geopfert wird, um sich einen Niedrigzinssatz einzuhandeln.
Das halte ich für ein Unterfangen, das unter den gegebenen Bedingungen nicht
nur "Eurostat-gefährdet", um das locker auszudrücken, oder laut
Eurostat sogar unzulässig ist, sondern auch wirklich ökonomisch keinen Sinn
ergibt. Die Stadt Wien wird das sicher nicht tun.
Im Übrigen möchte ich, weil
Sie die Lernfähigkeit vorausschicken, abschließend Folgendes sagen: Ich würde
mich freuen, wenn die Opposition nicht gewisse Dinge vergessen würde, die sie
als Koalitionspartner gefordert hat.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke, Herr Vizebürgermeister. - Die Fragestunde ist somit beendet.
Wir kommen
nun zur Aktuellen Stunde (PrZ 8/AG/01).
Der Grüne
Klub im Rathaus hat eine Aktuelle Stunde zum Thema "Die Wiener
Stadtbürgerschaft - Ein Gegenkonzept zum Integrationsvertrag" verlangt.
Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung
ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte
den Erstredner, Herrn GR Ellensohn, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich
nur sanft anmerke, dass seine Redezeit mit 10 Minuten begrenzt ist. -
Bitte schön.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren!
Das ist
eine sehr angenehme Situation für einen GRÜNEN, weil wir einen hervorragenden
Vorschlag präsentieren können. Wir hoffen und wir denken, dass sehr viele von
Ihnen mit dem Vorschlag nicht nur einverstanden sind, sondern diesen Vorschlag
in der politischen Arbeit unterstützen werden.
Worum geht
es? - Das Problem ist bekannt: In dieser Stadt - und nicht nur in dieser Stadt,
sondern in der gesamten Republik - sind viele Menschen von Gesetzes wegen stark
benachteiligt: benachteiligt am Arbeitsmarkt, benachteiligt am Wohnungsmarkt, benachteiligt
beim Bezug von sozialen Leistungen, benachteiligt, was das Wahlrecht anbelangt.
In Wien trifft das 260 000 Menschen, die aus Staaten wie zum Beispiel der
Schweiz, der Türkei oder Brasilien zu uns gekommen sind und die hier nicht
dieselben Rechte genießen wie Leute, die hier geboren sind oder aus einem
EU-Land zugewandert sind.
Das
Problem verschärft sich momentan durch die Politik der Bundesregierung, die
einen so genannten Integrationsvertrag - und ich befürchte, dass dieser
Integrationsvertrag in die Annalen eher als "Ausländer-raus-Zwangsmaßnahmenpaket"
eingehen wird - beschließen möchte beziehungsweise beschließen wird. Dieser
Integrationsvertrag ist das Gegenteil von dem, was sich nicht nur die GRÜNEN,
sondern sehr, sehr viele Menschen in dieser Stadt vorstellen. Besonders perfide
dabei ist, dass sich die Bundesregierung auf Modelle in Holland beruft,
Modelle, die nicht nur um vieles vor den bisherigen österreichischen Gesetzen
liegen, sondern die auch wesentlich weiter sind als alles, was wir jetzt schon
in Wien haben.
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