Gemeinderat,
3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Ich möchte mich in
meinen Ausführungen vor allem an die Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratischen
Fraktion richten, nicht nur, weil sie federführend für die Frauenpolitik in
dieser Stadt verantwortlich sind, sondern weil sich Blau und Schwarz gerade
auch in dieser Frage sowieso von vornherein als nicht kompetente
Diskussionspartner darstellen beziehungsweise sich Blau sowieso durch die Abschaffung
des Frauenministeriums auf Bundesebene und durch Einrichtung einer
Männerabteilung - die die blauen Kollegen offensichtlich für nötig befinden
oder selbst brauchen - disqualifiziert hat. Was die schwarzen Kollegen
betrifft, so muss ich leider wirklich "Kollegen" sagen, denn ich sehe
nur eine einzige Frau Kollegin. Da kann ich nur lachen, wenn ich "Stark,
schwarz, weiblich" höre und dann auf Ihre Liste schaue und feststelle,
dass Sie von insgesamt 16 Abgeordneten gerade einmal 2 Frauen haben. (GR Heinz Christian Strache: Wir haben mehr
Frauen als 2! Da haben Sie nicht nachgezählt! Aber vielleicht schaffen Sie es
nicht weiter als bis 2!) Das, meine Damen und Herren, ist
Männerförderungspolitik der blau-schwarzen Allianz nicht nur auf Bundesebene,
sondern auch hier im Gemeinderat!
Aber ich will
mich gar nicht weiter damit auseinander setzen - das ist es mir gar nicht wert
-, sondern ich will zum Budget kommen, und zwar zum Budget für Frauenförderung
und Frauenpolitik, für die MA 57, die Stelle für "Frauenförderung und
Koordinierung von Frauenangelegenheiten", wie es heißt.
Man sagt, das
Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Frau Kollegin LUDWIG hat gestern in
ihrer Rede, die ich sehr gut gefunden habe, sehr gerühmt, was in dieser Stadt
alles investiert wird, gerade im Zusammenhang mit dem Thema Frauen. - Na ja,
wenn ich mir das Budget anschaue - 74 Millionen S im Jahr -, dann
finde ich das nicht gerade berauschend, schon gar nicht für eine Stadt, die die
so genannte frauenfreundlichste Stadt Europas werden will.
74 Millionen S,
ich habe das ein bisschen in Relation gesetzt zu anderen Zahlen, die ich - ich
bin ja noch neu im Gemeinderat und neu im Ausschuss - so gehört habe oder mit
denen ich konfrontiert wurde: Da waren zum Beispiel mir nichts, dir nichts
1,8 Millionen S für ein Symposium für Brandschutzmaßnahmen in
Warschau. Ich frage jetzt gar nicht, ob das Gender Mainstreaming angewandt
wurde, wie viele Frauen bei dieser Feuerwehr, die dort mit diesen Fördermitteln
bedacht wurde, dabei sind.
Oder, wie wir
schon das eine oder andere Mal heute und auch gestern gehört haben: Mir nichts,
dir nichts 280 Millionen S für versteckte Garagenförderung.
Damit in
Relation gesetzt, sehen mir diese 74 Millionen S an
Frauenfördergeldern schon ein bisschen mager aus. Jetzt weiß ich schon, dass da
in den letzten Jahren viel passiert ist. Ich kann mich noch daran erinnern,
dass die grüne Kollegin Sander 1991 den Antrag gestellt hat, das
frauenrelevante Budget von 4 Millionen S auf 40 Millionen S
zu erhöhen, und das hat zu höhnendem Gelächter in diesem Saal geführt. Dagegen
natürlich sind 74 Millionen S schon ein großer Fortschritt. Wenn man
sich aber anschaut, was mit diesen 74 Millionen S tatsächlich
gefördert werden kann, so ist das eben leider nur das Notwendigste, die
Grundausstattung - Hilfsprojekte, Beratungsstellen, nichts wirklich
Innovatives. Kein Luxus ist da möglich, nichts Experimentelles ist möglich,
sondern gerade etwas, was ich als die Basisausstattung für Frauen bezeichnen
würde. Da sind keine großen Sprünge für experimentelle oder innovative Frauenprojekte,
wie sie in anderen europäischen Städten zu finden sind, möglich. Nicht in Wien
und, leider, nicht mit 74 Millionen S. Selbst die Beratungsstellen,
die - Göttin sei Dank! - endlich gefördert werden, müssen jedes Jahr um ihre
Förderungen zittern. Es gibt nach wie vor - und das ist eine alte, langjährige
grüne Forderung, das wissen Sie ja - keine mehrjährigen Finanzierungszusagen
für die Beratungsstellen, für die Frauenprojekte, sondern sie müssen sich wie
die Bittsteller und Bittstellerinnen jedes Jahr wieder darum bemühen - wie das
im Feudalsystem Wien leider vielen Bürgern und Bürgerinnen ergeht, dass sie
sich vorkommen wie unter Kaisers Zeiten, wo sie um Audienz ansuchen müssen und
vor den Obersten knien müssen, um irgendwelche Förderungen zu bekommen. Das
alles ist bei vielen Frauenprojekten jedes Jahr aufs Neue der Fall. Ein
sinnvolles, langfristiges Planen - es geht um die langfristige Planung, Frau
Kollegin Wehsely, das wissen Sie ja ganz genau, wir sind ja da gar nicht
verschiedener Meinung (GR Mag Sonja
Wehsely: In vielem sind wir schon sehr verschiedener Meinung!) - ist da
nicht möglich.
Ich freue mich aber
sehr - ich komme damit schon zu etwas Positivem -, dass ich jetzt in Ihrem Programm
"100 Punkte für ein modernes, demokratisches, soziales und
weltoffenes Wien" - so heißt es, glaube ich; man kann es im Internet
herunterladen - schon sehr viel an Dingen finde, die Sie da machen wollen. Und
da stehen auch - zwar nur im Gewaltschutzbereich, aber wenigstens da - diese
mehrjährigen Finanzierungszusagen drinnen. Ich frage mich aber doch, warum Sie
das nicht bisher schon gemacht haben, und ich frage mich überhaupt, wenn ich
mir dieses Programm durchlese - das ich für ein sehr gutes Programm halte -: Wo
waren Sie bisher? Wo war die Sozialdemokratie bisher? War sie nicht an der
Regierung? Hätte sie nicht die Möglichkeit gehabt, das längst alles umzusetzen?
- Von der Frauenförderung hören wir da, im Beruf und auch vor dem Berufseintritt,
von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, vom Ausbau von
Gewaltschutzeinrichtungen - viele, viele ganz wichtigen Dinge, auch die
mehrjährigen Finanzierungszusagen. Aber ich frage noch einmal: Wo waren Sie,
als wir GRÜNE das immer gefordert haben? - Da hat es entweder immer geheißen,
es ist rechtlich nicht möglich oder wir können es uns nicht leisten - Maastricht
und so weiter, eh schon wissen -, oder - und das
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