«  1  »

 

Gemeinderat, 4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 121

 

Unterausschüsse und Kommissionen des Gemeinderats der Stadt Wien - zusammenzuziehen, die Abstimmung jedoch getrennt durchzuführen.

 

Wird dagegen ein Einwand erhoben? - Das ist nicht der Fall.

 

Ich bitte daher den Berichterstatter, Herrn GR Dr Stürzenbecher, die Verhandlung einzuleiten.

 

Berichterstatter GR Dr Kurt Stürzenbecher: Ich ersuche um Zustimmung zu diesen beiden wichtigen Geschäftsstücken.

 

Vorsitzende GR Mag Heidemarie Unterreiner: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!

 

Ich glaube, über wenige Geschäftsstücke wurde bisher derart lang und intensiv diskutiert - ich hatte die große Ehre, diese Diskussion mit den Kollegen Schuster und Prochaska und, im Wechsel der Besetzung, dem jeweiligen Vertreter der FPÖ zu führen -, wie über die öffentlich vielleicht nicht sehr interessante, aber, wie ich meine, was das parlamentarische Spiel betrifft, relevante Frage der Änderungen der Geschäftsordnungen. Es war ein langes Hin und Her, und ich möchte hier auch noch einmal kurz auf die Verfassungsänderungen, die wir bereits besprochen und beschlossen haben, eingehen.

 

Vorweg ein Positives und dann kurz auch ein Kritisches und Ablehnendes: Das Positive betrifft die Änderungen, die uns als Gemeinderat und auch in unserer Zusammensetzung als Landtag, in der wir die entsprechenden Beschlüsse morgen fassen werden, betreffen. Es ist zwar nicht so, dass hier alles zu 100 Prozent unseren Vorstellungen entspricht - ich werde das dann jeweils im Einzelfall aufführen -, aber wie das Wesen von Kompromissen nun einmal ist, bedeutet Kompromiss, dass es ein Kompromiss für alle Seiten ist. Die Frage ist dann immer: Geht es sich aus?

 

In Bezug auf den Landtag und Gemeinderat möchte ich das bejahen, nicht aber in Bezug auf die Änderungen auf Bezirksebene. Deshalb fange ich jetzt mit der Bezirksebene an. Ich möchte dabei durchaus auf die Wortmeldung des jetzt nicht im Saal befindlichen Kollegen Fuchs Bezug nehmen, der sich in Bezug auf die Postnummer 1 maßlos über die Sozialdemokratie alteriert hat (Zwischenruf des GR Walter Strobl.) und gesagt hat, da wurde drübergefahren und ich weiß nicht was. Interessant waren die Bezirksverhandlungen insofern, als es von Anfang an einen Entwurf gab, der von der damaligen Regierung, von SPÖ und ÖVP, ausverhandelt wurde und der in einem Zeremoniell - wenn es schöner gewesen wäre, hätte ich gesagt, in einem französischen Zeremoniell des 18. Jahrhunderts - abgehandelt wurde, bei dem man von Anfang an genau wusste, was herauskommt. - (In Richtung des seinen Platz einnehmenden GR Johann Hatzl:) Herr Präsident, ich begrüße Sie ausdrücklich, weil Sie bei diesen Debatten immer ein interessanter Gesprächs- und Verhandlungspartner waren! - Ich habe viel gelernt vom damaligen Klubobmann und jetzigen Präsidenten Hatzl: wie lange und kultiviert und hartnäckig man nein sagen kann und wie man durch die immer neue Wiederholung jeweils ähnlicher Argumente versucht, sein Gegenüber zu zermürben. Ich habe bei Ihnen gelernt, dass man - ohne dabei auf persönliche Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen, wie sie sich etwa in dem Satz "Jetzt muss ich es zum 98. Mal sagen!" zusammenfassen ließen - Dinge eben ganz einfach 98 mal sagen muss und dabei - auch wenn das Gegenüber seine eigenen Argumente in ebensolcher Weise immer wieder wiederholt - nur nicht die eigene Position aufgeben darf, denn ansonsten - flutsch! - ist die jeweilige Mittelposition schon in Richtung SPÖ gewandert.

 

Ich war bei den Bezirken. - Es war ein Riesen-Procedere, bei dem man nur eines lernen konnte. Bei den Bezirksverhandlungen hat ja die ÖVP zwei Verhandler, Kollegen Homole und Kollegen KARL, entsandt. Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Herren? - Ich möchte mich jetzt nicht im Detail über deren Persönlichkeiten ausbreiten, sondern der Unterschied ist im Wesentlichen folgender: Der eine kommt aus einem Mehrheitsbezirk der ÖVP und der andere kommt aus einem Bezirk, wo die ÖVP in der Minderheit ist. Und als sie dann in den Verhandlungen zu diskutieren und miteinander zu streiten angefangen haben, wurde sichtbar, was in diesem alten Ausspruch von Marx ausgedrückt ist: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. - Dies gilt auch bei den Kollegen der ÖVP.

 

Tatsache ist, dass es am Ende dieser langen Entwicklung dann kaum eine Änderung gab - um nicht zu sagen: gar keine. Also regt euch nicht auf, Kollege Fuchs und Kollege Prochaska, dass drübergefahren wird! Dort, wo es euch passt, seid ja ihr entsprechend drübergefahren, und es ist zu überhaupt keinen relevanten Änderungen auf der Ebene der Bezirksvertretung gekommen.

 

Ich nenne hier einmal die wirklich großen Dinge, über die man diskutieren hätte müssen - wiewohl ich hinzufügen muss, dass ich nie die Ehre hatte, in Wien einer Bezirksvertretung anzugehören, ich habe aber manchmal zugehört -:

 

Da ginge es beispielsweise darum, dass - dies sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein! - der Bezirksvorsteher durch die Mehrheit des Bezirksrats gewählt wird, so wie hier im Gemeinderat richtigerweise der Bürgermeister nicht automatisch von der stimmenstärksten Partei gestellt wird, sondern mit der Mehrheit des Hauses gewählt wird. Das wäre eine wichtige Sache und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Die Groteske, die sich in Liesing abgespielt hat und die Kollege Klucsarits gestern in einem sehr emotionalen Ausbruch hier zur Auflockerung der Debatte geschildert hat, zeigt, wohin es führt, wenn das nicht entsprechend demokratisch geregelt ist.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular