Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
- Seite 77 von 121
gruppen anführen, alle Menschen anführen, die in dieser Zeit verfolgt
wurden. Ich denke, es macht aber Sinn, auch zu überlegen, wo diese Menschen
gewirkt haben, um auch einen Bezug zum räumlichen Umfeld zu schaffen. Und da
bin ich bei den Widerstandskämpfern, die Sie angesprochen haben. Es gibt in
unserer Stadt ja viele, erfreulicherweise viele Mahn- und Gedenksteine, die
auch an die politischen Widerstandskämpfer dieser Zeit erinnern. Ich denke, es
macht Sinn, das nicht nur an einem Punkt zu konzentrieren, sondern auch in den
verschiedenen Bezirken überall dort, wo es beispielsweise auch in großen
Betrieben Widerstand gegeben hat, an diesen zu erinnern, weil ich meine, es ist
auch für das Bewusstsein der Bezirksbevölkerung sehr wichtig, dass es hier
nicht nur im Stadtzentrum, sondern darüber hinaus auch in den verschiedensten
Bezirken einen Bezugspunkt zu diesem sehr wichtigen Teil unserer Geschichte
gibt und auch ein ständiges Erinnern und ein ständiges Mahnen an diese Zeit.
Dieses Denken soll ja auch durch Denkmäler unterstützt werden.
Ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, man sollte stärker noch als bisher
auch jenen Verfolgten gedenken, die aus dem Bereich der Homosexuellen und auch
der Roma und Sinti kommen. Es gibt heuer ja Gelegenheit, auch bei den
verschiedensten Veranstaltungen des zehnjährigen Bestehens des Kulturvereins
der Roma und Sinti, auch an diesen historischen Abschnitt unserer Geschichte zu
denken. Ich bin überzeugt, dass das auch bei den verschiedensten Veranstaltungen
geschehen und passieren wird. Ich denke, dass hier nicht oft genug erinnert
werden kann.
Einen
Punkt, der von meinem Vorredner Dr Serles schon kurz angesprochen worden ist,
möchte ich auch nur anführen, nämlich dass auch in dem Beschluss, der uns jetzt
vorliegt, ganz ausdrücklich auch die verschiedensten Zielgruppen angesprochen
wurden, nämlich dass demgemäß Personen und Vereinigungen antragsberechtigt sein
sollen, die vom Naziregime aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung,
Religion, Nationalität, der sexuellen Orientierung oder auf Grund einer
körperlichen oder geistigen Behinderung oder auf Grund des Vorwurfs, asozial zu
sein, verfolgt wurden oder das Land verlassen mussten. Ich denke, es ist auch
richtig, dass das so in dem vorliegenden Entwurf zu finden ist. Ich denke, dass
auch diese Maßnahme, die wir heute beschließen - und wir Sozialdemokraten
bekennen uns sehr offenherzig dazu -, nur eine Geste für die Opfer und deren
Nachkommen sein kann, denn wir alle wissen, dass das Leid, das in dieser Zeit
entstanden ist, durch materielle Abgeltung nicht abgedeckt werden kann, aber
dass dennoch eine materielle, symbolische Leistung dafür getätigt wird und wir
uns sehr wohl auch diesem Teil unserer Geschichte bewusst sind und auch versuchen
wollen, zumindest teilweise materielles Unrecht zu tilgen.
Abschließend noch zu Ihrem eingebrachten Antrag. Wir Sozialdemokraten sind
mit der Abänderung auf Zuweisung einverstanden und werden dem auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Herr StR Dr Marboe, bitte.
StR Dr Peter Marboe: Herr
Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!
Ich glaube, dass wir alle, die wir hier sitzen, zuhören oder auch
gesprochen haben, unter dem Eindruck sind, dass hier sehr ernsthaft und sehr
überlegt Wortmeldungen zu einem Thema gefallen sind, das natürlich weit über
den konkreten Anlass, über den heute abgestimmt wird, hinausgeht. Ich möchte
dafür auch allen meinen Vorrednern danken und mich weitgehend den Überlegungen
anschließen.
Was die beiden Anträge der GRÜNEN betrifft, so werden wir dem ersten zustimmen.
Wir teilen die Empörung über diesen Vandalismusakt. Ich bin allerdings nicht
der Meinung, dass Formulierungen wie "Verstrickung weiter Teile" und
so weiter - ich möchte sagen, Gott sei Dank - heute in der Form zutreffen, in
der sie hier zum Ausdruck gebracht werden. Es hat nämlich auch das erste
Statement der Frau Kollegin so ein bisschen was Verzweifeltes gehabt, so ein
bisschen zum Ausdruck bringend, viel hat sich trotzdem nicht geändert. Und ich
teile das nicht. Ich glaube, wenn man sorgfältig beobachtet, was in den letzten
Jahren und Jahrzehnten an Diskussion, an Debatten, an ehrlichem Dialog, auch an
Aktionen und Initiativen im Bildungsbereich und so weiter geschehen ist - und
ich werde das dann auch gleich auf Grund einer soeben veröffentlichten Umfrage
belegen -, dann kann man "Gott sei Dank" auch mit ein bissel mehr
Zuversicht sagen "hat sich hier etwas geändert". Wir wünschten uns
alle, dass es gut wäre, aber es ist gut, dass es besser ist.
Ich glaube, das sollte uns sozusagen wieder anspornen, weiterzumachen. Deshalb
habe ich immer ein bissel Sorge bei diesen doch sehr verzweifelt klingenden
Formulierungen und würde bitten, dass man darüber in der Begründung doch noch
einmal nachdenkt und auch in Zukunft, wenn man sich zu diesem Thema äußert,
darüber nachdenkt.
Ich sehe in der Einstimmigkeit, mit der das heute beschlossen wird,
natürlich auch die Reflexion eines parteiüberschreitenden Grundbewusstseins zu
diesem Thema, meine Damen und Herren, das uns ebenfalls anspornen soll, bei
diesem Thema immer wieder die vernünftige Diskussion und nicht
Auseinandersetzung und Entzweiung zu suchen.
Auch dem zweiten Antrag, so wie Kollege LUDWIG, werden wir mit derselben Einschränkung
einer Zuweisung zustimmen, weil ich glaube, dass das Thema noch einer
weitergehenden Erörterung bedarf.
Daher, meine Damen und Herren, geht es vordergründig natürlich um etwas
Materielles. Es geht um Geld. Es geht um Millionen. Aber das ist wirklich nur
sehr vordergründig. Ich glaube, es sollte uns bewusst sein, dass Restitution,
wie sie ja auch heute verwendet wird, natürlich ein viel - und zwar immer und
zu
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular