Gemeinderat,
8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 99
Aufbau des
Sozialismus beteiligten Generation.
Weiters im
Präsidium natürlich der Herr Stephan Hermlin, Nationalpreisträger und
Vorstandsmitglied des PEN-Zentrums DDR, Stalinist. Erteilte Oppositionellen
Schreibverbot, unterwies Intellektuelle ideologisch.
Und der
Nächste, Heiner Müller. Das Lexikon sagt: Er bevorzugte bei seinen Stücken eine
Form, die an die Agitprop-Tradition anknüpft. Sie wissen, Agitation,
Propaganda, revolutionäre Politkunst, Kunst als Waffe. Oder, wie das Lexikon
der DDR sagt, lebendiger Wechsel von Bericht und eigentlichem Spiel. Heiner
Müller, der auch bei der Perestroika Gorbatschows gemeint hat: Was jetzt in der
Sowjetunion versucht wird, ist eine ungeheure Korrektur, die Renaissance einer
Hoffnung, die mit den Namen Lenin und Trotzki verbunden war und von Stalin auf
Eis gelegt wurde. Außerdem war er Präsident der Ostberliner Akademie der
Künste.
Und das bringt
mich zu einem westlichen Präsidiumsmitglied, dem Walter Jens, Präsident der
Westberliner Akademie der Künste, der die beiden vereinigt hat ohne jede
Prüfung, en bloc, was dazu geführt hat, dass viele ehemalig Verfolgte aus der
DDR aus dieser Westberliner Akademie ausgetreten sind. Die Sarah Kirsch hat beispielsweise
im Zuge dieser Maßnahme gesagt: Die Akademie wird zur Schlupfbude für ehemalige
KP-Staatsdichter und Stasi-Informanten.
Natürlich,
meine Damen und Herren, wäre nur mit diesen ehemaligen DDR-Größen die
Gesellschaft und dieses riesige Präsidium noch nicht aufzufüllen gewesen.
Deswegen hat man natürlich auch Leute aufnehmen müssen, die klarerweise
einigermaßen den hohen ideologischen Anforderungen entsprechen mussten, wie zum
Beispiel der erwähnte Walter Jens und seine Frau und der Kurt Grönewohl, der ja
der Vorsitzende ist und der Vorsitzende des Kuratoriums und alles Mögliche. Der
Robert Schindl, die Elfriede Jelinek, Doran Radinovici, Klaus Wagenbach und so
weiter. Natürlich auch, um das Argument gleich vorwegzunehmen, Leute, die ich
persönlich für unpolitisch halte, wie die Friederike Mairöcker oder den Ernst
Jandl.
Aber dennoch sieht man,
glaube ich, aus dem Hergeleiteten, dass es sich bei dieser unantastbaren
Gesellschaft - Erich Fried hat gesagt: "Man kann alles antasten.",
und das tue ich - um eine durch und durch politische Vereinigung handelt.
"Ein Klub des toten Dichters", hat Henryk Broda gesagt, "wo
Dichterfürsten aus einem Staat, den es nicht mehr gibt" - den es Gott sei
Dank nicht mehr gibt - "Hof halten, unterstützt von Schwestern und Brüdern
im Geiste." Ein bisschen Ostberlin in Wien.
Wenn ich dann in den Statuten der Gesellschaft lese,
die Gesellschaft hat es sich zum Anliegen gemacht, deutschsprachige Literatur
zu fördern, dann, meine Damen und Herren, wird mir angst und bange ob dieser
Einvernahme. Wir jedenfalls werden diese Gesellschaft nicht fördern! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu
einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau GRin Elisabeth Vitouch gemeldet.
- Bitte.
GRin Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Vorsitzender! Frau
Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!
Es steht mir nicht zu, Herrn Mag Ebinger politisch zu
korrigieren, aber eine Tatsachenberichtigung.
Jenes Zitat von der menschlichen Dummheit, die einem
so sehr das Gefühl der Unendlichkeit gibt, stammt zwar von einem Dichter, der
mit H beginnt, aber nicht von Hugo von Hofmannsthal, sondern von Öden von
Horvath. Ich denke, das ist eine wesentliche Frage, gerade bei einem Punkt, der
sich mit Literatur befasst. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu
einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Mag Ebinger zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen
und Herren!
Das ist mir jetzt sehr peinlich. Sie haben natürlich
Recht. In meiner Nervosität habe ich das Falsche gesagt. Das tut mir Leid. Es
ist richtig, Öden von Horvath. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Dr Michael LUDWIG. Ich erteile es ihm.
GR Dr Michael LUDWIG (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zuallererst eine technische Anmerkung, weil Kollege
Ebinger auf das Protokollwesen der MA 7, des Kulturamts, eingegangen ist.
Ich möchte nur der Ordnung halber festhalten, dass die MA 7, das
Kulturamt, sehr gewissenhaft das Protokoll vornimmt und dass es durch die
Hereinnahme der MA 18, der Abteilung Wissenschaft, zu einer Erweiterung
des Protokolls gekommen ist, damit hier nicht der Eindruck entsteht, es wäre
auf Grund der Einlaufzahlen, die Sie genannt haben, und des Datums irgendetwas
nicht korrekt passiert. Also die Kolleginnen und Kollegen von der MA 7
haben völlig korrekt gehandelt!
Zum Inhaltlichen: Wir führen diese Diskussion zur
Erich-Fried-Gesellschaft schon in regelmäßigen Abständen und ich möchte auch an
dieser Stelle und dieses Mal wieder darauf hinweisen, dass der Antragsteller
für das Erich-Fried-Symposium nicht die Erich-Fried-Gesellschaft ist, sondern
die Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur im Literaturhaus,
eine Einrichtung, die sich international großer Anerkennung erfreut, die im
Jahre 1965 bereits gegründet wurde und sich mit der Vermittlung und Verbreitung
der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts beschäftigt.
Diese international anerkannte Forschungseinrichtung hat
sich zum Ziel gesetzt, zum einen eine Bibliothek und Datensammlung der neueren
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular