Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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hat sich nämlich als Hort der wahren Kunst gegeben, unverstanden von den
Kleingeistern, den so genannten Kulturproleten, die sich gegen die Kunst
empören. Kein Wunder - kann man dann sagen -, wenn zahlendes Publikum
fernblieb.
Ein letzter Punkt, in dem wir uns wahrscheinlich auch weiterhin
unterscheiden und den ich noch anführen möchte, ist die Einstellung der
Sozialdemokraten und vor allem auch der GRÜNEN zu den kulturellen Werten und
zur kulturellen Identität. Unter kultureller Vielfalt verstehen hier die
Sozialdemokraten und auch die GRÜNEN - ich zitiere aus den
"100 Projekten für die Zukunft Wiens" vom Mai 2001 -:
"Die Förderung der Kunst von zugewanderten Menschen in Wien, die einen
wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt der Stadt bilden." Und heute
haben Sie, Frau Ringler, das ja wieder als Schwerpunkt hervorgehoben.
Wir Freiheitliche fordern die Integration in unseren Kulturkreis anstatt
der multikulturellen Parallelität. Wir halten es für wichtig, dass sich
diejenigen, die einwandern wollen, dem Wertekanon des Gastlandes anpassen. Wir
glauben auch, dass wir Werte haben, die für die Einwanderer ein hohes Gut sein
müssten. Das ist ja sicher auch ein Grund, warum sie kommen. Das heißt, nicht
nur die Stadt bietet Integration an, sondern der Einwanderer sollte auch bereit
sein, sich integrieren zu lassen. Die Ideologie der Multikulti-Anhänger
verwechselt aber kulturelle Vielfalt - und mir fällt das immer wieder in den
Reden auf - mit dem unverbundenen Nebeneinander von Kulturkreisen. Wir
Freiheitliche wollen aber einen verbindlichen Sprach- und Wertekonsens.
Ich möchte noch einmal zum Schwerpunkt der Rede zurückkommen, der darin
besteht, dass nur eine lebhafte Auseinandersetzung in der Kultur diese Dynamik
hervorbringt, die in unseren Augen einen kulturellen Fortschritt darstellt. Ich
freue mich auf diese offen ausgetragene faire Diskussion, bedanke mich auch bei
den Beamten - sie sind großartige Fachleute - für die gute Zusammenarbeit und
freue mich auch auf eine Zusammenarbeit mit Ihnen, Herr Stadtrat. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Josefa Tomsik:
Als nächste Rednerin ist Frau GR Nurten Yilmaz zum Wort gemeldet. Ich erteile
es ihr.
GR Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte
Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Vorab möchte ich nur eine Kleinigkeit klarstellen. Herr GR Salcher! Die
Blumen, die Sie am Rathaus gesehen haben, das sind Pelargonien! Mir können Sie
es wirklich glauben! Den Unterschied zwischen Nelken und Pelargonien kenne ich
sehr gut, weil so viele Nelken, wie ich in meinem Leben schon gekauft habe, werden
Sie in Wien nicht einmal gesehen haben! Das sind wirklich (Heiterkeit bei der SPÖ.) rote Pelargonien! (Beifall bei der SPÖ. - Die Rednerin zeigt auf die amtsf StR Mag Dr
Andreas Mailath-Pokorny geschenkte rote Nelke.) Das ist wohl eine Nelke,
ja!
Verehrte Damen und Herren! "Vieles, was in Venedig die Kunstwelt ins
Staunen versetzt, hat man längst in der Wiener Secession gesehen",
schreibt Erwin Melchardt, Ihnen bekannt als renommierter Kulturkritiker der
"Kronen Zeitung". Anlass dazu war die Eröffnung der Biennale in
Venedig. Gemeint ist damit, dass Wien seiner Zeit voraus war, denn die Kunst,
die in Venedig ausgezeichnet wurde, war bereits vor einem Jahr im Haus an der
Friedrichsstraße zu sehen. Fazit Melchardt: "International bestens
informiert und höchst aktuell." Zitat Ende.
Verehrte Damen und Herren! Beispiele wie dieses zeigen, dass es sich auszahlt,
in Kunst und Kultur zu investieren. Und Wien ist eine Kulturstadt ersten Ranges,
noch dazu eine sehr lebendige, in der Platz für unterschiedliche Kunst- und Kulturschaffende
ist. Denn wenn ich mir den Rechnungsabschluss für das Jahr 2000 anschaue, zeigt
sich, dass sich die Stadt für Freiheit der Kunst und die Vielfalt der Kultur
eingesetzt und damit vieles möglich gemacht hat.
Ich denke da zum Beispiel auch an das im Vorjahr gegründete Referat für
interkulturelle und internationale Aktivitäten. Wie aus dem Kunst- und
Kulturbericht 2000 ersichtlich ist, war es dadurch möglich, über
100 Vereine mit mehr als 150 Projekten zu fördern und das erstmals
auch in Jahresförderungen. Das heißt, ein Verein muss nicht mehr für jedes
Projekt einen Antrag stellen, sondern in einem Jahresantrag seine Aktivitäten
vorstellen und eine Förderung beantragen. Die Mitglieder dieser Vereine kommen
aus unterschiedlichen Ländern und Kontinenten und so unterschiedlich wie ihre
Kulturen, so unterschiedlich waren auch ihre gut besuchten Veranstaltungen.
Diese Vereine wurden aber nicht nur finanziell, sondern auch ideell
unterstützt, durch Politik des Miteinanders und des Dialogs. Kultur ist auch
Kommunikation. Kultur ist Dialog, der gerade in Wien immer groß geschrieben
wurde. Denn die Voraussetzung für eine gute Kulturpolitik ist ein weltoffenes
Klima, das aktuelle internationale Entwicklungen aufgreift und es zu einem Teil
des Stadtlebens werden lässt.
Ein gelungenes Beispiel ist die Kunst- und Kulturszene am Wiener Gürtel.
Nicht nur, dass sich in den neu renovierten Stadtbahnbögen eine lebendige
Kultur abseits des Mainstream entwickelt hat, auch der Spaziergang entlang der
Szene-Meile, der Gürtel-Nightwalk, gehört mittlerweile zum jährlichen kulturellen
Highlight. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Kulturentwicklung am Gürtel ist auch Motor für Stadterneuerung, unter anderem
mit Förderungsmittel der EU. Aber auch für bedeutende Kunstwerke. Valie Exports
gläserner Kubus "Der transparente Raum" ist mit Unterstützung der
Frauenstadträtin entstanden. (Beifall bei
der SPÖ.)
Kunst und Kultur können aber auch unbequem sein. Unbequem ist Kunst für
diejenigen, die Kultur eindimensional definieren. Kultur ist aber
vielschichtig. Kultur ist Toleranz und Bewusstseinsbildung. Kultur ist
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