Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 79 von 100
existenziellen Nöten sind, für die Schauspieler und Mitarbeiter,
die vor nicht allzu langer Zeit in meinem Büro gesessen sind und gesagt haben:
Wie soll ich den Kindergarten zahlen?
Und weil wir glauben, dass man Menschen, die in Nöten
sind, nicht hängen lassen darf, stimmen wir heute mit dem allergrößten Bauchweh
dieser Subvention zu - trotz Mauschelei, trotz offener betriebswirtschaftlicher
Fragen und einer mehr als schiefen Optik.
Aber es ist ja noch mehr blöd gelaufen in den letzten
Monaten. Ausschreibung war das Zauberwort. Jetzt soll alles anders werden. Gut
so. Freut uns, freut uns sogar sehr. Schön wäre es, wenn die Verwaltung des
Niedergangs ein Ende hätte. Aber leider, das Schauspiel der Stellenbesetzungen
der letzten Wochen lässt mich zweifeln.
Ein so genanntes Privattheater hat massive Schulden
und braucht außerdem einen neuen Direktor. Und weil Direktorenbestellungen bei
großen Theatern in dieser Stadt immer eine Staatsaffäre sind, wird das Ganze
auch zu einer veritablen Staatsaffäre. Hin und her, Hochglanzmagazine schreiben
das eine und schreiben das andere, und es kommt dann doch zu einer
Ausschreibung. Aber: Die Jury wird nachher bestellt, nachdem die Leute sich
beworben haben, nachdem die Inserate in den Zeitungen waren und nachdem man gewusst
hat, wer sich bewirbt. Und dann kommen zwei in die engere Wahl, die sich gar
nicht beworben haben. Das mutet doch ein bisschen seltsam an.
Beim Rabenhof haben wir Ähnliches verfolgt. Da wird
ausgeschrieben, ein Inserat gesetzt. Das ist zwar mitten im Sommer, im August,
wo viele Menschen auf Urlaub sind, aber das macht ja nichts, eine Ausschreibung
ist eine Ausschreibung. Deshalb melden sich leider nicht gar so viele, deshalb
kommen auch nicht so viele in die letzte Runde, und vielleicht wird es doch
wieder der, der es schon mal war. Schaut auch nicht gut aus.
Und dann gibt es noch das kleine Problem mit den Vereinigten
Bühnen Wien. Sie erinnern sich: Die MA 7 zahlt 207 Millionen S
im Jahr für die Vereinigten Bühnen, aber der Stadtrat darf nicht mitreden, wenn
ein Vertrag verlängert wird. Dieses Problem ist zwar jetzt gelöst, und wir
hoffen, es wird wieder ausgeschrieben, aber dieses Mal anders.
Aus blöden Geschichten sollte man lernen, und daher
glauben wir, dass es mehr als notwendig ist, eine Diskussion, eine
qualifizierte Diskussion darüber anzufangen, wie man eigentlich Ausschreibungen
sinnvoll ablaufen lassen kann, welche Posten man eigentlich ausschreiben
sollte, wo es vielleicht auch sinnvolle andere Möglichkeiten gäbe. - Ich nenne
nur das Stichwort "Findungskommissionen".
Daher werden wir heute einen Beschlussantrag auf
Abhaltung einer Enquete einbringen. Ich habe gesehen, dass die FPÖ einen
ähnlich lautenden Antrag eingebracht hat, allerdings mit einer etwas anderen
Begründung, die mir gar nicht besonders gut gefällt. Nichtsdestotrotz glaube
ich, ist es sachlich richtig, nämlich dahin gehend, dass es notwendig ist, sich
darüber zu unterhalten, welche Verfahrensformen man eigentlich anwendet, um
Direktoren-, Intendanten- und Leitungsfunktionen im Allgemeinen im Kulturbereich
auszuschreiben. In anderen europäischen Ländern gibt es da gute Beispiele und
davon sollten wir lernen.
Daher bringe ich heute folgenden Antrag ein:
"Der Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge
in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Ausschusses für Kultur und
Wissenschaft eine Enquete zum Thema DirektorInnen- und IntendantInnenbestellung
im Kunst- und Kulturbereich bis zum Zeitpunkt Juni 2002 veranstalten."
In
formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung dieses Antrags an den GRA für
Kultur und Wissenschaft.
Sie werden gemerkt haben, in unserem Antrag heißt es
immer "Innen", die DirektorInnen und die IntendantInnen. Wir würden
uns wünschen, dass vielleicht einmal auch die Vision des Herrn Stadtrats, es
könnten ja mehr Frauen Theater in dieser Stadt leiten, wahr werden würde.
Vielleicht können wir uns auch dazu etwas Gescheites überlegen, damit sich die
blöden Geschichten nicht wiederholen. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Ich danke. - Als Nächster ist Herr StR Marboe zum
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
StR Dr Peter Marboe:
Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Also viel prononcierter, viel eindeutiger kann man
Kritik wohl nicht anbringen, als in der Form, in der es jetzt gerade durch
meine Vorgängerin geschehen ist. Ich bin nicht immun und kann es mir daher
nicht leisten zu sagen, dass etwas "zugeschoben" wurde,
"gemauschelt" wurde, ich kann nicht von "mehr als schiefer
Optik", "größtem Bauchweh" und so weiter sprechen. Was uns allerdings
unterscheidet, ist: Wir ziehen aus dieser Beurteilung die Konsequenz und stimmen
natürlich dagegen.
Es ist einfach nicht auf einen Nenner zu bringen, mit
derart harten Worten der Kritik, wie ich sie hier seit langem nicht gehört
habe, gegen die sozialdemokratische Kulturpolitik zu operieren und dann zuzustimmen
mit der Begründung, das geschehe wegen der Honorare der Künstler. Also, das
müsst ihr irgendwie denen da draußen erklären, denen jetzt
9 Millionen S aus dem Kulturbudget weggenommen werden. Die warten
nämlich auf eine solche Erklärung - das wissen Sie besser als ich -, denn die
verstehen Ihr heutiges Ja nicht, Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir werden nicht zustimmen, und zwar mit Argumenten, die ich
in der mir eingeräumten Zeit hier auch darzulegen versuche, weil es natürlich
nur vordergründig, wie Frau Kollegin Ringler das hier zu begrün
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