Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
- Seite 17 von 121
deutet mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Damit wird es auch jungen
Vätern, auch durch die wirtschaftliche Situation, leichter fallen, hier für die
Kinderbetreuung Karenz zu nehmen. Ich frage Sie wieder: Was ist daran schlecht?
Was ist daran negativ? - Ich bin sehr neugierig auf Ihre Argumente.
Das bedeutet nämlich auch wirklich mehr Partnerschaft, wenn junge Väter in
Karenz gehen. Paul Zulehner hat es auf den Punkt gebracht, wenn er gemeint hat,
die heutige Gesellschaft leidet nicht an einer Übermütterung, sondern sie
leidet an einer Unterväterung. Da ist auch das Kinderbetreuungsgeld ein Schritt
in die richtige Richtung.
Dass die ersten 18 Monate pensionsbegründend sind, möchte ich nur
nebenbei erwähnen. Aber auch das sehe ich als positiv und ich bin auf Ihre
Argumente neugierig, was hier schlecht sein soll.
Also, mit einem Wort lauter Gewinner. Gewinner sind auch die Gemeinden und
natürlich auch die Gemeinde Wien. Die Gemeinde Wien wird sich durch das
Kinderbetreuungsgeld in zweistelliger Millionenhöhe Geld ersparen. Natürlich
erwarten wir und fordern wir auch, dass dieses Geld wieder den Familien zugute
kommt. Aber da wird meine Kollegin Lakatha noch näher darauf eingehen.
In den Salzburger Nachrichten am 7. März war zu lesen und ich zitiere:
"Endlich gibt eine Regierung jungen Eltern die Chance, sich relativ frei
zu entscheiden, was sie in den ersten Lebensjahren ihres Kindes für das Beste
halten. Die wesentlichste Neuerung ist aber, dass Berufstätigkeit während der
Karenzzeit nicht mehr bestraft wird. Schon deshalb ist die pausenlos
aufgestellte Behauptung, die Regierung wolle die Frauen mit den
6 000 S an den Herd zurücktreiben, blanker Unsinn." (Beifall bei der ÖVP.) "Die neue
Regierung gibt den Frauen eindeutig mehr Freiheit." - Dem ist überhaupt
nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Vorsitzende GR Josefa Tomsik:
Ich möchte daran erinnern, dass sich bei den weiteren Wortmeldungen die Damen
und Herren des Gemeinderats nur einmal zum Wort melden dürfen, ihre Redezeit
mit fünf Minuten begrenzt ist und dann das rote Licht dort aufleuchtet.
Ich darf als erste Rednerin Frau GR Sommer-Smolik bitten.
GR Claudia Sommer-Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir haben gestern Abend schon das Verständnis von Familie von Frau GR
Lakatha gehört und jetzt von Frau GR Korosec wieder. Ich denke mir, das ist
genau der Unterschied in unseren politischen Ansichten, welches Familienbild
wir wollen und ich finde, es ist auch gut, es zu wissen. Es wurde auch jetzt
gesagt, die ÖVP sieht das Ideal in der Familie mit zwei Elternteilen, Kindern
und (GR Gerhard Pfeiffer: Richtig!
Richtig!) das will der Großteil der ÖsterreicherInnen so.
Ich glaube, dass dem nicht mehr so ist, weil das ein bisschen ein
Realitätsverlust ist. Wenn wir uns die Statistiken anschauen, so sieht man,
dass es immer mehr AlleinerzieherInnen gibt, immer mehr Patchwork-Familien,
immer mehr Stieffamilien, immer mehr unterschiedliche Familienformen,
Beziehungsformen, die mit Kindern leben, und da ist es nicht mehr das ideale,
hehre Bild mit Mama, Papa, Kind, so wie es hier sehr schön abgebildet ist.
Glückliche Familie, heile Welt, das ist es nicht mehr. So lebt vielleicht die
Klientel, die Sie vertreten, aber die Menschen, die in Wien leben und die mit
der finanziellen Situation hier leben müssen, sind nicht in der glücklichen
Situation, ein so heiles, nettes, glückliches Familienleben zu haben, wie Sie
es auch immer präsentieren. (GR Gerhard
Pfeiffer: Das Ideal wird es schon bleiben!)
Die Ideologie, die Sie hier vertreten, ist genau das, was wir kritisieren:
Frauen sollen Kinder betreuen, Frauen sollen halt ein bisschen dazuverdienen
dürfen, aber nur nicht um keines Willen selbständig und eigenständig und
ökonomisch abgesichert sein, weil das genau machen Sie mit diesem
Kinderbetreuungsgeld. Frauen werden abgespeist mit einem kleinen Zuverdienst
und das ist jetzt die große Errungenschaft in der Familienpolitik. Das ist
nicht die Familienpolitik und vor allem nicht die Frauenpolitik, die wir
meinen! (Aufregung bei der FPÖ. - Beifall
bei den GRÜNEN.)
Jetzt zu dem viel beschworenen Kinderbetreuungsgeld, wie toll das ist.
Angeblich steht das allen Eltern, Kindern und Müttern gleich zu. Dem ist nicht
so, weil Kinder von nicht EU-Bürgerinnen bekommen das Geld nur dann, wenn die
Mutter schon fünf Jahre lang legal hier lebt oder drei Monate legal hier
arbeitet. Wissen Sie, was das für Nicht-EU-Bürgerinnen bei Beschränkungen in
der Familienzusammenführung, bei Wartefristen in der Familienzusammenführung
und bei diesen langen Fristen, die von Ihrer Regierung bei der
Arbeitsbewilligung gemacht worden sind, heißt? - Das ist genau nicht das, was
diese Frauen brauchen und das wird auch nicht damit zu erklären sein, dass das
Geld eh für alle ist, weil es ist genau nur für österreichische Frauen, Kinder,
Mütter. Das ist die christliche Ideologie der ÖVP! Dass die FPÖ so etwas
vertritt, ist mir klar, aber dass die ÖVP sich jetzt von der Nächstenliebe, von
der christlichen Werteideologie verabschiedet, das finde ich wirklich
bedenklich. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Zum tollen Angebot Wiedereinstieg für Frauen, Teilzeitarbeit. Ja, super! In
der Regierungserklärung ist zu lesen, Frauen sind im Zusammenhang mit Karenz
mit beruflichen Benachteiligungen besonders beim Wiedereinstieg konfrontiert.
Gratulation! Das ist eine Erkenntnis - na ja! Wir wissen das schon seit
längerer Zeit, die ÖVP und die FPÖ sind jetzt offensichtlich draufgekommen.
Aber es geht weiter. Hier steht ganz klar, was damit bezweckt wird.
"Teilzeitarbeit und Urlaubsvertretung werden ermöglichen, dass
Kinderbetreuung mit der beruflichen Entwicklung vereinbart werden kann." -
Das ist genau das, was wir kritisieren. Wir wollen die Frauen nicht in den
Teilzeitberufen,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular