Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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von Gesundheit ist
für die einen vielleicht ganz toll, weil sie sich in schicken Wellness-Hotels
oder Privatkliniken jetzt auch einen hohen Standard leisten können, aber es
besteht auch die Gefahr, dass genau die anderen, und das sind viele andere, auf
der Wartebank des Minimalstandards überbleiben und für sie halt nur das
Nötigste und das mit Wartezeiten - siehe England - bereit steht. Das sind
Entwicklungen, die wir in Wien nicht haben wollen. Es soll so sein, dass alle
Menschen in dieser Stadt gleichen Zugang und gleiche Qualität geboten bekommen.
(Beifall bei den GRÜNEN und des GR Kurt
Wagner.)
Wir sind für
Sparen, in der Tat. Auch im Gesundheitssystem kann gespart werden, aber nur dort,
wo Strukturmaßnahmen sich als überholt, wo sich Strukturen als überholt
herausstellen und wo man Dinge, die ihre Zeit gehabt haben und ihre
Notwendigkeit in der Vergangenheit, schlicht und einfach verändern oder auch
zusperren sollte.
Ich beziehe
mich da auf etwas, was die GRÜNEN seit vielen Jahren einfordern, was aber nun
der Rechnungshof ebenso kritisiert hat, nämlich die Situation der KFA, der
Krankenfürsorgeanstalt, wo jetzt doch einige Fragen in dem vorliegenden Bericht
aufgeworfen sind. Die Hera, das Sanatorium Hera, hat im Moment einen
Nettoabgang von 11 Prozent bei einer Auslastung von 60 Prozent. Und
davon sind nur 80 Prozent eigene Versicherte. 100 Prozent
Personaleinsatz für 60 Prozent Bedienstete, halten wir nicht für eine sehr
hervorragende Auslastung, und daran muss strukturell etwas geändert werden.
Noch dazu, als die Beiträge für die Versicherten im Jahr 1999 um
0,7 Prozent erhöht wurden und es sich jetzt schon abzeichnet, dass die
steigenden Verluste diese Beitragserhöhung sehr bald aufkonsumiert haben wird
und sich dadurch nur eine kurzfristige Deckung ergibt.
Wir meinen, es
ist an der Zeit, diesen Rechnungshofbericht ernst zu nehmen und Konsequenzen zu
ziehen. Sei das jetzt das sicher sehr schöne Haus auf der Rax, das
Erholungsheim Raxblick ... (GR Rudolf
Hundstorfer: Das gibt es nicht mehr!) Das gibt es nicht mehr, sagen Sie,
die Kritik des Rechnungshofs gibt es aber nach wie vor. (GR Rudolf Hundstorfer: Es ist bereits verkauft!) Sie haben es
schon verkauft? Wann haben Sie es verkauft? (GR
Rudolf Hundstorfer: Vorige Woche!) Nun, schauen Sie her, im
Gesundheitsausschuss haben wir noch nichts gehört, dass es vorige Woche ... (GR Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Am
Freitag im Vorstand!) Am Freitag im Vorstand, ich werde erstmalig dort auch
sein. Nun, schauen wir doch an, das freut mich, das zu hören und ich hoffe, Sie
haben einen guten Preis erzielt für die KFA, damit man auch etwas davon hat und
vor allem auch die Bediensteten und die Versicherten.
Ja, vielleicht
sagen Sie mir auch, dass der Habsburghof in Gastein schon verkauft wurde. (Heiterkeit bei den GRÜNEN. - GR Rudolf
Hundstorfer: Nein!) Noch nicht. Wäre vielleicht auch eine gute Idee. Der
hat nämlich 75 Prozent Auslastung und jede Menge Schließwochen. (GR Rudolf Hundstorfer: Hatte!) Hatte,
sagen Sie. Jetzt ist er ein rasender Renner, alle fahren dorthin. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Gut. Ich
werde alles ... (GR Rudolf Hundstorfer:
Kommen Sie zur Vorstandssitzung!) Ja, Herr Gemeinderat, ich werde sicher in
der Vorstandssitzung der KFA mir darüber berichten lassen und bis dahin freue
ich mich, wenn Sie in vorauseilender Zustimmung zu grünen Vorschlägen tun, was
wir Ihnen gerne empfehlen. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
So, jetzt
möchte ich vom Sparen am falschen Platz sprechen, und Frau StR Pittermann hat
mir schon sehr überzeugend gesagt, dass sie wenig Mittel zur freien Verfügung
hat, um Dinge zu sanieren. Ich will trotzdem auf etwas hinweisen, was, und sei
es der Finanzstadtrat Rieder oder wer immer, man sich anschauen muss. Schauen
Sie sich die Situation in den großen Pflegeheimen der Gemeinde Wien an. Und ich
möchte jetzt die Gemeinderäte, die nicht vor Müdigkeit schon das Weite gesucht
haben, an ihre eigene Zukunft erinnern. Der Herr Kollege ist noch sehr jung,
ihn wird es vielleicht in 40 Jahren treffen, andere, jetzt bin ich
unhöflich, vielleicht in 10 Jahren, mich trifft es vielleicht in
30 Jahren, vielleicht aber trifft es uns auch morgen, dass wir
pflegebedürftig sind. Und sagen Sie mir jetzt nicht, wir sind ja alle solche,
die wir nie im Geriatriezentrum Am Wienerwald oder in anderen Großpflegeheimen
der Gemeinde Wien unseren Lebensabend beschließen. Wir wissen es nicht, und
wenn es so ist, dass es bei uns nicht der Fall sein wird, weil wir bessere
Möglichkeiten haben, dann sollte es hoch an der Zeit sein, dass wir darüber
nachdenken, was wir den Menschen in den Großpflegeheimen zumuten. Und ich will
hier nicht unter den Tisch fallen lassen, dass es tolle Ansätze gibt.
Die Demenzstation
- es gibt mittlerweile eine zweite im Geriatriezentrum Am Wienerwald - ist so
ein Ansatz, wo sensibel eingegangen wird auf die Bedürfnisse der hochbetagten,
der verwirrten, der pflegebedürftigen Menschen. Der Umbau der Stationen, der
jetzt in Angriff genommen wurde, ist - obwohl er nicht unserem Wunsch nach
Einzelzimmern entspricht - aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung,
wo versucht wird, ernst zu nehmen, was alte Menschen brauchen. Das allerdings
ist ein sehr kleiner Ausschnitt aus der Wirklichkeit der Menschen in den
Großpflegeheimen und wenn wir mit demselben enthusiastischen Eifer
voranschreiten, mit dem wir das Projekt begonnen haben und zusätzlich die
Alterspyramide im Auge haben, dann werden wir uns hier in der Männer- und in
der Frauenabteilung wieder finden in 8-Bett-Zimmern, meine sehr geschätzten
Damen und Herren.
Da sitzen dann die
männlichen Gemeinderäte der ÖVP in dem einen 8-Bett-Zimmer und die der FPÖ in
dem anderen und die haben ein Nachtkästchen, einen verschrammten Schrank und
vielleicht Windeln. Ich sage Ihnen das, weil ich finde, es ist an der Zeit,
dass wir uns dem zuwenden, wo wir solange wegschauen.
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