Gemeinderat,
5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll
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nicht zufrieden, sie
sollte daher zurücktreten. (Beifall bei
der FPÖ.)
Vorsitzende GR
Josefa Tomsik: Danke. - Als
nächste Rednerin ist Frau Dr Laschan zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
GR Dr Claudia Laschan (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es geht in der
vorliegenden dringlichen Anfrage um die Finanzierung des Wiener
Gesundheitssystems. Ich bin aber der Meinung, dass die Finanzierung des Wiener
Gesundheitssystems nicht losgelöst betrachtet werden kann von der Finanzierung
des österreichischen Gesundheitssystems. Auf Grund der Verbesserung der
Lebensbedingungen, des sozialen Fortschritts und nicht zuletzt auf Grund der
medizinischen Weiterentwicklung ist die Lebenserwartung der Menschen gestiegen
einerseits, andererseits aber auch die Lebensqualität der Menschen im höheren
Alter. Und zumindest der medizinische Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Beim
sozialen Fortschritt bin ich mir nicht so sicher. Zumindest der medizinische
Fortschritt ist nicht aufzuhalten und damit stellt sich auch die Frage der
weiteren Finanzierung der Gesundheitssysteme. Ich möchte nur ein paar Beispiele
nennen.
Beispiel
monoklonare Antikörper: Das sind sehr aufwendig hergestellte Arzneimittel, die
auf immunologischer Ebene wirken und gegen bösartige Erkrankungen, wie zum
Beispiel Lymphome, aber auch bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden
können.
Zweites
Beispiel, Biphosphonate: Das sind Arzneimittel, die Osteoporose ursächlich
bekämpfen können, indem sie den Knochenabbau hemmen und außerdem - das ist eine
erst vor kurzem entdeckte Wirkung dieses Medikaments - kann eine
Knochenmetastasierung, zum Beispiel bei Brustkrebs, verhindert werden.
Und als
drittes Beispiel: Es gibt mittlerweile schmerzstillende Medikamente, die
magenschonend sind, im Gegensatz zu den bisher eingesetzten schmerzstillenden
Medikamenten, und sehr viele Menschen in höherem Alter, die Erkrankungen des
Bewegungsapparats haben, brauchen solche schmerzstillenden Medikamente als
Dauertherapie.
Und alle diese
neuen Arzneimittel haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind sehr, sehr teuer und
sie sollten aber meiner Meinung nach allen Menschen, die sie brauchen, zur
Verfügung stehen.
Und ich habe
jetzt nur drei Beispiele genannt und ich habe nur Medikamente genannt. Und
angesichts dieser Dimensionen wirken, meiner Meinung nach, Vorgaben von
Gesundheitsstaatssekretär Waneck - ein Freiheitlicher meines Wissens -, es
solle im Medikamentenbereich gespart werden, geradezu lächerlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Und ich habe
vorhin gesagt, das waren nur drei Beispiele und es waren nur Medikamente. Aber
es gibt nicht nur neue Medikamente, sondern es gibt auch neue und bessere und
teurere Diagnoseverfahren und neue Operationstechniken und neue Therapien auf
allen Ebenen der Medizin. Und ich bin der Meinung, wenn wir wollen und wenn wir
uns dazu bekennen, dass alle Menschen die neuen Therapien, Medikamente und
Diagnoseverfahren in Anspruch nehmen können, dann müssen die Einnahmen der
Krankenversicherungen erhöht werden. Und das entscheidet im Übrigen, Herr
Kollege Hahn, nicht der Obmann Bittner der Wiener Gebietskrankenkasse, sondern
das müsste die Bundesregierung entscheiden. (GR
Gerhard Pfeiffer: Steuer- und Tariferhöhungen!)
Und weil wir
so oft von Versicherungspflicht und von mehr private Versicherungen in den
Gesundheitsbereich hineinzunehmen hören, möchte ich mir erlauben, Ihnen aus
meiner beruflichen Praxis als Ärztin etwas zu erzählen. Eine große private
Versicherung verlangt bereits in der ersten Woche eines Krankenhausaufenthalts
einen medizinischen Zwischenbericht und Therapieplan mit dem Hinweis, dass sie
ansonsten die Kosten nicht weiter übernehmen könne. Und solche Zwischenberichte
werden dann jede Woche weiter verlangt. Also kann man sich für einen dreimonatigen
Krankenhausaufenthalt ausrechnen, wie oft dann Zwischenberichte an die
Versicherung geschrieben werden müssen. Und ich habe diese private Versicherung
gebeten, einen höherrangigen Vertreter dieser privaten Versicherung, bei
Leukämiepatienten doch gnädig zu sein, weil ich der Meinung bin, dass es diese
furchtbare Diagnose einfach nicht zulässt, die Patienten auch noch mit
Versicherungsproblemen zu belasten. Und die Antwort des Vertreters dieser Privatversicherung
war folgendermaßen. Ich wurde von ihm darauf hingewiesen, dass ich nicht die
Patienten über die Einforderung von solchen Zwischenberichten informieren
dürfe. Und auf meine Frage warum, weil das die Patienten nichts angehe.
Und ich denke,
diese Haltung ist menschenverachtend und rein profitorientiert. Und ich bin
mehr denn je der Überzeugung, dass die soziale Pflichtversicherung der einzig
menschenwürdige Weg in der Gesundheitspolitik ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Und nun
speziell zu Wien: Die älteren Menschen sind nicht verunsichert, weil die
Gesundheitsstadträtin einen Brief an den Finanzstadtrat geschrieben hat, die älteren
Menschen sind verunsichert, weil von der FPÖ/ÖVP-Regierung die soziale
Krankenversicherung verunglimpft, boykottiert und in Frage gestellt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Frau StR
Landauer, es ist ein Hohn für mich, wenn eine freiheitliche Stadträtin
plötzlich vor Gebührenerhöhungen und Belastungen warnt und es ist gut, dass
sich die Gesundheitsstadträtin für mehr Geld für das Wiener Gesundheitssystem
engagiert. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GR
Josefa Tomsik: Danke. - Als
nächster Redner ist Herr GR Mag Kowarik zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Helmut Kowarik (Klub der Wiener Freiheit
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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